Die Mars-Stadt
Hand zwischen die Schenkel und sah
mich an. Ihre Augen waren so schwarz wie ihr Haar und so
abgründig wie der Nachthimmel.
»Soll ich dir heute Nacht Gesellschaft leisten? Ich
kenne dich. Zunächst aber haben wir etwas für
dich.« Sie lächelte. »Komm mit.«
Sie stand auf und ging ins Nebenzimmer. Sie war
barfüßig, ihr Hemd war nur mehr ein Hauch, doch sie
schritt einher, als trüge sie hochhackige Schuhe und einen
engen Rock. Ich hatte keine Ahnung, wie sie das anstellte, und
konnte jedenfalls nicht wegsehen. Ich folgte ihr bis zum
Drahtrahmen, durch den sie wie ein Gespenst hindurchtrat,
während er mich einfing wie eine Venusfalle eine Fliege.
Draußen, im schwarzen Vakuum, verblasste ihr Bild
außerhalb der Reichweite meiner verzweigten Finger.
»Arbeite«, sagte sie mit ihren sternfunkelnden
Lippen. »Wir sehen uns später.«
Ich klammerte mich an einen I-Träger. Der vertraute
Rußgeschmack des Polykarbons sickerte durch meine Greifer.
Ich streckte die Hand zu dem Montageknoten aus und zoomte mich
heran. Der Mechanismus hatte sich bei übergroßer Hitze
verformt. Behutsam löste ich den Wellenknoten und justierte
die Verbindung neu, dann ließ ich die Teile
zusammenschnappen. Ich versiegelte den Knoten, löste einen
Greifer, streckte ihn aus, packte zu, löste den anderen und
zog ihn nach, worauf ich die Arbeitsschritte mehrmals wiederholte
und wie ein Vogel auf einer Stange vorrückte.
Beim nächsten Knoten musste ich eine sofortige Anpassung
vornehmen. Ich bearbeitete einen Meteroritenbrocken mit einem
Laserstrahl, bis die darin enthaltenen Metalle schmolzen, dann
brachte ich die glühende Masse mittels Rotation in die
benötigte Käfigform und stülpte sie über den
Montageknoten.
Weiter zum nächsten…
Was, zum Teufel, tat ich hier überhaupt?
Ich erstarrte und klammerte mich an den Träger,
während die Schwindel erregende Frage durch meinen Kopf
wirbelte. Die Sicht veränderte sich unkontrollierbar, die
Sternensysteme des tiefen Alls wurden auf einmal in ihrer ganzen
Unermesslichkeit sichtbar, die einzelnen Lichtpünktchen
durchwanderten flackernd das sichtbare Spektrum.
Mühsam fasste ich mich wieder. Der Anfall ging vorbei.
Ich blickte wieder den Knoten an, an dem ich arbeitete, nahm die
komplexen mikroskopischen Mechanismen in mich auf, ohne mich
daran erinnern zu können, sie je zuvor gesehen zu haben. Ich
hatte mit der blinden Sicherheit eines Handwerkergesellen
gearbeitet, bis auf einmal alles fremd geworden war. Offenbar
hatte ich die Arbeitsgänge bereits zahllose Male durchlaufen
und war wie ein plötzlich aufgewachter Schlafwandler auf
einem Sims in Panik geraten und hatte Angst bekommen
abzustürzen.
Mir blieb nichts anderes übrig, als weiterzumachen. Es
gab dabei einen mentalen Trick, der darin bestand, mit
distanzierter Aufmerksamkeit die Hände zu bewegen und die
Werkzeuge zu bedienen, während ich mir dabei zuschaute und
nur dann eingriff, wenn meine programmierten oder konditionierten
Reflexe nicht mehr ausreichten.
Als etwa eine Stunde subjektiver Zeit verstrichen war,
gelangte ein Instruktionsset in mein Blickfeld. Es teilte mir
mit, was ich tun und wohin ich mich begeben sollte. Ich
ließ den Träger los, zündete kurz die Triebwerke
(… Zehenvorschub…), und nachdem ich einen Kilometer
durch die Leere geschwebt war, gab ich Schub in die Gegenrichtung
(… Fersenrückstoß…), dann packte ich den
Zielträger.
Ich hatte mich soeben festgeklammert, als vor mir ein Makro
emporstieg wie ein Wal vor einem Dinghy. Von neuerlichem
Schwindel befallen, klammerte ich mich in Panik am Träger
fest, während die funkelnde Oberfläche ein paar Meter
vor meinen Gesichtslinsen entlangglitt. Als sie vorbei war,
klammerte ich mich noch immer fest, starrte die Nachbilder an und
wagte mich nicht umzusehen.
»Reiß dich zusammen, Kumpel«, sagte eine
barsche, aber freundliche Stimme. Es war eine Männerstimme
mit Londoner Akzent. Ich blickte mich um (das heißt, ich
hatte das Gefühl, den Kopf zu wenden, dabei veränderte
sich bloß mein Gesichtsfeld) und machte einen anderen Robot
aus, der in etwa hundert Metern Entfernung an einem Träger
arbeitete. Er hob den Arm und winkte mir kurz zu, dann fuhr er
mit der Arbeit fort.
Ich machte ebenfalls weiter und befolgte die Anweisungen, und
als ich ein wenig Aufmerksamkeit erübrigen konnte, dachte
ich darüber nach, wie ich wohl antworten könnte. Ich
stellte mir
Weitere Kostenlose Bücher