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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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übrigen zu verstehen, daß dies ein Fall sei, der einiges Nachdenken erfordere.
    Es schien seinen Überlegungen nicht förderlich zu sein, daß jetzt auch Bischof Horath, von Poppo und anderen Priestern gefolgt, den Wall erklomm. Denn Halldor, kaum daß er des Bischofs ansichtig geworden war, begann abermals und mit den gleichen Worten zu berichten, was er über die Nomaden wußte.
    Bischof Horath wiegte während Halldors Erzählung mehrfach sein kahles Haupt; auch ihn schienen die seltsamen Eigenarten desNomadenvolkes nachdenklich zu stimmen. Dann trat er auf Bue zu und sagte: »Als Diener des Allmächtigen rate ich dir, den einzigen und wahren Gott um Hilfe zu bitten, werter Freund. Obwohl du ein Heide bist, könnte dir ein Gebet von großem Nutzen sein.«
    »Du verzeihst, wenn ich lieber meinen Verstand gebrauche«, entgegnete Bue mit kalter Liebenswürdigkeit. »Denn es kann nicht weit her sein mit der Macht eines Gottes, der es sich gefallen läßt, daß du dich seinen Diener nennst.« Björn, der mit anderen Unfreien am Fuß des Walles stand, sah, wie das Blut aus dem Gesicht des Bischofs wich. Stammelnd suchte er nach Worten. Doch da zwängte sich Poppo zwischen die beiden und sagte, auf die Zelte deutend: »Es würde uns größeren Genuß bereiten, eurem Wortwechsel zu lauschen, wenn nicht zu befürchten stünde, daß jene ihn vorzeitig beenden werden.« Das leuchtete beiden ein, dem Bischof wie dem königlichen Ratgeber, und während der eine die Priester zum Gebet um sich scharte, gab der andere zu erkennen, daß er inzwischen zu einem Entschluß gelangt sei.
    »Wir haben nicht genug Männer, es mit ihnen aufzunehmen«, sagte Bue der Dicke. »Also werden wir, bis Verstärkung eintrifft, durch Verhandeln Zeit zu gewinnen suchen.« Er wandte sich an Halldor und fuhr fort: »Geh hin und sag ihnen, daß der Freund und Ratgeber König Haralds und nach diesem der mächtigste Mann des Reiches sie willkommen heiße und mit ihnen zu sprechen wünsche.«
    »Bues Auftrag ehrt mich«, erwiderte Halldor mit einem Gesicht, das seine Worte Lügen strafte, »aber es könnte sein, daß er dadurch den einzigen Mann verlöre, der sich mit den Wilden verständigen kann. Es wäre besser, Bue ginge selbst zu ihnen und setzte sie mit seiner stattlichen Erscheinung in Erstaunen. Denn da sie selbst klein und schmächtig sind, werden sie Bue für einen Riesen halten.«
    Diesen Worten stimmten alle zu, außer Bue selbst. Er befahl dem Wikgrafen, sich mit Geschenken zu versehen und mit Halldor und einigen seiner Leute zum Zeltlager hinüberzugehen; zumZeichen dafür, daß sie sich in friedlicher Absicht näherten, sollten sie unterwegs ihre Waffen ablegen.
    Als die Abordnung am Rand des Lagers angelangt war, ließ der Wikgraf die Geschenke - Stoffe in verschiedenen Farben, Glasperlen und Töpfe aus norwegischem Speckstein - auf dem Erdboden ausbreiten. Einige der Nomaden kamen neugierig näher und bildeten einen Kreis um den Wikgrafen und seine Männer. Halldor versuchte, ein Gespräch mit ihnen anzuknüpfen, aber kaum, daß die ersten Worte gewechselt waren, wandten sich die Nomaden lachend von ihm ab. Wie sich später herausstellte, belustigte es sie, Halldor in der Sprache eines Stammes reden zu hören, die ihrer eigenen zwar verwandt war, deren Wörter jedoch nur zum Teil dieselbe Bedeutung hatten, während manche etwas anderes, mitunter sogar Gegenteiliges besagten.
    Dennoch gelang es Halldor, die Botschaft Bues des Dicken zu übermitteln. So kam es, daß der Wikgraf und seine Leute in Begleitung einiger hundert Männer, Frauen und Kinder zur Stadt zurückkehrten. Als Bue sah, daß sie unbewaffnet waren, zeigte er sich in voller Größe auf dem Wall. »Hast du herausgefunden, was sie von uns wollen?« fragte er Halldor.
    »Die Verständigung mit ihnen ist schwieriger, als ich erwartet habe«, antwortete dieser. »Wenn ich etwas sage, lachen sie, und aus ihren Worten werde ich nicht schlau.«
    »Wer spricht für sie?« fragte Bue.
    Bevor Halldor antworten konnte, trat eine alte Frau aus der Menge hervor. Sie sah wie eine zerzauste Krähe aus, denn ihren Leib umspannte ein grauer, stellenweise mit schwarzen Federn besetzter Mantel, und auch ihr Kopf mit der schnabelartig hervorspringenden Nase ähnelte dem eines Vogels.
    Sie rief etwas zu Bue hinauf, und dieser blickte Halldor an, den die Aufgabe, ihre Worte zu übersetzen, in arge Verlegenheit zu bringen schien. Dann sagte er: »Bue mag selbst versuchen, einen Sinn in ihren

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