Die Mädchen (German Edition)
schließlich erst drei Tage her, dass sie ihn aufgesucht hatten.
Hielt er ihn für minderbemittelt? Na ja, dann ging es ihm wie vielen anderen
auch, die immer annahmen, er könnte nicht bis drei zählen. Er hatte fast einen
Herzinfarkt bekommen, als sein Boss ihn nach vorne an den Tresen gerufen hatte
und er den Kommissar vom Friedhof wiedererkannte, der bei weitem nicht so
freundlich aussah wie an jenem Morgen. Und das lag bestimmt nicht daran, dass
Snoopy nicht dabei war. Er hatte sich zusammengerissen und sich insgesamt ganz
gut aus der Affäre gezogen, wie er fand, zumindest hatte er schnell reagiert,
aber ihm war klar gewesen, dass er den Mann nicht zum letzten Mal gesehen
hatte. Er hätte sich ohrfeigen können, dass ihm der Fehler mit Snoopy
unterlaufen war. Dass die alles auf DNA untersuchten, hätte ihm doch klar sein
müssen, hatte er denn aus den Folgen von CSI nichts gelernt? Wieso hatte er nur
behauptet, der Hund hatte die Hand des Mädchens in der Schnauze? Was hatte ihn
da nur geritten? Es hätte doch vollkommen gereicht, wenn er gesagt hätte, dass
er Snoopy bellend vor der Leiche gefunden hatte. Wie hohl, dass er sich dadurch
verraten hatte. Wenn ihm das nicht passiert wäre, hätten sie sich
wahrscheinlich gar nicht weiter mit ihm und seiner Aussage beschäftigt.
„Helfen Sie mir. Wie soll ich Sie
nennen? Ronny? Herr Andresen? Oder doch lieber Pinky?“
Wollte er das wirklich wissen? Oder
wollte er ihm nur zu verstehen geben, dass er über seine Verwicklung in dem
Mord im Bilde war?
„Ronny“, presste er mühsam hervor.
Mein Gott, fühlte sich sein Hals trocken an. Er räusperte sich. „Könnte ich
vielleicht ein Glas Wasser bekommen?“
„Natürlich“, sagte Herr Behrend
nach einem kurzen Nicken seines Chefs, stand auf und verließ den Raum.
„Nur damit Sie wissen, woran Sie
sind“, sagte Funke, sobald die Tür geschlossen war. „Ihren Freund, Herrn Masio,
haben wir gleich nebenan.“
So etwas in der Richtung hatte er
bereits vermutet. Schließlich hingen sie ja gemeinsam in der Sache drin. Aber
warum betonte er das so? Wollte er ihm damit klarmachen, dass er alles, was er
sagte, gleich mit Bents Aussagen vergleichen konnte? Oder hatte Bent ihn etwa
beschuldigt? Vorstellen konnte er sich das eigentlich nicht. Er musste ja davon
ausgehen, dass die Polizei dann an sein Notebook kommen würde und das konnte er
doch nicht wollen. Aber wenn nicht von Bent, von wem wussten sie dann
überhaupt, dass es eine Verbindung zu ihm gab? Hatte jemand von seinen Nachbarn
sie womöglich doch gesehen in jener Nacht und ihn bei der Polizei verpfiffen?
Aber wenn das der Fall war, woher wusste Funke dann von seinem Spitznamen? Den
konnte er doch nur von jemandem aus Bents Umfeld erfahren haben. Er war verwirrt,
aber er war sicher, dass man ihn schon bald aufklären würde.
„Sie haben
uns
nicht die Wahrheit gesagt
.
Wieder nicht. Aber ich
denke, heute werden wir der Wahrheit einen Schritt näher kommen. Vielleicht
haben wir Ihnen noch nicht die richtigen Fragen gestellt. Deshalb versuche ich
es jetzt noch einmal. Kannten Sie das tote Mädchen?“
Das war leicht und er musste nicht
einmal lügen. „Nein.“
„Sie hatten es nie vorher gesehen?“
Die Frage war schon heikler. „Nicht
vor diesem Tag.“ Elegant gelöst.
Herr Behrend kam mit einem Glas
Wasser in der Hand zurück, stellte es vor ihn hin und nahm wieder Platz. Gierig
griff Pinky danach und trank es zur Hälfte leer.
„Aber Sie kennen ihre Schwester.“
Sollte er jetzt so tun,
als wäre er überrascht und nach dem Namen der Schwester fragen? Er entschied
sich dagegen.
„Judith“, sagte er betont langsam,
das Glas in der Hand haltend. „Ja, die kenne ich.“
„Finden Sie es nicht merkwürdig,
dass ausgerechnet Sie die Leiche finden, wenn Ihr bester Freund für uns einer
der Hauptverdächtigen ist?“
Sicher. Und das hatte er auch
versucht, Bent klar zu machen. Aber der hatte ja nicht auf ihn hören wollen.
„Natürlich fanden Sie es merkwürdig. Deshalb haben
Sie sich ja die Geschichte mit Ihrem Hund ausgedacht.“
„Ich hab mit dem Mord nichts zu
tun.“
Die beiden Männer wechselten einen
Blick, den er nicht deuten konnte.
„Das kann schon sein“, sagte Funke
gedehnt. „Tatsache ist aber, dass Sie die Schwester der Toten kennen.
Vielleicht haben Sie ja die Kleine doch mal gesehen und fanden sie hübsch. Das
ist ja durchaus verständlich. Ich meine, sie war ja wirklich hübsch, oder
nicht?“
„Ich
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