Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
begann, hatte sie schon fast die Mitte der Arena erreicht. Sie erkannte das Geräusch sofort. Ein Schauder rann ihr über den Rücken, löste ein Zittern aus, und ihre Nackenhaare stellten sich auf. Abrupt blieb sie stehen und sagte lautlos ein einziges Wort.
Furien.
Plötzlich erfasste sie eine eigenartige Ruhe. Die Ungewissheit war vorüber, das Warten vorbei. Zumindest eine gewisse Befriedigung zog sie daraus, ihren Gegner zu kennen. Wie sollte man sie besser prüfen als mit Kreaturen wie diesen? Sie atmete langsam und tief und wappnete sich. Das Klagen stieg stetig an und nahm an Intensität zu. Ihr blieben nur wenige Augenblicke.
Was soll ich tun?
Sie verfügte über die stärkere Waffe, es galt ihre Magie gegen Zähne und Krallen. Ihr Verstand und ihre Fähigkeiten waren überlegen, ihre Kampfkunst hatte sie in tausend Auseinandersetzungen ausgefeilt. Doch die Furien wurden von Instinkt getrieben und kümmerten sich nicht um ihre eigene Sicherheit oder ihre Selbsterhaltung. Das Rudeldenken beherrschte sie, sobald sie ein Opfer ausmachten, und sie würden angreifen und immer wieder angreifen, bis entweder der Feind oder sie selbst vernichtet waren. Gnade würde keiner ihrer Gegner gewähren, und keiner von ihnen würde um Gnade bitten. Furien kannten nur eine Art des Kampfes, und die beinhaltete keinerlei vernünftiges Denken. Sie war in eine Höhle des Wahnsinns getrieben worden, und die Quelle dieses Wahnsinns stellte eine Legion unerbittlicher Mörder dar.
Nun prüfte sie die Magie des Wunschliedes, um zu schauen, ob der Straken-Lord ihr die Wahrheit gesagt hatte; falls der Dämon sie belogen hätte, würde sie so rasch das Bewusstsein verlieren, dass sie nicht spüren würde, wie die Furien sie zerrissen. Aber die Magie stellte sich auf ihren Befehl hin in den Fingerspitzen ein, nahm Gestalt an und wartete darauf, in Dienst genommen zu werden. Das Zauberband zeigte keinerlei Reaktion. Angesichts der Erkenntnis, es könnte tatsächlich ein Kampf mit gleichen Chancen werden, keimte Hoffnung in ihr auf. Sie hatte eine Chance zu überleben. Eine kleine Chance.
Wenn sie lebend davonkommen wollte, musste sie alle töten. Nur das würde die Rettung für sie bedeuten. Sie würden alle auf einmal über sie herfallen, und sie würden immer wieder angreifen, bis die Letzte von ihnen das Leben gelassen hatte. Einst hätte sie diese Aufgabe als Herausforderung verstanden, als einen Streit schwarzer Magie gegen schwarze Absichten, als Urquell des unbezähmbaren Selbstvertrauens der Ilse-Hexe. Doch war sie nicht länger die Ilse-Hexe, und ihre Begeisterung für Kämpfe hatte sie mit dieser Identität abgelegt.
Sie musste ihre Kraft aus dem Leben als Ard Rhys schöpfen.
Was soll ich tun?
Da tauchten sie auf, kleine Schemen im schwindenden Licht, mit katzenartigen Gesichtern und Schlitzaugen, gewundene Gestalten, die aus Löchern in der Erde und hinter Sträuchern hervorkamen. Wie Gespenster erhoben sie sich in der Dämmerung, ihr Geheul hob und senkte sich in Wellen der Erwartung. Nun waren sie überall um sie herum, vielleicht einhundert. Zu viele, um sie zu besiegen, gleichgültig, wie viel Magie sie einsetzte, gleichgültig, wie entschlossen sie war. Ähnlich dem Oger, den sie auf dem Weg zu ihrer Begegnung mit dem Dämonenlord gesehen hatte, würde Grianne leidenschaftlich und furios kämpfen, doch am Ende würde sie unterliegen.
Hektisch überlegte sie sich eine neue Strategie, um diese Auseinandersetzung zu überleben. Stärke allein würde nicht genügen. List könnte sie retten. Überraschung und Verwirrung. Mit Unerwartetem könnte sie diese kleinen Geschöpfe des Schreckens überwinden. Sie näherten sich langsam, manche waren nur mehr zwanzig Schritt entfernt. In den glitzernden Augen sah sie den rasenden Wahnsinn. Sie spürte die Hitze ihrer Blutgier. Je länger sie brauchte, um zu reagieren, desto verwegener würden sie sich vorwagen. Noch schlichen sie sich vorsichtig heran, doch diese Prüfung ihrer Macht wäre allzu schnell vorüber, und dann …
Die Prüfung.
Dessen, wer und was ich bin.
Sobald sie diesen Gedanken gefasst hatte, wusste sie, was sie zu tun hatte. Ohne Zögern, um die Konsequenzen ihres Handelns zu bedenken oder die Risiken abzuschätzen, tat sie es einfach. Sie zog die Magie, die sich in ihren Fingerspitzen gesammelt hatte, zurück nach innen, verwandelte ihre Form und verteilte sie im ganzen Körper. Die Wirkung stellte sich sofort und unumkehrbar ein. Sie verlor fast
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