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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Gewitterfronten beobachtet hatte, voller
mutiger Erwartung, dann aber doch zusammenzuckte, wenn
die blaugrellen Zacken, gefolgt von berstendem Krachen, im
Tal revoltierten. Und wenn es dann in Strömen goss, er den
Hügel hinab tanzte, die Kleider und Haare klebten, Wasser in
Kragen und Mund rann, und gelber Lehm die Füße schwer
machte…
Aber auch das sachte Regnen hatte seine Reize. Mac konnte
darin stundenlang spazieren, versonnen in den grauen,
beruhigenden Brodem am Himmel und den aus den Wiesen
und Wäldern steigenden Nebelschleiern starren. Stets schien
ihm, als reckten sich Zweige und Gräser trotz der Tropfenlast
kräftiger höher, des nährenden Nasses wegen. Aber hier? Wie
eine Wattebahn, die einer Maschine entquillt, waren diese
Regenwolken, unnatürlich in Licht getaucht.
Mac hätte noch einen Sprüher umsetzen müssen, auf dem
Dünenhang wurde das alle zwei Tage notwendig. Nun aber
konnte er darauf verzichten. Wenn sie ihr Programm
wahrmachten, würde diese Arbeit von nun an nur noch im
Vier-Tage-Zyklus notwendig werden. Vorerst jedoch hatten sie
wohl nicht genügend Maschinen, die Regenmacher.
Er erklomm den Hang, trat bis nahe an den Rand des Cañons
und spähte hinüber zum Signal. Wie die Tage vorher lag es da,
einsam, scheinbar unberührt, jetzt aber, in der
Regenatmosphäre, wie zum Greifen nahe.
Mac stand unschlüssig. Dann lief er ein Stück gen Westen,
dorthin, wo das „Rätsel“ entschwunden war.
Er umging eine zerklüftete Felsengruppe und hatte dann Sicht
über die sanft gerundete Düne. Zu seinen Füßen zogen sich
winderodierte Furchen.
Er sah sie schon von weitem. Sie kam auf der Düne entlang,
auf seiner Höhe, direkt auf ihn zu.
Mac riss das Glas an die Augen. Die Frau benahm sich mehr
als merkwürdig. Noch war sie so weit entfernt, dass er
Einzelheiten nicht ausmachen konnte. Aber er hatte deutlich
den Eindruck, dass sie sich in größeren Abständen einmal auf
den Bauch, einmal auf den Rücken warf, Sekunden liegen
blieb, aufsprang, weiterlief, ab und an die Arme in der Hochoder Seithalte.
Mac spürte sein Herz bis zum Halse schlagen. Seine Hände
zitterten vor Erregung. Er stand wie angewurzelt. Immer noch
steuerte sie auf ihn zu.
Als er das Glas sinken ließ, weil er glaubte, es nicht länger
ruhig halten zu können, sah er sie noch deutlicher, wenn auch
scheinbar nicht so nah.
Ein merkwürdiges Bild schlich sich plötzlich in Macs
Erinnerung: Als er Kind war, hatten die Eltern auf sein
Drängen hin einen Hund angeschafft, und dieser Hund, ein
Foxterrier und drolliger Geselle, wälzte sich im warmen
Sommerregen vor Vergnügen…
Die Frau kam auf Mac zu, ohne von ihm die geringste Notiz
zu nehmen. Mac wollte sich hinter dem Felsen, den er wenige
Meter neben sich wusste, verstecken. Aber er fühlte sich außer
Stande, sich zu regen.
Einige Male schaute sie bei ihrem wilden Tanz – ja, es war
ein toller Tanz, den sie vollführte – in seine Richtung, und Mac
durchliefen Schauer und Bangigkeit. Er fürchtete, sie könnte
erschrecken, flüchten und entschwinden. Aber aus einem ihm
unbekannten Grund sah die Frau Mac nicht.
Sie war wahrscheinlich grün, vielleicht war es mehr ein
gesättigtes Oliv, dunkler dort, wo auf einem menschlichen
Körper Rötungen sind – die Lippen und jetzt, im furiosen
Taumel, die Wangen.
Sie hatte einen schlanken, ebenmäßigen, weil offenbar
trainierten Körper, muskulös, nicht dürr, einen Körper, der
jetzt über und über mit rotem Schlamm bedeckt war, sodass
Mac sich über die Grünfärbung durchaus nicht klar wurde. Nur
dort, wo der jetzt stärker fallende Regen den Schmutz auf
Schultern und Brüsten in kleinen Rinnsalen abwusch, konnte
Mac dieses schimmernde Oliv erkennen.
Sie befand sich jetzt so nahe, dass er dunklere Äderchen in
ihrer Haut ausmachte. Mac sah deutlich, dass die jetzt vom
Wasser strähnigen Haare arg verfilzt waren.
Die Frau hatte offenbar nicht die Absicht, sich durch Macs
Anwesenheit und sein ungeniertes Starren in ihrem Gebaren
stören zu lassen.
Mac stand wie eine Salzsäule Er hörte den Schlamm
schmatzen, wenn sie die Füße hob oder wenn sie liegend mit
den Händen auf den Boden schlug.
Dann stand sie drei Meter vor Mac, ließ einen Augenblick
von ihrem sonderbaren Getue ab. Sie sah Mac – jedenfalls
empfand er so – mit graublauen Augen erstaunt an, dann
lächelte sie und entblößte dabei zwei Reihen ebenmäßiger
Zähne, die in strengem Kontrast zu den dunklen Lippen
standen.
Mac war fasziniert.

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