Die Mädchen (German Edition)
Ausschlag
gehabt hätte. Als ob ich eine Dienstmagd wäre, die nur dazu da ist, hinter ihr
her zu räumen, aber dafür kein freundliches Wort verdient hat.“
„Ich glaube, Sina war einfach in
einer schwierigen Phase. Wenn ich da sehe, was sie über mich alles geschrieben
hast, dann bist du noch relativ glimpflich weggekommen.“
„Im Ernst?“
„Ja.“
„Ich hab jedenfalls gedacht, so
kann das nicht weitergehen. Ich bin mir sicher, dass ihre Veränderung was mit
Bent zu tun hatte und ich dachte, vielleicht finde ich in ihrem Zimmer etwas,
das mir weiterhilft. Aber dabei hat Sina mich dann ertappt.“
„Inwiefern sollte dir das helfen,
was du in ihrem Zimmer findest?“
„Ich weiß auch nicht. Ich dachte,
wenn ich einen Beweis habe, dass sie da in irgendwas mit deinem Freund
verwickelt ist, dann hätten deine Eltern mehr Veranlassung, sich mal um sie zu
kümmern oder so.“
Es war bei allen dasselbe. Was Sina
betraf, waren sie an ihre Grenzen gestoßen.
Und? Hast du was gefunden?“
„Fünfhundert Euro. Aber so wie Sina
reagiert hat, als ich ihr das Geld vor die Nase gehalten haben, war ich mir
sicher, dass da noch mehr war.“
„Warum hast du mir nie von deinem
Verdacht erzählt, dass zwischen Sina und Bent etwas läuft?“
Birthe legte den Kopf schief. „Mal
ehrlich, Judith. Hättest du mir etwa geglaubt?“
Sie dachte darüber nach. „Das
wahrscheinlich nicht. Aber ich wäre vielleicht aufmerksamer gewesen.“
Birthe brauchte einen Moment, um zu
verstehen. Dann klang ihre Stimme hastig. „Ich hatte Recht. Es lief etwas
zwischen den beiden. Steht das im Tagebuch?“
„Das auch. Aber ich wusste es schon
vorher.“ Sie erzählte ihr von der Website.
Birthe war entsetzt. „Ach du
Scheiße! Ich hab ja geahnt, dass Bent ein Arschloch ist, aber das ist ja das
Allerletzte. Und war sie die einzige oder hat Bent noch mehr Mädchen dazu
gebracht?“
„Mindestens eins noch.“ Sina erzählte
ihr von dem Streit, den sie zwischen Bent und seinem Schwager mitbekommen
hatte.
„Der schreckt echt vor
nichts zurück, oder? Seine eigene Nichte.“ Sie warf ihr einen mitleidigen Blick
zu. „Und wie geht es dir dabei? Ich meine, schließlich war er ja dein Freund.“
„Ach weißt du, ich wollte das mit
ihm schon länger beenden, deshalb ist das jetzt nicht so schlimm. Trotzdem ist
es natürlich nicht sehr angenehm, so hintergangen zu werden.“
Birthe rückte näher an sie heran
und nahm sie in den Arm. „Ach komm her, du Ärmste. Du bist ziemlich tapfer.“
Es tat gut, jemanden um sich zu
haben, der einen mal nicht mit stummen oder auch ausgesprochenen Vorwürfen
konfrontierte. Sie lehnte sich an sie.
„Und was sagt die Polizei?“ fragte
Birthe nach einer Weile vorsichtig. „Verdächtigen sie Bent?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Scheinbar nicht.“
„Was? Haben die denn bei ihm schon
alles untersucht?“
„Ich weiß es nicht. Die erzählen
uns ja auch nicht alles.“
Ihre Tante überlegte einen
Augenblick. „Wissen die, dass er diese Hütte auf dem Priwall hat?“
„Ja, ich hab ihnen davon erzählt.
Wenn es also irgendwo Spuren gibt, finden sie die auch. Aber irgendwie scheinen
die nicht daran zu glauben, dass Bent Sina ermordet hat.“
„Und wer soll es sonst gewesen
sein? Einer von den Perversen auf der Seite?“
„Nein. Die Polizei geht von einem
persönlichen Motiv aus.“
Birthe hielt den Atem an und ließ
sie los. „Was soll das heißen? Die verdächtigen jemanden aus der Familie?“
„Nicht unbedingt, aber auf jeden
Fall jemanden, den sie kannte. Sie wissen ja immer noch nicht, mit wem Sina
verabredet war.“
„Steht denn nichts darüber im
Tagebuch?“
„Nein.“
„Wo ist das überhaupt?“
„Meine Eltern haben es.“ Mehr sagte
sie nicht. Sie wollte die Sache mit Zoe so schnell wie möglich aus dem
Gedächtnis verbannen.
„Geben sie es nicht der Polizei?“
„Ich glaube, sie wollen erst mal
sehen, was drin steht.“
Funkes Team saß in seinem Büro und
wartete jetzt seit fast einer Stunden gespannt, was das Gespräch zwischen
Waldow und seinem Anwalt bringen würde. Funke und Behrend hatten Waldow nach
Lübeck mitgenommen, sobald der nach seinem Anwalt verlangt hatte. Auf keinen
Fall hätten sie die Befragung in seinem Büro fortgesetzt. Wenn er schon auf
seine Rechte pochte, dann aber nach ihren Regeln. Während der Fahrt war absolutes
Stillschweigen angesagt und Funke konnte kaum fassen, wie lange siebzig Minuten
sein konnten. Er hatte Waldow
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