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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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und unten mit Kupferdraht umwickelte. Dann nahm sie eine Tonschale, füllte sie bis zum Rand mit den Bündeln und setzte den Deckel darauf, wobei sie darauf achtete, dass die Ränder luftdicht abschlossen. Um sicherzugehen, umwickelte sie die Schale mit dem Kupferdraht und ließ sie auf dem Bett stehen. Später wollte sie in die Küche hinuntergehen und die Schale in den Ofen legen, wenn dieser noch warm vom Brotbacken war. Sie brauchte neue Zeichenkohle, und wenn sie das Holz selbst schnitzte, konnte sie die Größe bestimmen. In Siena hatten sie die Schalen abends dem Bäcker in ihrer Straße gegeben, der sie über Nacht in seinen Ofen gelegt hatte.
    Bei Kerzenlicht saß sie später über der Zeichnung ihrer Semele , als es an die Tür klopfte. »Ja, bitte?«
    Didier kam mit einem Tablett herein. »Ich bringe Euch Wein und Feigen mit einer Empfehlung von Meister Rosso, der Euch in einer Stunde zu sprechen wünscht.«
    Hörte sie einen Unterton? Sie studierte das schmale Gesicht des Provenzalen, der den Blick senkte, als sie ihn direkt ansah. »Setz es dort ab.« Sie zeigte auf ihre Kleidertruhe, denn der Tisch war mit Papieren, Büchern und Zeichenutensilien übersät, und warf einen Blick auf die Kerze, um abschätzen zu können, wann eine Stunde vergangen sein würde.
    »Verzeiht, Monsieur. Euer Bruder, wann erwartet Ihr ihn zurück?«, fragte der Diener unvermittelt.
    »Was geht es dich an?« Die Neugier des Dieners war unangemessen. »Nimm die Tonschale dort vom Bett und bring sie in die Küche. Dort stellst du sie tief in den Ofen hinein.
Die Köchin kennt die Schalen der Künstler und wird sie morgen früh herausnehmen, bevor sie das erste Brot bäckt.«
    Didier verneigte sich und hob die Schale vom Bett, als handelte es sich um die Kronjuwelen. »Gewiss, Monsieur. Verzeiht. Ich wagte nur zu fragen, weil ich im Falle einer Rückkehr das Zimmer von Monsieur Armido gerichtet hätte.«
    Das unterwürfige Verhalten und die versteckten Blicke des Dieners gefielen Luisa noch weniger. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, atmete sie auf. Seit Wochen schon war sie nervös und sich ihrer Verkleidung ständig bewusst. Jede kleinste Anspielung auf ihr weibisches Aussehen, mochte sie noch so unbedeutend oder scherzhaft gemeint sein, erschien ihr wie eine Drohung. Durch den Übertritt ihres Bruders zu den Vaudois und die Zuspitzung der Ereignisse in Embrun hatte sich auch ihre Position dramatisch gewandelt. Sie erhob sich und goss sich von dem kräftigen Rotwein ein. Der Alkohol verbreitete eine wohltuende Wärme in ihrem Innern, und sie entspannte sich ein wenig. Doch immer wieder kreisten ihre Gedanken um Armido. Und je länger sie über alles nachdachte, desto mehr drängte sich ein Name in den Vordergrund. Es war nicht allein die Freundschaft mit Jules Dubray, und auch Monsignor Sampieri war nicht die treibende Kraft, nein, Guy de Mallêt hatte mit seinem Hass die Hatz auf Armido angestachelt.
    Sie trank den Becher in einem Zug leer. Und wenn sie es recht bedachte, hatte alles damit begonnen, dass ihr Bruder sie gegen die Nachstellungen des Sekretärs verteidigt hatte. »Ich stehe tief in deiner Schuld, Armido«, flüsterte sie. Obwohl die Stunde noch nicht ganz vorüber war, stand sie leicht berauscht vom Wein auf und verließ ihr Zimmer. Sie musste mit Meister Rosso sprechen.
    Sein Kammerdiener öffnete ihr die Tür. »Wartet hier.«

    In den Nächten war es noch immer kalt, und Feuchtigkeit zog aus den dicken Schlossmauern und konnte nur mit Hilfe eines Feuers im Kamin gemindert werden. Die Scheite im kleinen Salon von Meister Rossos Wohnräumen glühten im Kamin. Luisa nahm einen Schürhaken und stocherte in der Glut, bis die Funken stoben. Eine Haarsträhne löste sich aus ihrem kurzen Zopf. Armer Jules, dachte sie, als ihr plötzlich siedend heiß wurde, und die Glut war nicht der Grund. Sie hatte Armidos Brief auf ihrem Tisch liegen gelassen. Der Schürhaken entglitt ihrer Hand, und sie rannte wie von einem Skorpion gebissen durch den Raum zur Tür.
    »Ich komme sofort zurück!«, rief sie dem verdutzten Kammerdiener zu, der aus dem Nebenraum kam.
    Dann lief sie, so schnell sie konnte, über den dunklen Korridor zu ihrem Zimmer, stieß die Tür auf und stürzte an den Tisch, wo der Weinbecher neben einer Schreibfeder und einem Stück Zeichenkohle lag. Atemlos schob sie die Papiere auseinander. Armidos Brief war noch da! Sie faltete ihn zusammen und steckte ihn in ihren Gürtel. Als sie den Blick hob, fiel

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