Die Maetresse des Kaisers
ist.«
»Wie man weiß, gehören die wahren Gefühle des Kaisers nicht seinen Kindern.«
»Sondern?«
»Einer Frau.«
»Über den liederlichen Lebenswandel des Kaisers müsst Ihr mit mir nicht sprechen. Wir haben den Verfall seiner Sitten oft genug angeprangert. Übrigens ohne Erfolg.«
»Man sagt, Friedrich sei dieser Frau verfallen.«
»Dann ist sie nicht das erste Weib, das einem Mann Unglück bringt.«
Johann von Brienne gab nicht nach. »Diese Frau hat ihn sogar in Jerusalem begleitet. Ihr Verlust würde ihn sehr treffen.«
»Was habt Ihr vor? Wollt Ihr Gott spielen?«
Des Kaisers Schwiegervater sah zu Boden. »Verzeiht.«
Papst Gregor erhob sich, ein Zeichen, dass die Unterredung zu Ende war. Seine Augen fixierten den deutlich kleineren Johann von Brienne.
»Ein Wort noch, bevor Ihr geht. Ich habe Eure sündigen Gedanken nicht gehört, aber vielleicht hat der Templer, der Euch ein Stück begleiten wird, ein Ohr für Euch.«
Nachdem Johann von Brienne den Raum verlassen hatte, ließ sich Gregor in seinem Lieblingssessel nieder, streckte die Beine aus und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Was auch immer Johann von Brienne im Sinn haben mochte, es war besser, nichts davon zu wissen.
D ie Hölzer waren schwarz und rochen modrig. Ein Teil der Voliere im Kastell Gioia del Colle war abgetrennt worden, und dort, geschützt wie ein überaus kostbares Gut, lagerte das Holz. Der Kaiser hatte Befehl gegeben, es nicht zu berühren, und Tag und Nacht stand eine der Wachen in der Nähe der Voliere.
Bianca fand diese Vorsicht übertrieben. Überhaupt lächelte sie insgeheim über Friedrichs Forschergeist. Er hatte die Hölzer aus einem Land hoch im Norden – Bianca erinnerte sich an den Namen Dänemark – bis nach Apulien transportieren lassen und dabei einen Aufwand getrieben, als würde es sich um ein Teil der Reichsinsignien handeln.
»Federico, gib es auf. Diese Hölzer sind so tot wie ein abgestorbener Baum. Und wahrscheinlich sind sie genau das, wofür jeder sie hält – Strandgut. Schmeiß sie einfach weg.«
»Nie und nimmer. Wir wissen noch viel zu wenig über dieses Holz. Man sagt, in Dänemark gebe es Wildgänse, die aus Holz wie diesem hier schlüpfen.«
»Vögel schlüpfen aus Eiern«, stellte Bianca fest. »Sie werden ausgebrütet.«
Friedrich warf ihr einen Blick zu, der ihr zeigte, dass ihr Pragmatismus gerade in diesem Moment nicht erwünscht war.
»Angeblich hat noch nie jemand die Eier dieser Gänse gesehen.«
»Und deshalb sollen sie aus totem Holz schlüpfen?«
»Bianca, bitte. Was glaubst du, warum dieses Holz hierhergebracht wurde? Weil ich herausfinden will, was wirklich passiert. Ich weiß selbst, dass Vögel normalerweise aus Eiern schlüpfen.«
»Aber mir scheint das Ganze nicht logisch«, wandte Bianca ein.
»Seit wann urteilen Frauen über Logik?«
»Das ist ungerecht, Federico. Ich habe in meinem Leben ebenso viele Falken brüten und schlüpfen sehen wie du.«
»Siehst du, schon bist du unlogisch. Da ich fast zwanzig Jahre älter bin als du, habe ich auch mehr Falken gesehen.«
»Nicht unbedingt«, argumentierte Bianca, »wenn du zum Beispiel …« Doch Friedrich unterbrach sie mit einem Kuss.
»Ich weiß, du gibst niemals auf«, sagte er und strich zärtlich über ihren gerundeten Bauch. »Ich würde aber dennoch gern herausfinden, ob die Geschichte mit den Gänsen stimmt. Und dafür müssen wir nun mal das Holz beobachten.«
Bianca seufzte. Friedrich war von seinen diversen wissenschaftlichen Experimenten geradezu besessen. Er hatte einen eifrigen Briefwechsel mit verschiedenen Männern der Wissenschaft begonnen und stellte Hunderte von Fragen. Die Gänse, die angeblich aus Holz schlüpften, waren seine neueste Marotte. Eine harmlose, wie sie fand.
Eine völlig andere Geschichte dagegen war seine Idee mit den Findelkindern. Inspiriert von ihrer Schwangerschaft, hatte er sich gefragt, wie sich Neugeborene entwickeln, wenn man sie zwar stillt und windelt, ihnen aber sonst keinerlei Zuwendung schenkt. Er hatte bereits nach Findelkindern im Säuglingsalter suchen lassen, doch Bianca war von seiner Idee entsetzt gewesen.
Sie sah es als grausam an, den Kindern lediglich Nahrung, aber keine Liebe zu geben, und hatte ihm das Experiment umgehend ausgeredet. Sie erinnerte sich nicht gern an die Szene, denn ihr Beharren, dass es unmenschlich und barbarisch sei, Kinder zum Zwecke wissenschaftlicher Forschung zu benutzen, hatte zu einem heftigen Streit zwischen
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