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Die Maenner vom Meer - Roman

Titel: Die Maenner vom Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Hansen
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Björns Ohr und zog es dicht vor seinen Mund: »Er hat mir Gift ins Essen getan, den Saft der blauen Glockenblume und das Fleisch des Fliegenpilzes, ich sage nicht, woher ich es weiß, aber seitdem ich davon erfahren habe, esse ich nur noch Speisen, die ich selbst zubereitet habe, und nun geht es mir von Tag zu Tag besser.« Als wolle er seine eigenen Worte Lügen strafen, neigte er sich vor und erbrach blutigen Schleim.
    Tore nahm ein Tuch und beugte sich über Bosi, um ihm das Kinn abzuwischen. Doch der Alte stieß seine Hand zurück. »Komm mir nicht zu nah!« keifte er, während roter Schaum von seinen Lippenstob. »Du hast mir den Hof gestohlen, du hast mich zu vergiften versucht, es sollte mich nicht wundern, wenn du auch meine Söhne umgebracht hast, damit sie dir nicht das Erbe streitig machen.«
    »Laß uns hinausgehen, Bruder«, sagte Tore. »Es würde seinen Zustand verschlimmern, wenn er noch länger meinen Anblick ertragen müßte.«
    Björn legte eine Hand auf die Schulter seines Vaters. Bosi wandte ihm langsam das Gesicht zu. Es war grau und rissig wie altes, von der Sonne ausgedörrtes Holz.
    »Für den Enkel des Tryn Halbtroll bist du sehr klein geraten«, sagte er leise.
    »Das hat mich selbst oft genug betrübt, Vater«, erwiderte Björn. »Aber inzwischen habe ich einer Reihe hochgewachsener Männer auf den Kopf gespuckt.«
    Bosi nickte, und in seine blutverkrusteten Mundwinkel stahl sich ein dünnes Lächeln. Dann zog er den Kopf ein, so daß nur eines seiner Haarbüschel noch aus den Decken hervorragte. Es war das letzte Mal, daß Björn seinen Vater sah.
    Die Brüder stiegen den Hügel hinter dem Wohnhaus empor und setzten sich auf einen Baumstumpf. Gudrid brachte ihnen Bier; sie schien vor Neugier zu bersten, wagte es jedoch nicht, das Wort an Björn zu richten, bevor er sie angesprochen hatte. Obgleich Bosi sie zur Frau genommen und viele Kinder mit ihr gezeugt hatte, fühlte sie sich Vigdis' Sohn gegenüber immer noch als Magd. Und als Björn keine Neigung zeigte, ein Gespräch mit ihr anzuknüpfen, stapfte sie schwerfällig zum Hof zurück.
    »Es ist die Arbeit, die unseren Vater alt und krank gemacht hat«, sagte Tore nach einer Weile. »Er wollte den größten Hof weit und breit haben, er hat es geschafft, aber sich selbst hat er dabei zugrunde gerichtet. Im vorigen Sommer, kurz nach der Ernte, erlebte ich es zum ersten Mal, daß er bei Sonnenaufgang noch nicht auf den Beinen war. Das Aufstehen fiel ihm von Tag zu Tag schwerer, er schleppte sich an die Arbeit, ja, es kam vor, daß man ihn auf Händen und Füßen über den Hof kriechen sah. Ich versuchte, ihn zuüberreden, im Bett zu bleiben; ich sagte ihm, ich würde dafür sorgen, daß alles seinen gewohnten Gang ginge, und von da an begann er mich zu hassen. Es verging kein Tag, ohne daß er mich eines Verbrechens bezichtigte, er nannte mich Dieb und Mörder, er warf mir sogar vor, meine eigene Mutter zu beschlafen. Einmal stach er mit einer Forke nach mir, ein andermal gab er einem Knecht Geld, damit dieser mich hinterrücks ermorde; ich wußte mir schließlich nicht mehr anders zu helfen, als Gris den Weisen um Rat zu bitten.«
    »Ist er immer noch nicht gestorben?« fragte Björn erstaunt.
    »Wenn man seinen eigenen Worten glauben will, ist er so gut wie tot«, erwiderte Tore. »Mir dagegen kam es nicht so vor, als ob er mit dem Leben abgeschlossen habe. Während wir miteinander redeten, verzehrte er eine Hammelkeule und trank ein kleines Faß Bier leer, das ich ihm geschenkt hatte. Als ich ihn verließ, war ich allerdings nicht klüger als zuvor, denn so sehr er sein eigenes Schicksal beklagte, so gleichgültig schien ihn das anderer Menschen zu lassen. Nur nach dir fragte er einmal.«
    »Was hast du ihm geantwortet?« wollte Björn wissen.
    »Was habe ich ihm geantwortet«, versuchte sich Tore zu erinnern. »Daß ich nicht wüßte, was aus dir geworden sei, nehme ich an. Keiner hatte bis dahin etwas von dir gehört; die meisten glaubten, du seist tot. Doch gegen Ende des Winters kam Asmund auf den Hof, um Abschied zu nehmen; er gehe, sagte er, mit seinem Herrn fort, einem arabischen Fürsten, und dieser habe ihn dazu ausersehen, an seiner Seite über ein großes Land zu herrschen. Von Asmund erfuhren wir nun, daß du in der Stadt ein wohlhabender Mann geworden seist, dich dann aber aus unerfindlichen Gründen auf eine Seereise begeben hättest, von der du vermutlich nie zurückkehren würdest.«
    »Wie du siehst, hat er sich

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