Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
zwischen ihnen, wobei ihre graugrüne Robe sich um sie aufbauschte wie Meerschaum. »Du kannst nicht fliegen, Khyber, oder?«
»Nein. Aber Pen. Er wurde quasi auf einem Luftschiff geboren.«
Cinnaminsons Blick schweifte umher, konnte ihn jedoch nicht finden. »Sag das nicht meinem Vater. Er mag es gar nicht, wenn andere Flieger an Bord kommen. Was seinen Besitz anbetrifft, ist er sehr eifersüchtig.« Ohne einen besonderen Grund dafür zu haben, dachte Pen, dass sie sich anscheinend ebenfalls zu diesem Besitz zählte. »Zu spät«, berichtete er. »Er hat es von meinem Onkel gehört und mir schon gezeigt, dass es mir an den richtigen Fähigkeiten mangelt.«
Ihr Lächeln erstarb. »Tut mir Leid, Pen. Ich hätte dich gewarnt, wenn ich es gewusst hätte. Papa kann in dieser Hinsicht sehr streng sein.«
»Ist er streng mit dir?«
Das Lächeln kehrte zurück, nicht mehr ganz so fest. »Ich bin sein wichtigstes Mannschaftsmitglied«, sagte sie und beantwortete die Frage nicht genau. Sie zögerte. »Bestimmt möchte er nicht, dass ich es euch erzähle, aber ich tue es trotzdem. Ich bin sein Navigator.«
Pen und Khyber wechselten einen Blick. »Wie machst du das denn?«, fragte das Elfenmädchen. »Ich hätte gedacht, man könne nicht navigieren, wenn man blind ist.«
Die milchigen Augen wandten sich leicht in Richtung von Khybers Stimme. »Ich sehe nicht mit den Augen. Ich sehe mit meinen anderen Sinnen.« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ich kann Papa helfen, indem ich die Dinge mache, bei denen man nicht sehen muss.« Erneut unterbrach sie sich. »Bitte, sagt Papa nicht, dass ich euch das erzählt habe. Er mag es nicht.«
»Warum denn nicht?«, fragte Pen.
»Papa macht sich bei Außenstehenden immer Sorgen, also bei Leuten, die keine Fahrenden sind. Er vertraut ihnen nicht.«
Und wir vertrauen ihm nicht, dachte Pen. Keine gute Ausgangslage.
»Ich verstehe das mit dem Navigieren immer noch nicht«, hakte Khyber nach und runzelte die Stirn. »Erklär uns, wie du deinem Vater helfen kannst.«
» Cinnaminson!«
Alle drei wandten sich in Richtung der Stimme um. Gar Hatch hatte sich in der Pilotenkanzel umgedreht und sie entdeckt. Er wirkte aufgebracht. »Komm, hilf deinem Papa, kleines Mädchen«, befahl er brüsk. »Erledige deine Arbeit.«
Sofort stand sie auf. »Komme schon, Papa.« Dann senkte sie den Kopf. »Bitte verratet nichts!«, flüsterte sie. Ohne ein weiteres Wort ging sie direkt zur Pilotenkanzel und stieg hinein. Pen schaute zu, um zu erfahren, was passieren würde, und er war nicht sicher, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte, als nichts geschah. Gar Hatch legte seiner Tochter die Hand auf die Schulter, tätschelte sie kurz und wandte sich wieder dem Steuer zu. Cinnaminson blieb neben ihm stehen.
»Was hältst du davon?«, fragte er Khyber.
»Eine ungute Angelegenheit, aus der wir uns heraushalten sollten«, antwortete sie und betrachtete ihn nachdenklich. »Ich denke, wir schneiden dir das Haar kurz. Diese lange rote Mähne ist einfach zu auffällig. Und färben könnten wir es auch.«
Sie legte ihre Schreibwerkzeuge nieder und ging los, um ihre Schere zu holen.
Beim Abendessen wurde ihnen mitgeteilt, dass die Passagiere nach Einbruch der Nacht bis zum Morgen nicht mehr an Deck gehen durften. Diese Regel war schon alt und musste an Bord des
Kochens
auf ausdrücklichen Befehl des Kapitäns befolgt werden. Als Grund wurde die Sicherheit genannt; wenn man des Nachts vom glatten Deck fiel, würde ein solcher Unfall mit großer Sicherheit tödlich enden. Deshalb sollten alle außer der Mannschaft unten bleiben. Ähren Elessedil versicherte dem Fahrenden, die Anordnung werde befolgt, und Pen ging mit der unbedingten Entschlossenheit zu Bett, dagegen zu verstoßen.
Irgendwann nach Mitternacht erwachte er, schlüpfte aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen davon. Er strich sich abwesend durch das geschorene Haar und verzog das Gesicht, weil es sich so borstig anfühlte. Khyber hatte ganze Arbeit geleistet und fast nichts drangelassen. Er blickte zu Tagwen hoch, der in der Koje über ihm schnarchte. Der Zwerg würde bestimmt nicht aufwachen. Ähren und Khyber teilten eine Kabine am anderen Ende des Gangs, daher machte er sich wegen ihnen keine Sorgen. Ein paar Mal atmete er tief durch, dann ging er zur Tür. Dort lauschte er eine Weile, hörte jedoch nichts. Als er hinaustrat, war der Korridor leer. Abgesehen vom Sirren der Takelage und dem leisen Knattern des Großsegels herrschte
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