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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Gespenst eines Stealthbombers, auf lächerlich schmalen
Gasjets schwebend. Eine Strickleiter wurde herabgelassen, ein
weiß gekleideter Mann kletterte herab. Als er am Boden
angelangt war und mich anschaute, hob ich ein Stück weit den
Kopf. Es war David Reid. Seine Miene war ausdruckslos.
    Gelbe Schutzanzüge, von Schutzbrillen verhüllte
Gesichter. Myra, die zu mir eilen wollte, aber an den Armen
festgehalten wurde.
    »Die Liebe währt ewig«, flüsterte ich
und starb.



 
17    Androidenspirituals
     
     
    »Eine Bewegung, und Sie sind tot!« Der muntere
Cockney-Akzent von Ehrwürden Eon Talgarth, Vorsitzender
Richter am Gerichtshof des Fünften Viertels, dröhnte
aus den Lautsprechern rings um das palisadengeschützte
Gelände. Ein Teil der auf den Palisaden montierten Waffen
zielte nach innen, als stünde jeden Moment eine
Massenexekution bevor. Die an den Rand geflüchteten
Neutralen waren nicht bedroht, doch die gegnerischen Gruppen, die
jeweils einige Dutzend Köpfe zählten und sich vor
Talgarths Podium gegenüberstanden, befanden sich mitten in
der Schusslinie. Dies wurde allen Betroffenen in Sekundenschnelle
klar.
    »Immer mit der Ruhe«, säuselte Talgarth.
»Und würdet Ihr jetzt, liebe Leute, bitte die Waffen
wegstecken, und zwar langsam, wenn Ihr versteht, was ich
meine?«
    Die Waffen wurden ins Holster gesteckt oder geschultert.
Jay-Dubs Raupenfahrzeug rollte weiter vor. Talgarth wartete, bis
das Heck das Tor passiert hatte, dann hob er die linke Hand. Das
Fahrzeug hielt an.
    »Na schön«, meinte er gedehnt. »Die
Verhandlung ist vertagt. Da David Reids Seite sich dafür
entschieden hat, die Angelegenheit gewaltsam beizulegen, ist es
nur fair, der anderen Seite den strategischen Rückzug zu
ermöglichen, bis ein anderes Arrangement getroffen
wird.«
    Einen Moment lang rührte sich niemand. Talgarth reckte
der Gruppe um Jonathan Wilde das Kinn entgegen.
    »Steht nicht bloß so rum«, sagte er.
»Rührt euch.«
    Sie wichen langsam zurück, dann machten sie kehrt und
rannten auf das langgestreckte, niedrige Fahrzeug am Tor zu. Reid
und seine Unterstützer funkelten ihnen nach, mit zuckenden
Muskeln, sich der Bedrohung durch Talgarths Waffen wohl
bewusst.
    »Das ist eine Schande!«, knurrte Reid. »Wer
soll Ihrer Rechtsprechung jetzt noch trauen, Talgarth?«
    »Wohl mehr Leute, als wenn ich in meinem Gericht ein
Gemetzel zugelassen hätte«, erklärte Talgarth,
während er den flüchtenden Gestalten nachsah. Auch Reid
wurde vorübergehend durch eine Nachricht abgelenkt, die man
ihm ins Ohr flüsterte.
    »Wissen Sie, wem das Fahrzeug gehört?«, sagte
er. »Dem Robot Jay-Dub.«
    »Ich weiß«, entgegnete Talgarth gelassen.
»Ich wusste schon seit einer ganzen Weile, dass er in der
Nähe war.« Er tippte sich grinsend ans Ohr, wobei er
auf einmal eher wie ein Knastbruder denn wie ein Richter wirkte.
Wildes Gruppe verschwand hinter dem Heck des Raupenfahrzeugs. Der
Motor summte, dann setzte es langsam zurück. »Als ich
sah, wie sich die Dinge hier entwickelten, habe ich ihn
herbestellt.«
    »Sie haben was getan?«, explodierte Reid.
Er blickte sich Unterstützung heischend zu seinen Begleitern
und den schwebenden Nachrichtenrobots um, die allmählich
wieder in die Mitte des Gerichtshofs vorrückten.
»Warum, um Himmels willen, haben Sie das getan?«
    Das Tor schloss sich mit einem abschließenden Rattern.
Talgarth entspannte sich und blickte Reid an.
    »Sie haben mich eben gefragt, ob ich ein kurzes
Gedächtnis hätte«, sagte er. »Eine
rhetorische Frage, nehme ich an, aber trotzdem.« Er
zündete sich bedächtig eine Zigarette an und
stieß voller Genugtuung den Rauch aus. »Ich muss die
Frage verneinen.«
     
    Auch als sie den Rest von Wildes Unterstützern abgesetzt
haben, die Ethan Miller glaubt, ohne größere Probleme
zum Menschenviertel zurückführen zu können, ist es
noch immer eng in Dubs Fahrzeug. Der Nutzraum ist eher für
den Transport von Gütern als von Menschen gedacht.
    Ax hat sich wieder vor die TV-Anschlüsse gezwängt,
Dee und Jonathan Wilde sitzen auf der gepolsterten Klappbank, auf
der Dee zuvor gelegen hat, und Tamara hält sich an einem der
größeren von der Decke baumelnden Haken fest.
    Das Raupenfahrzeug kriecht nicht bloß dahin. Sie
brettern unter dem lautlosen Geheul der Funk- und
Ultraschallsirenen durchs Fünfte Viertel, ohne groß
auf Hindernisse zu achten. Robots und andere, nicht genau

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