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Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)

Titel: Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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war, stand er keuchend im Dunklen und lauschte.
    Die Blitze folgten nun seltener aufeinander, und das Warten kam wie eine halbe Ewigkeit vor.
    Als es erneut für einen Moment hell wurde, lag eine Leiche am Boden. Die Axt hatte den Zü mitten in die Stirn getroffen.
    Reyan trat näher und stieß ihm ohne Skrupel die Klinge seines Schwerts in den Hals, nur, um ganz sicherzugehen. Er fand es nicht nett, dass der Mann seinen Cousin getötet und ihn selbst durch das Haus seiner Familie gejagt hatte.
    Mit einer Armbrust bewaffnet und immer noch wachsam, drehte er eine Runde durch das Haus. Er verrammelte sämtliche Fenster und Türen und überprüfte jeden dunklen Winkel. Als er sich einigermaßen sicher fühlte, kehrte er zu der Leiche zurück und durchsuchte sie.
    Er fand einen Dietrich, eine kleine Phiole, eine zusammengerollte Schnur, ein Döschen mit einer feuchten braunen Paste, ein rotes Stirnband und ein Pergament. Den Dietrich steckte er ein. Die Phiole und das Döschen enthielten wahrscheinlich das Gift und das Gegengift. Oder umgekehrt. Der Frage würde er später nachgehen. Bis auf das Pergament waren alle anderen Sachen unbrauchbar. Er faltete es vorsichtig auf.
    Wie er befürchtet hatte, konnte er die Worte nicht lesen. Reyan war zwar mehrerer Sprachen mächtig, aber das hier war kein Lorelisch, Itharisch, Goronisch oder Romisch. Wahrscheinlich war es Ramzü, wenn man bedachte, bei wem er das Pergament gefunden hatte.
    Einige Wörter erkannte er trotzdem. Sie sahen in allen Sprachen gleich aus, solange man das itharische Alphabet verwendete.
    Mess von Kercyan.
    Reyan von Kercyan.
    Auf dem Pergament waren weitere Menschen aufgelistet, deren Namen er kannte. Ihm war sofort klar, was all diese Menschen verband: Zum einen stammten alle aus Lorelien.
    Zum anderen waren sie samt und sonders Erben dieser verfluchten Insel Ji.
    Anscheinend war diese Geschichte, die sein Leben überschattet hatte, seit er denken konnte, noch nicht zu Ende. In seiner Kindheit hatte man ihm ständig das Beispiel Reyan des Älteren vorgehalten, der es vorgezogen hatte, lieber alles zu verlieren, als seinen Schwur zu brechen. Hatte er etwa darum gebeten, sein Nachfahr zu sein? War es wirklich besser, arm, aber ehrenhaft zu sein?
    Und jetzt machte irgendjemand Jagd auf die Erben. Hatte er etwa darum gebeten, in die Schusslinie zu geraten?
    Er versetzte der Leiche zwei Fußtritte. Das nützte zwar nichts, tat aber gut.
    Nach kurzem Nachdenken fasste er einen Entschluss. Wenn die Züu ihn töten wollten, musste er untertauchen. Das war seine einzige Chance. Er würde einige Jahre im Exil leben, bis Gras über die Sache gewachsen war, im Alten Land vielleicht.
    »Verflucht!«
    Er gab der Leiche einen weiteren Fußtritt und studierte abermals das Pergament.
    Manche dieser Leute kannte er flüchtig. Er hatte sie bei einer dieser lächerlichen Zusammenkünfte getroffen, zu denen seine Großmutter ihn und Mess immer geschleppt hatte. Vermutlich waren sie alle in Gefahr. Oder bereits tot.
    Aber was ging ihn das an! Er hatte genug eigene Sorgen!
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus. Heute war wirklich nicht sein Glückstag. Sein Gewissen würde ihm keine Ruhe lassen.
    Er sammelte seine Beute ein, ging durch alle Zimmer und nahm mit, was er brauchen konnte. Die Sachen trug er zu dem Fenster im zweiten Stock. Die Haustür mied er lieber, da sie möglicherweise überwacht wurde.
    Er wollte gerade aus dem Fenster klettern, als er sich eines Besseren besann. Er kehrte in die Bibliothek zurück und wählte zwei Messer aus. Das eine steckte er sich in den Stiefel, das andere in den Gürtel. Dann hob er vorsichtig den Dolch des Zü und das blutige Schwert auf, das er in eine Scheide schob, und ließ den Blick ein letztes Mal durch das Zimmer schweifen. Einer plötzlichen Eingebung folgend kehrte er zu der Leiche zurück und zog ihr das Gewand aus. Die Kutte eines Mörders zu besitzen, würde ihm vielleicht noch einmal nützlich sein.
    Schließlich wusste Reyan nicht, was die Zukunft für ihn bereithielt.
    An diesem Morgen war der Tag des Falken angebrochen.
    Bis zum Tag der Versprechen war es nur noch eine Dekade, die Dekade der Zweifler.
    Der fünfzehnjährige Yan, ein einfacher Fischer aus einem kleinen Dorf in Kaul, fand, dass die zehn Tage ihren Namen völlig zu Recht trugen.
    So sehr er sich auch den Kopf zerbrach, ihm fiel einfach nicht ein, woher er den Mut nehmen sollte, Léti um ihre Hand zu bitten.
    Er hatte genug Versprechensfeste miterlebt, um

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