Die Mädchen (German Edition)
Sex war einfach phänomenal,
aber mehr war es nicht.
„Du weißt es“, sagte er
entgeistert, als sie nicht reagierte. „Wie kannst du nur?“
„Lass mich einfach in Ruhe.“
„Du widerliche Schlampe! Gehst mit
mir ins Bett und hast am selben Tag schon mit dem Baguettefresser gevögelt. Das
wird dir noch leid tun.“
Damit war er verschwunden. Aber er
hatte Wort gehalten. Seitdem machte er ihr das Leben zur Hölle. Er nervte sie
mit Anrufen, boykottierte ihre Arbeit, auch wenn sie nicht beweisen konnte,
dass er dahinter steckte und er schien sie privat zu verfolgen. Er machte ihr
Angst. Sie warf einen Blick auf das Display ihres Telefons, das sechs
entgangene Anrufe anzeigte. Sie drückte die Nummernanzeige. War klar. Alles die
gleiche Nummer. Seine Nummer. Einen Moment unschlüssig wippte sie mit dem Hörer
in der Hand auf und ab. Dann drückte sie auf die Rückruftaste. Sie musste nicht
lange warten. Gerade ein Rufton war raus gegangen.
„Almut.“
War es Freude in seiner Stimme?
Oder Erregung?
„Ich rufe nur an, um dich zu
bitten, mich endlich in Ruhe zu lassen.“
„Aber, Almut. Tststs. Du weißt doch
genau, dass ich das nicht tun kann.“
„Hör zu, du krankes Arschloch. Du
brauchst ab morgen nicht mehr mit mir zu rechnen. Ich kündige. Fristlos!“
Pierre hatte ihr ein Angebot
gemacht, in seinem Unternehmen die Marketingabteilung zu leiten, und ihr zwei
Wochen Bedenkzeit gegeben. Sie hatte ursprünglich nicht vorgehabt, das Angebot
anzunehmen, weil sie niemals eine von den Frauen hatte sein wollen, die
Karriere machten, weil sie mit den richtigen Männern geschlafen hatten. Sie
wusste um ihre beruflichen Qualifikationen und hatte es nicht nötig, sich auf
solche Spielchen einzulassen. Mit Karsten war sie zusammen gekommen, als sie ihren
jetzigen Posten schon zwei Jahre innehatte und er ihr gleichgestellt war,
deshalb hatte sie damals weniger Bedenken. Es war auch nicht ideal, aber
zumindest hatte sie beruflich dadurch nicht profitiert. Das wäre nun anders.
Wer wusste, wie die Kollegen auf sie reagierten. Womöglich rochen die sofort,
dass zwischen ihr und Pierre was lief, womit sie natürlich einen denkbar
schlechten Einstieg hätte. Und was würde geschehen, wenn die Beziehung zu Ende
war? Konnten sie dann überhaupt weiter zusammen arbeiten? In vielen Fällen ging
das nicht. Eben das war ihr selbst ja nun gerade mit Karsten zum Verhängnis
geworden. Warum sollte sie also freiwillig und sehenden Auges vom Regen in die
Traufe kommen?
Jetzt hatte sie die Antwort. Weil
sie es musste. Sie konnte einfach nicht mehr mit Karsten in einem Unternehmen
arbeiten. Er war unberechenbar geworden. Sie wollte ihn niemals wieder sehen.
Er lachte wie ein Irrer. Mein Gott,
er war wirklich verrückt! Warum hatte sie das denn nicht früher bemerkt?
„Das kannst du gar nicht. Du bist
auf den Job angewiesen. Du weißt es und ich weiß es.“
„Träum weiter. Ich habe ein Angebot
bekommen und ich werde es annehmen. Dann bin ich dich ein für alle mal los und
du kannst dir ein anderes Opfer suchen.“
„Jetzt hör mir mal gut zu“, zischte
er und erinnerte sie dabei irgendwie an eine Schlange. „Du wirst nirgendwo
anders arbeiten. Du wirst das Angebot ablehnen.“
Er war größenwahnsinnig. So musste
es sein, anders war es doch nicht erklärbar.
„Das werde ich bestimmt nicht. Und
jetzt lass mich in Ruhe. Ruf mich nicht mehr an. Ab morgen habe ich eh eine andere
Nummer, dann wäre das Problem auch gelöst.“
Stimmte nicht, aber es schadete ja
auch nicht, wenn er das glaubte.
„Möchtest du, dass deiner anderen
Tochter auch noch was passiert?“
Ihre Hand versteifte sich um den
Hörer. Hatte sie richtig verstanden? „Was?“
„Ich möchte wissen, ob du deine
große Tochter noch länger behalten möchtest.“
Es war, als ob sich eine eisige
Hand um ihr Herz krallte. „Karsten, was willst du mir damit sagen?“
„Ganz einfach. Wenn du willst, dass
deiner hübschen, blonden Tochter, die dir übrigens sehr ähnlich sieht, nichts
zustößt, kommst du übernächste Woche ganz normal zur Arbeit. Nächste Woche gebe
ich dir frei. Du hast ja sicher allerhand zu regeln mit der Trauerfeier und
so.“
Sie hatte das Gefühl, als drehte
sich auf einmal alles um sie. „Was…“
Aber es war zwecklos. Er hatte
aufgelegt und alles, was sie hörte, war ein sich ständig wiederholender Ton,
der anzeigte, dass die Leitung besetzt war.
Nachdem auch noch sein Vater
aufgetaucht war, hätte
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