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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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anderen hatte. Als sie dann nicht
mehr zum Training kam, hab ich, ehrlich gesagt, nicht damit gerechnet, dass sie
noch mal wiederkommt. Aber an so was wie Mord hab ich natürlich nicht gedacht.“
    „Gibt es Mädchen, die mit ihr näher
bekannt waren?“
    „Da müssen Sie die Mädchen selber
fragen.“
    Und das taten sie. Aber wie schon
in der Schule erhielten sie nur vage Aussagen. Es schien wirklich, als hatte
Sina niemanden so richtig an sich heran gelassen.
    „Habt ihr denn eine Veränderung bei
ihr festgestellt?“
    „Sie meinen, dass sie plötzlich auf
schlimmes Mädchen gemacht hat?“
    Funke sah zu dem Mädchen, das die
Bemerkung gemacht hatte. Sie war groß und kräftig gebaut, aber nicht dick,
hatte kurzes, aschblondes Haar und wirkte wie siebzehn. Sie war einigermaßen
attraktiv und trug sogar etwas Make up.
    „Ja.“
    „Ich weiß nicht, wem sie was
vormachen wollte, aber das passte überhaupt nicht zu ihr. Sie sah trotzdem aus
wie ein kleines Mädchen.“
    Es klang unbarmherzig, nicht nur
vor dem Hintergrund, dass das Mädchen mittlerweile tot war. Freundinnen waren
die beiden bestimmt nicht gewesen.
    „Und keine von euch weiß, warum sie
plötzlich so ausgesehen hat?“
    Kopfschütteln allenthalben. Sie
bedankten sich und wandten sich zum Gehen.
    „Aber vielleicht kann Ihnen Herr
Müller weiterhelfen.“
    Funke drehte sich wieder um. Es war
das Mädchen, das Paulik zuvor mit der Aufsicht betraut hatte. Jessica.
    „Herr Müller? Wer ist das?“
    „
Unser Interimstrainer
Lars Müller . Er
trainiert uns, wenn Herr Paulik keine Zeit hat.“
    Warum sollte der mehr wissen, als
ihnen der Haupttrainer erzählen konnte?
    Sie deutete seinen skeptischen
Blick richtig. „Ich weiß, dass er Sina das eine Mal nach dem Training nach
Hause gefahren hat und ich glaube, das war das letzte Mal, dass sie beim Training
war.“       
     
    Es war bereits dunkel, als Almut
Keller die Augen aufschlug. Erst war sie ein wenig orientierungslos, doch es
dauerte keine zehn Sekunden, da fiel ihr wieder ein, was geschehen war. Sina!
Ihre kleine Tochter war tot! Irgendein Perverser hatte sie getötet und dann auf
einem Friedhof abgeladen. Wie kam man auf so etwas? Wie sollte das Leben
weitergehen, wie konnte sie weitermachen, wenn ihr kleines Mädchen nicht mehr
da war? Was sollte sie tun? Sie konnte doch wohl kaum einfach weiter jeden Tag
zur Arbeit gehen, als ob nichts passiert war.
    „Bist du wach?"
    Almut erschrak. Sie hatte nicht
gemerkt, dass ihre Tochter im Zimmer war. „Ja."
    Jetzt sah sie, wie Judith näher kam
und sich zu ihr aufs Bett setzte. „Wie geht es dir?"
    „Und dir?"
    Judith schluchzte. „Furchtbar. Ich
muss immer daran denken, dass ich zuletzt mit Sina gestritten habe. Und ich
hatte keine Zeit, ihr zu sagen, dass ich sie trotzdem lieb hatte."
    Almut kamen ebenfalls die Tränen.
Wann hatte sie selbst einer ihrer Töchter das letzte Mal gesagt, dass sie sie
lieb hatte? Sie konnte sich nicht erinnern. Wann hatte sie überhaupt mal mit ihnen
geredet in letzter Zeit? Sie war immer viel zu beschäftigt, ein Auftrag hier,
ein Kundenbesuch da, da war für die Familie wenig Platz. Sie setzte sich auf
und legte die Hand auf die ihrer Tochter.
    „Sie hat es gewusst, da bin ich
sicher."
    „Meinst du?"
    „Bestimmt“, sagte sie mit mehr
Überzeugungskraft in der Stimme, als sie tatsächlich fühlte. Aber was wäre sie
für eine Mutter gewesen, wenn sie nicht versucht hätte, Judith ihre
Schuldgefühle zu nehmen? Dass sie selbst die gleichen Gedankengänge hatte,
konnte sie ihr schließlich nicht auf die Nase binden.
    „Aber wir haben so viel gestritten.
Über jeden Scheiß."
    Almut nahm sie in den Arm. Auch
wenn ihr selbst nicht danach zumute war, wusste sie, dass sie jetzt stark sein
musste, weil ihre Tochter sie brauchte. „Sch...Zerbrich dir doch darüber nicht
den Kopf. Ich bin sicher, Sina würde dir dasselbe sagen, wenn sie es
könnte."
    „Ach Mama, es ist alles so
schrecklich."
    „Ich weiß, mein Kind, ich
weiß."
    Es klopfte leise an der Tür.
„Almut, bist du wach?" Zoe steckte den Kopf herein. Judith löste sich von
ihrer Mutter und wischte sich eilig die Tränen aus dem Gesicht.
    „Was gibt es?"
    „Die Polizei ist noch mal hier und
möchte euch sprechen."
    Judith wischte sich mit dem
Handrücken über die Augen.
    Schon wieder? Oder hatten sie etwa
den Mörder schon? „Sag ihnen, wir kommen gleich.“
    „Bist du sicher?“ fragte Zoe mit
deutlichem Zweifel in der Stimme. „Ich kann

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