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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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sagte sie. »Glück
gehabt.«
    Alle strömten nach draußen, um dem frischgebackenen
Paar Glückwünsche mit auf den Weg zu geben. Klugerweise
hatten die beiden ein Taxi gerufen und ließen den mit
Rasierschaum bedeckten und mit Lippenstift beschmierten Wagen
stehen, um ihn vom Regen waschen zu lassen.
    Dann tanzten und redeten wir wieder, und schließlich
folgte eine lange Taxifahrt zu Annettes Wohnung; Irenes Kleid
hatten wir uns über die Beine gebreitet. Während ich
den Fahrer bezahlte, rannte Annette lachend zur Eingangstreppe,
in der einen Hand den Saum ihres Kleids, in der anderen das
Brautkleid, das ihr wie ein Kometenschweif hinterherflatterte.
Ich holte sie ein, als sie gerade die Haustür aufschloss.
Wir stiegen die Treppe hoch und betraten ihre Wohnung,
geräuschvoll bemüht leise zu sein.
    Sie geleitete mich sogleich in ihr Schlafzimmer, hängte
das Brautkleid an den Kleiderschrank, der ihrem Bett
gegenüber stand, dann wandte sie sich zu mir um. Ich bekam
die Schleife an ihrer Hüfte zu fassen, riss sie auf, und sie
wirbelte herum, fing die herabgleitende Schürze auf und
schleuderte sie in die Ecke. Ich mühte mich mit den
Knöpfen an der Rückseite ihres Kleides ab, entdeckte
einen versteckten Reißverschluss und öffnete ihn. Das
Kleid sank zu ihren Füßen nieder. Sie trat in ihrem
langen Nylonslip aus dem Stoffkreis heraus und knöpfte mir
energisch das Hemd auf, während ich mich bemühte, so
rasch wie möglich Socken, Hose und die Unterhose mit
Eingriff loszuwerden. Ihr Slip glitt mit einem elektrostatischen
Knistern zu Boden. Den Rest ihrer Unterwäsche abzustreifen,
dauerte erfreulicherweise länger.
    Ich legte die Hände um ihre Brüste und vergrub
meinen Mund dazwischen. Ihre Haut schmeckte nach Talg und nach
Salz. Ich hielt sie wiederholt von mir ab, um sie zu betrachten,
und zog sie anschließend an mich, was zu einem engeren,
rascheren Rhythmus führte, als wir aufs Bett fielen.
    »He, he, he«, sagte sie. Sie legte mir die Hand
auf die Schulter und schob mich weg, langte über ihren Kopf
hinweg und schwenkte schließlich eine kleine
Zellophanpackung vor meinem Gesicht. Dann riss sie die Packung
mit den Zähnen auf.
    »Streif das über, du verantwortungsloser
Schlingel.«
    »Für kleine Schlingel will ich nicht verantwortlich
sein«, meinte ich und zog mir das Kondom über den
Schwanz. »Ich hab selber welche dabei, hab bloß nicht
dran gedacht.«
    »Wenn du noch eine so schwache Bemerkung machst, John
Wilde, dann fliegst du hier raus.«
    Ich suchte einen Moment lang nach einer schlagfertigen
Entgegnung, dann fand ich eine bessere Verwendung für meine
Zunge.
     
    Als ich erwachte, fiel trübes Morgenlicht durch die
Vorhänge, und meine Gliedmaßen waren immer noch mit
denen Annettes verkeilt. Im ersten Moment erschrak ich über
das geisterhafte weiße Brautkleid am Fußende des
Betts, dessen Linon und Spitze von einem schimmernden Kraftfeld
aus Polyethylen beschützt wurden und das einem Gespenst aus
der Zukunft ähnelte.

 
5    Ship
City
     
     
    Als Erstes genehmigen wir uns einen ausgiebigen Blick (der
länger währt, als es scheint) und erfassen den
Planeten, wie er in hunderttausend Kilometern Entfernung
vorbeizieht. Er ist rot – kaum überraschend –,
aber auch mit dunklen blauen Klecksen und grünen Flecken
gesprenkelt, und diese Kleckse und Flecken sind durch…
Kanäle, durch… (und dieser Gedanke ist ebenso
flüchtig wie der Blick) canali miteinander verbunden,
sodass der Neue Mars wirklich so aussieht, wie der alte nur in
unserer Vorstellung ausgesehen hat. (Wie sehr haben wir uns das
gewünscht.)
    Den Blickabstand auf tausend Kilometer verkürzen – hoch, nicht runter –, und schon kriechen wir
auf Satellitenhöhe vorbei und nehmen die verwirbelten
Fingerabdrücke des Wasserdampfes wahr, die mit feuchter
Atemluft durchsetzte gekrümmte Atmosphärenschicht, die
gekritzelten Zeichen des Lebens und die beherrschten Linien der
Intelligenz: ja, Kanäle.
    Tiefer jetzt, bis zu einem Gebilde eindeutig künstlichen
Ursprungs, auch wenn es organisch wirkt: auf den ersten Blick ein
schwarzes Sternchen, ähnlich einer Großstadt auf einer
Landkarte, dann (während wir immer näher rasen und die
Sicht von den Flammen der bremsenden Atmosphäre gerötet
wird) ein gestrandeter Seestern.
    Neuer Schnitt auf eine ruhigere Flugperspektive, schwebend
über dem Gebilde, das nun eindeutig eine Stadt ist, deren

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