Die Mädchen (German Edition)
sehr attraktiver Mann. Da gab
es weit schlechtere Möglichkeiten, einen Abend zu verbringen.
Wie sollte es anders sein?
Natürlich waren sie in der Kiste gelandet. In seiner. Die kannte sie schon zur
Genüge, hatten sie doch schon vor ein paar Jahren eine kurze aber heftige
Beziehung geführt. Als sie am Morgen mit schwerem Kopf aufwachte, war ihr
sofort klar, dass sie eine Riesendummheit begangen hatte. Ihr waren gleich zwei
Kardinalfehler unterlaufen. Sagte man nicht immer Don’t fuck in the office ?
Außerdem hatte ihre Mutter, Gott hab sie selig, immer gesagt, dass man kalten
Kaffee nicht aufwärmen sollte. Und hier musste sie ihrer Mutter Recht geben.
Man ging einfach nicht zurück zu jemandem, mit dem es schon einmal nicht
funktioniert hatte. Die Menschen änderten sich nicht so leicht. Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Beziehung aus denselben Gründen wie vorher
scheitern würde, war groß.
Ein Blick auf Karsten sagte ihr,
dass er das ganz anders sah. Er hatte schon den Küchentisch fürs Frühstück gedeckt
und Kaffee aufgesetzt. Das Bild schlug ihr auf den Magen. Er hatte ihre erste
Trennung schon kaum wegstecken können und hatte immer wieder versucht, sie umzustimmen.
Natürlich musste er jetzt denken, dass er nun doch noch erfolgreich gewesen
war. Dass sie einfach nur Sex gebraucht hatte, würde er nicht verstehen. Was
für sie nicht mehr als eine schnelle Nummer ohne Bedeutung war, war für ihn der
Neuanfang.
Sie sollte Recht behalten. Er
steckte es sehr schlecht weg, man konnte auch sagen, überhaupt nicht. Er wollte
partout nicht akzeptieren, dass sie ihn nicht wollte. Oberflächlich betrachtet
mochte sich ein Außenstehender das gleiche fragen. Karsten war zwar keine
Schönheit, aber durchaus attraktiv mit seinem fast kahl geschorenen Kopf. Für
seine fünfzig Jahre war er super in Schuss, er war gebildet, hatte einen tollen
Job und verdiente gut. Alles top, nur war Almut nicht verliebt in ihn. Der
Grund für die Trennung damals war, dass er sie eingeengt hatte. Er wollte
plötzlich, dass sie bei ihm einzog oder er bei ihr. Dabei hatten nicht einmal
ihre Kinder eine Ahnung, dass sie einen Freund hatte. Sie hatte etwas
Zwangloses gewollt, doch damit war er nicht zurecht gekommen. Das gleiche Spiel
wiederholte sich nach jener Nacht. Bei der Arbeit folgte er ihr auf Schritt und
Tritt. Er lauerte ihr ständig irgendwo auf, machte ihr Geschenke und lud sie
ein, was sie natürlich jedes Mal ablehnte. Was zunächst nur ein bisschen
anstrengend war, entwickelte sich zu beängstigend, seitdem Karsten wusste, dass
sie etwas mit Pierre angefangen hatte, dem Geschäftsführer von Meditech. Bis
heute hatte Almut keine Ahnung, wie Karsten dahinter gekommen war, denn sie
waren sehr diskret vorgegangen. Aber vor ein paar Tagen war er wie ein Irrer in
ihr Büro gestürmt und hatte die Tür hinter sich geschlossen.
„Wie lange läuft das schon mit
euch?“
Sie hatte ihn verständnislos
angeguckt.
„Du und der Franzose. Seit wann
fickst du mit ihm?“
Almut war aufgesprungen. „Sag mal
spinnst du? Wie redest du mit mir?“
Er war vor ihr auf und ab gegangen,
immerzu nickend und vor sich hin brabbelnd. „Klar. Kein Wunder, dass du den
Vertrag mit ihm abgeschlossen hast. Wahrscheinlich hast du ihm einen geblasen,
während er unterschrieben hat.“
„Du bist doch nicht ganz dicht.“
Sie zeigte ihm einen Vogel.
Es war kurz nach der
Vertragsunterzeichnung passiert. Pierre hatte sie angerufen und sie zum
Mittagessen eingeladen. Dort hatte er ihr unverblümt mitgeteilt, dass er das
Geschäft nur abgeschlossen hatte, weil er sie attraktiv fand. Sie hatte ihn
kurz gemustert, entschieden, dass sie sich ebenfalls zu ihm hingezogen fühlte
und zum Essen waren sie dann gar nicht mehr gekommen. Dass er knapp zehn Jahre
jünger war als sie, störte sie nicht. So falsch lag Karsten streng genommen
also nicht.
„Und wie ist er? Besorgt er es dir
gut?“
Sie hatte keine Lust, sich auf das
Niveau zu begeben. „Ich denke, es ist für uns beide besser, wenn du mein Büro
verlässt.“
„Du weißt, dass er verheiratet
ist?“
Das wusste sie. Er hatte es ihr
gesagt, bevor sie mit ihm geschlafen hatte. Und es stellte für sie kein Problem
dar. Im Gegenteil, es war für beide eine willkommene Gelegenheit. Sie konnten
sich in der Woche austoben und das Wochenende verbrachte er in Lyon bei seiner
Familie und sie bei ihren Kindern. Es war ja nicht etwa so, dass sie sich in
ihn verliebt hatte. Sie mochte ihn, das ja, und der
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