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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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übersehen, zu vergessen.
Bereits während des Frühstücks am bescheidenen Büfett des
Transportkosmodroms – oh, er ahnte, dass es zu dem für
Passagiere mehr als feine Unterschiede geben mochte – hatte
er sich nach jemandem umgesehen, den er um Rat fragen
könnte. Aber die meisten taten derart beschäftigt und
zielstrebig, und wenn nicht das, dann verbreiteten sie den
Nimbus, ausgefuchste alte Hasen zu sein, sodass Allan nicht zu
stören wagte, zumal er nicht als ängstlicher Anfänger
eingestuft werden wollte. Ein besonderer Schlag, diese
Raumtransportleute. Allan schalt sich ob seiner Zurückhaltung.
Er schlenderte durch das Städtchen, einem Flecken von
70000 Einwohnern, von denen man jedoch nicht viel gewahrte.
Das Leben spielte sich hinter Bäumen, viel Gesträuch,
überhaupt hinter viel Grün ab, das raffiniert angelegt oder
geschickt in die Bauwerke einbezogen war. Zweckbauten, im
Grunde wahrscheinlich unkünstlerisch gestaltete Blöcke einer
überholten Epoche, blieben so zum größten Teil barmherzig
verdeckt.
Die Gesellschaftsbauten hingegen standen exponiert, von
geschickten Architekten in einem Guss mit Landschaft und
Umgebung gestaltet. Institute, Verwaltungen und Magazine
präsentierten sich in einer verketteten Harmonie, dass Allan
sich das eine oder andere Mal auf eine Bank setzte und die
Ensembles auf sich wirken ließ. ,Da sollten sich die in
Werchojansk ruhig eine Scheibe abschneiden’, dachte er. Aber
er überlegte auch, was ihn wohl erwarten mochte, und er
spürte, dass ihn Heimweh befallen würde. Er empfand das
schon jetzt an diesem Sommermorgen, angesichts eines
Fleckchens Erde, allerdings, so empfand er, eines besonders
schönen.
Bevor ihn Wehmut befiel, stürzte er sich in die Magazine, die
wenig Menschen bargen. Er schob es auf die ungewöhnliche
Tageszeit, zu der die meisten ihrer Tätigkeit nachgingen und
keine Zeit für Besorgungen hatten.
Gegen Mittag traf er an einem Verkaufstresen das Mädchen,
das sachkundig die verschiedenen Modelle von Heliumsäcken
drehte und wendete. Aufmerksam wurde er aber erst, als sie
zum Berater, wie aus tiefster Erfahrung schöpfend, sagte: „Du
glaubst nicht, wie einem trotz der geringeren Schwere auf dem
Roten ein normaler Rucksack zu schaffen macht. Man packt
nämlich immer mehr ein, weil einem alles leichter vorkommt.
Und zum Schluss hat man das gleiche Kraft-Last-Verhältnis
wie hier auf der Erde.“
Der Berater hörte, wie er es gelernt hatte: verstehend und
wissend, dem Kunden zuvorkommend, ihn durch Gesten
bekräftigend, ohne ihn jedoch zu unterbrechen.
Allan trat hinzu, nahm einen Sack auf, den sie zur Seite
gelegt hatte, und begann ebenfalls an den Gurten zu zerren und
die Verschlüsse zu prüfen.
Zu den Zurückhaltenden gehörte das Mädchen offenbar nicht.
„Nimm den nicht“, empfahl sie. „Ich weiß ja nicht, wo du hin
willst. Aber kommst du an einen kantigen Felsen, auf dem
Mond zum Beispiel, ratsch, ist das dünne Zeug durch, dein
Helium ist fort, und du hast einen ganz gewöhnlichen
Rucksack, der dich in die Knie zwingt. Der hier ist besser, der
hat mehrere Kammern.“
Und Allan nahm den, obwohl ihm dessen Konstruktion ein
wenig zweifelhaft erschien, er sich denken konnte, dass das
Ding, ginge eine Kammer entzwei, dann prächtig einseitig
drücken würde.
Sie verließen gemeinsam den Stand, stellten fest, dass sie
Hunger hatten, und sie gingen in das Restaurant Allan gab
dann unumwunden zu, dass er ein waschechter Neuling sei,
vom Transportkosmodrom aus starten und dort keinen Kontakt
finden würde.
Sie stürzte sich gleichsam auf ihn, ,ein Muttertyp’, dachte er,
obwohl ein Jahrfünft jünger als er. Sie gefiel ihm mit ihrem
runden Gesicht, dem um den Kopf gezwirbelten Haarwulst und
den braunen, lustigen Augen.
Dann verabreichte sie ihm Ratschläge, von deren
Nützlichkeit sie ihn mit vielen Worten temperamentvoll
überzeugte, sodass er sich nach einer Stunde eine Liste
unentbehrlicher Gegenstände zusammengestellt hatte.
Sie unterhielten sich über zwei Stunden, und Allan bedauerte,
dass sich die Bekanntschaft nicht fortsetzen ließ. Aber das
Mädchen gab geschäftig an, nach dem Süden zu müssen, in die
Pyrenäen.
Als er sie dann noch fragte, wie oft sie im Kosmos und auf
welchen Planeten denn gewesen sei, sah sie ihn verschmitzt an
und gestand lachend: „Ich bin vorige Woche vom Mond
wiedergekommen, dort war ich vier Tage – so lange, wie sie
zum Entladen des Transporters benötigten. Aber in

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