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Die Mädchen (German Edition)

Die Mädchen (German Edition)

Titel: Die Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Döhring
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problemlos
gelaufen, dass sie automatisch davon ausgegangen waren, es würde bei Rouven
genauso sein. Trotz seines vielen Trainings hatte Patrick immer gute Leistungen
gebracht und da Rouven für Sport nicht sonderlich viel übrig hatte, hatte er
eigentlich genug Zeit, die er für die Schule aufwenden konnte. Als Lars und sie
merkten, worauf er sich stattdessen konzentriert hatte, war es längst zu spät.
Diese Flatrates waren echt nicht zu unterschätzen. Sicher, es war günstig, wenn
man viel im Netz war, aber andererseits hatte man auch keine Kontrolle darüber,
wie viel Zeit tatsächlich damit verbracht wurde, mit anderen zu chatten. Rouven
hatte darüber alles andere vernachlässigt und nicht nur das, er hatte auch
alles daran gesetzt, dass Lars und sie über seine Aktivitäten im Dunklen blieben.
Sie erinnerte sich noch gut an den Anruf seiner Klassenlehrerin, die sie
fragte, ob sie denn ihre Nachricht nicht erhalten habe.
    „Was für eine Nachricht?“ hatte sie
gefragt, im Stillen davon ausgehend, dass vielleicht eine Klassenfahrt anstand,
von der Rouven vergessen hatte zu erzählen.
    Sie hörte die Frau am anderen Ende
seufzen. „Ich hatte Ihren Sohn gebeten, Ihnen auszurichten, dass ich Sie gern
sprechen würde. Ich hatte eigentlich schon nach dem Zeugnis damit gerechnet,
dass Sie sich bei mir melden würden.“
    Da erst wurde sie so richtig
hellhörig. „Das Zeugnis? Aber was war denn damit?“
    „Na, jetzt bin ich aber ein
bisschen überrascht. Finden Sie nicht, dass Rouven sich extrem verschlechtert
hat?“
    Das war ihr in der Tat entgangen.
Verwechselte sie ihren Sohn mit einem anderen Schüler? Eigentlich konnte das
nicht sein, denn schließlich kannte sie ihn mittlerweile seit drei Jahren.
    „Bleiben Sie bitte einen Moment
dran?“ Sie eilte nach oben in Lars’ Arbeitszimmer, in dem sie die Unterlagen
für beide Söhne aufbewahrten, legte den Hörer beiseite, nahm den Ordner für
Rouven aus dem Regal und schlug ihn auf. Nachdem sie das richtige Zeugnis gefunden
hatte, griff sie nach dem Telefon.
    „Frau Ahlfeldt?“ sagte sie in den
Hörer. „Ich hab mir mal die Zeugnisse geholt. Ich finde jetzt nicht, dass es da
Grund zur Beunruhigung gibt. Na ja, die vier in Deutsch muss nicht sein, aber
sonst...“
    Die Lehrerin räusperte sich
umständlich. „Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll, aber
irgendwie scheinen Sie nicht das richtige Zeugnis vorliegen zu haben.“
    „Doch. Da steht Schuljahr 2005/06.“
    „So meinte ich das nicht.“
    Und plötzlich verstand Marina, ohne
dass sie die nächste Frage abwarten musste. Sie hielt die Luft an.
    „Kann es sein, dass Ihr Sohn das
Zeugnis gefälscht hat?“   
    Das hatte er tatsächlich getan. Und
nicht nur das, er hatte auch sämtliche Unterschriften auf den Klassenarbeiten
und Mitteilungen der Schule gefälscht, wie er dann gestanden hatte. Das Zeugnis
war so gut gemacht, dass weder sie noch Lars darüber gestolpert waren. Man
hätte eine Lupe gebraucht, den Unterschied festzustellen. Rouven hatte
eingeräumt, die Anleitung dafür aus dem Internet bekommen zu haben. Das
richtige Zeugnis hatte er mit einer gefälschten Unterschrift versehen, weil er
das ja in der Schule vorzeigen musste, und in der hintersten Ecke seines
Schreibtisches versteckt. Es war unfassbar schlecht und enthielt folgerichtig die
Bemerkung, dass die Versetzung ausgeschlossen erschien.
    Wie es so weit hatte kommen können,
wusste sie nicht und Rouven hatte nur mit den Schultern gezuckt, als sie ihn
danach fragten. Aber eigentlich war es müßig, darüber nachzudenken, Fakt war,
dass er nahezu süchtig nach dem Internet war und deshalb einfach nicht dazu
gekommen war, etwas für die Schule zu tun. So konnte es nicht weitergehen. Lars
und sie hatten daraufhin die Notbremse gezogen, ihm den Computer weggenommen,
Nachhilfe besorgt und einen straffen Tagesplan erstellt. Einen Schulverweis
aufgrund der diversen Urkundenfälschungen hatten sie gerade noch umbiegen können,
doch für eine Versetzung hatte es nicht mehr gereicht und so peinlich es Marina
auch war, musste sie doch zugeben, dass es für Rouven wahrscheinlich die
bessere Lösung war, als mit schlechten Noten so eben noch mal versetzt zu
werden.
    Mittlerweile war seit jenem ersten
Telefonat mit Frau Ahlfeldt fast ein Jahr vergangen, und ihre Maßnahmen zeigten
Erfolge, denn Rouven gehörte wieder zu den besseren Schülern in der neuen
Klasse, wie sein Klassenlehrer bestätigte und das Halbjahreszeugnis

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