Die Mädchen (German Edition)
konnte sich lebhaft vorstellen, wie genüsslich Almut die Geschichte ausgekostet
hatte, obwohl sie zuvor ihrer Tochter nicht mal geglaubt hatte. Diese
Gelegenheit, ihr ordentlich einen reinzuwürgen, konnte sie doch gar nicht
verstreichen lassen. Endlich saß sie mal am längeren Hebel und hatte sie dort,
wo sie sie immer hatte haben wollen. Scheiße! Wieso hatte sie den Fehler
gemacht, der blöden Kuh geradewegs in die Hände zu spielen? Sie hätte ihnen
gleich davon erzählen müssen. Jetzt sah das natürlich so aus, als ob sie ihnen
etwas verschweigen wollte und sie würden sich fragen, aus welchem Grund sie
nichts gesagt hatte.
„Das stimmt. Ich hab einfach nicht
daran gedacht.“ Das entsprach ja auch fast der Wahrheit. „Es war ja wirklich
ein Schock zu erfahren, dass Sina ermordet worden ist.“
„Kommen Sie, Frau Wrede“, sagte
Herr Frohloff und sie konnte die Skepsis an seinem Tonfall erkennen. „Die
Tochter Ihres Lebensgefährten wird ermordet und Sie denken nicht daran, uns von
ihrer Anzeige gegen Sie zu erzählen?“
„Meine Gedanken waren eher bei
meinem Lebensgefährten. Sie können sich ja wohl vorstellen, wie es in ihm
aussah, als er davon erfahren hat. Außerdem bin ich gar nicht davon ausgegangen,
dass die Anzeige irgendeine Rolle spielen könnte. Ich meine, es war doch ein
Sexualverbrechen. Was hat denn das Verhältnis zu mir damit zu tun?“
„Tja, eben das ist das Problem.
Allem Anschein nach war es kein Sexualverbrechen.“
Hatte sie es doch gewusst. Es war
ihr gleich so komisch vorgekommen, als sie sie gestern befragt hatten. Von
wegen Routine! Sie hatten das schon längst gewusst und sie absichtlich im
Dunklen gelassen, um an die von ihnen gewünschten Informationen zu kommen.
„Also glauben Sie, dass es jemand
aus ihrem engeren Umkreis war.“
„Wir nehmen an, dass sie ihren
Mörder gekannt hat, ja.“
„Und da bin ich Ihre Verdächtige
Nummer eins?“ Sie bemühte sich, die Frage in möglichst lächerlichem Tonfall zu
stellen.
„Wollen Sie uns nicht sagen, was
zwischen Sina und Ihnen vorgefallen ist?“
Scheinbar war Herr Frohloff davon
unbeeindruckt. Sie seufzte. „Es ist gar nichts passiert.“
„Also hat Sina sich das alles
ausgedacht?“
„Das meiste ja. Ich weiß nicht, was
Almut Ihnen bisher erzählt hat. Sicherlich hat sie mich ziemlich schlecht
aussehen lassen.“
Frau Siewers schüttelte den Kopf.
„Frau Keller hat uns gar nichts darüber gesagt.“
Sie war überrascht. „Nicht? Aber
wer denn dann?“ Dann ging ihr ein Licht auf und sie fühlte einen plötzlichen
Druck im Magen. „Marius, alles klar.“
„Da können wir Sie beruhigen. Ihr
Lebensgefährte hat uns auch nichts gesagt.“
Ein Gefühl der Erleichterung
erfüllte sie. So weit war er also noch nicht gegangen. Es war noch nicht zu
spät für sie. „Na ja, das zeigt Ihnen wohl, dass weder der Vater noch die
Mutter an den angeblichen Vorfall geglaubt haben.“
„Wir hätten trotzdem gern Ihre
Version gehört.“
„Es war gar nichts, wirklich. Ich
komm hier ins Schlafzimmer und da seh ich, wie Sina sich an meinem
Schmuckkasten zu schaffen macht. Sie hat sich richtig erschrocken, als ich sie
angesprochen hab. Und da fiel mir ein, dass ich schon häufiger mal etwas
vermisst habe.“ Sie runzelte die Stirn. „Da gab es ein Armband, ein Ring, eine
Kette, die ich einfach nicht wiederfinden konnte. Vielleicht waren da auch noch
mehr Sachen, bei denen ich das nicht gemerkt habe. Also hab ich sie gefragt,
was sie da macht. Daraufhin hat sie gesagt, dass sie nur mal gucken wollte. Da
hab ich ihren Arm gegriffen und ihr gesagt, dass sie die Hand öffnen sollte.
Vielleicht hab ich da zu fest zugepackt, aber ich war ziemlich wütend. Und sie
hat nicht vor Schmerz geschrieen oder so. Jedenfalls hatte sie ein paar
Ohrringe in der Hand, ziemlich teure sogar. Da hab ich sie dann angemacht, dass
sie nichts an meinen Sachen zu suchen hat. Sie könnte mich fragen, ob sie sich
etwas ausleihen könnte, aber sich einfach zu nehmen, was sie wollte, ging gar
nicht. Dann hab ich ihr auch noch an den Kopf geknallt, dass sie mir alles
zurückgeben soll, was sie mir bisher geklaut hat.“
„Sie haben sie beschuldigt, Ihnen
Sachen gestohlen zu haben.“
„Ja. Und zu Recht. Ich meine, wo
sollten die Sachen sonst sein?“
„Und dann?“
„Nichts weiter. Das war alles. Ich
hab ihr die Ohrringe abgenommen und sie rausgeschmissen. Aber glauben Sie
nicht, dass sie mir bisher was wiedergegeben hat.“
„Und Sie
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