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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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zusammen, ließ die Kaumuskeln spielen und klopfte
auf das Lenkrad.
Sylvester gewahrte die Hütte erst, als Nagy davor hielt.
Sie stand unter hohen Birken, umgeben von geschickt
verteilten Fichten, und sie war nicht groß.
Die Einrichtung des einzigen Raumes wirkte angepasst
rustikal, aber bequem, und Sylvester empfand, dass man es
hier einige Zeit aushalten könnte, vor allem dann in der Hütte
gut aufgehoben wäre, wenn man das Bedürfnis nach einigen
Tagen Alleinsein hatte.
Nagy entnahm einem Wandschrank eine Flasche mit Saft und
zwei Gläser, stellte alles auf den kleinen Tisch, an dem sie
Platz genommen hatten, und er sagte in einem Tonfall, der wie
eine Entschuldigung klang: „Von hier aus“, er wies auf das die
gegenüberliegende Wand einnehmende und bis zum Fußboden
reichende Fenster, „kann man Tiere in freier Wildbahn
beobachten. Manchmal werden hier auch kleine Beratungen
durchgeführt.“ Und Nagy machte eine Geste, die
unmissverständlich bedeutete: Nun fang an.
Sylvester hatte verstanden. Er sagte ohne Umschweife: „Das
Läuferschwein ist tot. Du hast es vor dem Abtransport geimpft,
hast die Unwahrheit gesagt, als du behauptetest, dem tragenden
Tier bereits vorher die Injektion gegeben zu haben. Man kann
zu dem Schluss kommen, dass es gerade deshalb noch am
Leben ist. Und überhaupt: Als du erfahren hattest, wo die
Schweine gebraucht werden, hast du das Angebot
zurückgezogen. Ich weiß, ich weiß“, beschwichtigte Sylvester,
als er bemerkte, dass Nagy heftig erwidern wollte, „das sind
Unterstellungen, nicht beweisbare Verdächtigungen und so
weiter. Lassen wir das einmal weg. Ich weiß wie du, dass ich
damit nirgends etwas ausrichten kann. Ich sage dir lediglich,
wie ich die Sache sehe, wie ich sie sehen muss. Ich will
Klarheit, verstehst du, nehmen wir an, aus ganz persönlichen
Gründen.“
„Gut.“ Nagy war in seinem Sitz zurückgesunken. Aber dieses
„gut“ klang keineswegs freundlich, er blieb abweisend trotz
Sylvesters Offenheit. „Vielleicht war die Injektion die
Todesursache, vielleicht auch nicht. Die tragende Sau habe ich
in der Tat geimpft, aber schon Tage vorher – wie den Läufer
auch –, eine Routinesache. Die zweite Impfung sollte die Tiere
gegen eure Versuche immun machen. Weil ich etwas dagegen
habe!“ Dieses „weil ich etwas dagegen habe“ betonte er
silbenweise. „Unter normalen Umständen hätte das Tier das
vertragen müssen. Es handelt sich um einen Zellstabilisator,
den wir verwenden, um das Eindringen von Fremdorganismen
zu verhindern. Da ich ja nicht wissen kann“, Nagy lächelte
spöttisch, „was ihr mit den Tieren vorhabt, ist eine solche
Impfung völlig legitim. Die Unverträglichkeitsrate ist
eigentlich gering. Möglich, dass wir hier Pech hatten. Ich habe
natürlich nicht die besten Tiere für euch ausgesucht. Offenheit
gegen Offenheit!“
Über die Brutalität dieser Aussage war Sylvester doch ein
wenig betroffen. Ihn störte auch immer noch der aggressive
Ton, in dem das alles vorgebracht wurde. „Kollege Nagy…“
Sylvester versuchte einen neuen Ansatzpunkt zu finden. Er
blickte den Gesprächspartner verbindlich an. „Mich würde
auch interessieren, was du gegen das Institut hast. Natürlich
nur, wenn du darüber sprechen willst.“
„Gegen das Institut habe ich nichts, zumindest nichts, was
dich interessieren könnte. Ich habe etwas gegen eure Versuche,
speziell gegen das, was ihr jetzt vorhabt. Den vermeintlichen
Fehler der Natur korrigieren zu wollen ist anmaßend, das
Ergebnis unmoralisch.“
„Na, na!“ Sylvester hob lächelnd abwehrend beide Hände.
Und dann klopfte er auf den Busch: „Deine Meinung wundert
mich insofern, als du selber maßgeblich an der FaunellaEntwicklung mitgewirkt hast. Und man sagt dir nach, dass ein
Teil der Erfolge dir zuzuschreiben sei. Immerhin setzt
Genmanipulation Begabung voraus.“
Auf das Letztere reagierte Nagy nicht. Er erwiderte: „Was
wundert dich daran? Woher wohl sollte ich sonst meine
Erkenntnisse und Einsichten haben?“
Sylvester wollte Nagy zum Reden veranlassen, denn der
konnte sich als nützlich bei der Recherche erweisen. „Was hast
du konkret gegen die Versuche?“, fragte er.
„Wir sind in der Lage, Eiweißprodukte, die wir nun einmal
zum Leben brauchen, in ausreichender Menge und Qualität
synthetisch herzustellen. Es ist nicht mehr notwendig, höheres
Leben zu zerstören, um höheres Leben zu erhalten. Das ist
eigentlich alles. Aber ihr tragt dazu bei, das

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