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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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hab Ihnen doch gesagt, dass
ich Judiths Schwester nie gesehen hatte. Wie soll ich dann wissen, ob sie
hübsch war?“
    Er wusste, dass viele Leute ihn für
naiv hielten, für weltfremd, weil er sich die meiste Zeit hinter seinem
Computer versteckte und sich vom wahren Leben selbst ausklammerte. Bents Freunde
glaubten auch immer, er bekäme nichts mit und würde nicht bemerken, dass sie
ihn nur duldeten, weil er als Chauffeur fungierte und ihnen Getränke
spendierte, dass sie sich hinter seinem Rücken über ihn lustig machten.
Wahrscheinlich trug auch sein Äußeres dazu bei, dass man ihn nicht so wirklich
ernst nahm. Meistens ließ er die Leute in dem Glauben, ein wenig langsam in der
Auffassungsgabe zu sein, dann sahen die sich weniger vor. Funke schien
jedenfalls denselben Fehler zu machen, ihn zu unterschätzen. Dabei wusste er
genau, worauf er hinauswollte. Und in so eine plumpe Falle wie eben würde er
mit Sicherheit nicht tappen.
    „Und so wie Sie aussehen, haben Sie
sicher nicht viele Chancen bei Mädchen, die so hübsch sind. Wahrscheinlich hat
Sina Sie nur ausgelacht.“
    Das war total unter der
Gürtellinie, aber er wusste, dass Funke nur darauf wartete, dass er ausrastete.
Er blieb ruhig, als er antwortete. „Vielleicht habe ich keine Chance bei
hübschen Mädchen, aber deshalb bin ich noch lange kein Mörder.“
    „Sie bleiben dabei, dass Sie die
Tote nicht kannten?“
    Er seufzte. „Ich hatte das Mädchen
vorher noch nie gesehen“
    „Aber Sie wussten, wer sie war.“
    Ihm war klar, dass es
höchstwahrscheinlich das Ende seiner Freundschaft zu Bent bedeuten würde, wenn
er jetzt auspackte, aber er hatte kaum eine andere Wahl. Er hatte sich von ihm
schon viel zu tief in die Sache verstricken lassen und keine Lust, für ihn auch
noch den Kopf hinzuhalten. Er war sicher, dass Bent an seiner Stelle nicht
anders gehandelt hätte. Ach was, Bent hätte ihm vermutlich gar nicht erst
geholfen, wenn er in einer vergleichbaren Situation gesteckt hätte.
    „Ja“, sagte er leise. „Bent hat es
mir gesagt.“
    „Wann hat er es Ihnen gesagt?“
    „Kurz bevor wir die Leiche
weggeschafft haben.“
    Die beiden Männer wechselten einen
Blick. „Was?“ rief Funke.
    Er trank sein Glas leer, stellte es
auf dem Tisch ab und hob die rechte Hand. „Schon gut. Ich werde Ihnen alles sagen,
was ich weiß.“
    „Vernünftig von Ihnen. Dann
schießen Sie mal los.“
    Er seufzte. „Ich hab ihm gleich gesagt,
dass das eine dumme Idee ist.“
    „Wem?“
    Na, wem wohl? „Bent. Er rief mich
am Mittwochabend an, war völlig außer sich. Ich müsste ihm helfen. Ich fragte
ihn, was los wäre, aber er konnte mir keine vernünftige Antwort geben. Wenn mir
seine Freundschaft etwas bedeuten würde, sollte ich keine Fragen stellen. Ich
sollte sofort zu ihm zu seiner Hütte auf dem Priwall kommen und meinen Wagen
mitbringen.“
    Funke legte die Stirn in Falten.
„Um wie viel Uhr war das?“
    „Ich weiß nicht mehr genau.
Ziemlich spät jedenfalls. Vielleicht halb elf.“
    „Sie sind hingefahren?“
    „Ja. Ich war echt ein bisschen
besorgt. So hatte ich Bent noch nie erlebt.“ Besorgt war gar kein Ausdruck. Er
war regelrecht geschockt gewesen, als er die Panik in der Stimme seines Freundes
gehört hatte. Bent war immer die Ruhe selbst, nahm alles auf die leichte
Schulter und scherte sich einen Dreck darum, was andere sagten. Er hatte schon
häufiger in der Klemme gesteckt, vor allem wegen irgendwelcher Schulden bei
dubiosen Geschäftspartnern, aber wirklich ängstlich hatte er ihn bislang noch
nicht gesehen, obwohl er auch schon mehrmals zusammengeschlagen worden war. Er
hatte sich deshalb wie ein Irrer beeilt, vorher noch schnell ein paar
Geldscheine eingesteckt, falls es darum ging, dass jemand seine Schulden
zurückhaben wollte, und war mit seinem Wagen nach Travemünde gerast. Die kurze
Fahrt mit der Fähre war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen.
    „Und was war los?“
    „Als ich ankam, war alles dunkel in
der Hütte. Ich dachte schon, Bent wäre gar nicht mehr da, weil ich auch sein
Motorrad nirgendwo sehen konnte oder jemand hatte ihn zusammengeschlagen und er
lag bewusstlos irgendwo herum.“
    „Wieso kommen Sie darauf, dass ihn
jemand verprügelt haben konnte?“
    „Wenn man sich mit gewissen Leuten
einlässt, muss man auch damit rechnen, unter die Räder zu kommen.“
    „Von was für Leuten sprechen Sie
da?“
    Er hob die Hände. „Ich kenne sie
nicht. Da müssen Sie Bent fragen, aber ich weiß, dass er mit

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