Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Masken der Liebe

Die Masken der Liebe

Titel: Die Masken der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
willst du denn noch bei mir, Eli?«
    »Anny?« Elisabeth war baff. »Was machst du denn um halb zwei Uhr am offenen Fenster?«
    »Ich habe Angst.« Anny von Borcken lehnte sich aus dem Fenster. Sie war glücklich, ihre Freundin zu sehen. Bebsy knurrte, war müde und wollte in ihre Schlafkiste.
    »Angst?« Elisabeth Konradi glaubte, falsch gehört zu haben. »Du und Angst? Vor wem denn?«
    Anny zeigte hinauf zu den Wolken.
    »Davor. Vor dem Gewitter. Seit zwei Stunden bin ich hellwach. Als es anfing zu donnern, wollte ich erst zu euch kommen. Aber ihr habt ja Gitti bei euch.«
    »Gitti ist verschwunden!« rief Elisabeth und begann prompt zu weinen.
    Anny von Borcken entledigte sich Bebsys und beugte sich weit aus dem Fenster.
    »Was sagst du? Gitti ist verschwunden? Wie denn das?«
    »Sie ist um halb elf mit Herrn Sanke weggegangen, um ihn bis zur Brücke zu begleiten. In spätestens einer halben Stunde wollte sie wieder zurück sein. Und jetzt ist es halb zwei.«
    »Na und? Ist das alles?«
    »Ihr muß etwas zugestoßen sein.«
    »Sicher. Aber das, was ihr zugestoßen ist, hat jedes junge Mädchen gern.«
    »Anny!« Elisabeth war voller Entrüstung. »Du kennst Brigitte nicht! Meine Schwester tut das nicht!«
    »Du siehst, daß sie dabei ist, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Oder glaubst du wirklich, daß deine alten Weisheiten, über die heute schon Klosterschwestern lachen, noch gelten?«
    »Allerdings! Das, woran du denkst, kommt bei Gitti gar nicht in Frage. Sie wirft sich nicht an einen Mann weg, den sie kaum einen Tag kennt.«
    »Die Liebe fragt nicht nach Stunden oder Tagen, meine Beste.«
    »Und überdies ist Gitti fast noch ein Kind. Ein unschuldiges Kind.«
    »Mit vierundzwanzig Jahren?« Anny von Borcken blickte ihre Freundin fast mitleidig an.
    »Ja. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«
    »Dann kauf dir jetzt schon eine Prothese.«
    »Du bist schrecklich.« Elisabeth war sichtlich beleidigt. »Brigitte ist anders, ganz anders als wir. Sie lebt ihr Leben noch nach Idealen und Gesetzen der Reinheit und wird nur dann einem Mann gehören, wenn sie weiß, daß diese Hingabe ein ganzes Leben lang andauert. Deshalb meine Sorge. Um halb zwei noch nicht zurück. Da ist etwas geschehen. Dieser Kerl hat sie überfallen, und jetzt irrt sie umher und springt ins Wasser. Oder sonst was. Eine Entehrung überlebt Brigitte nicht.«
    Elisabeth schluchzte wieder laut auf und lehnte sich, Halt suchend, an die Wand des Häuschens. Auch Anny konnte ihr nicht helfen, das fühlte sie. Für Anny war das Verschwinden nichts anderes als ein galantes Abenteuer … oh, sie kannte ja Brigitte nicht.
    »Mein Gott, leg dich ins Bett, Spinnerin, und penn bis morgen«, sagte Anny. »Wenn sie dann noch nicht da ist, fängt es allerdings an, kritisch und bedenklich zu werden. Ich sage dir aber, die beiden sitzen irgendwo und haben gar keine Zeit, an die Uhr oder an dich zu denken.«
    »Wenn sie auf einer Bank sitzt, muß Heinz sie ja finden. Er ist sie suchen gegangen.«
    »Du liebe Zeit!«
    »Was mache ich, wenn er sie nicht findet?«
    »Dann stürzt die Welt auch noch lange nicht ein. Es gibt in Ebbenrath Winkel und Ecken, wo kein Schnüffler ein Liebespaar aufstöbert. Warte bis morgen, leg dich ins Bett, wiederhole ich, und mach uns nicht mit deiner sinnlosen Angst verrückt. Es wird sich alles in Wohlgefallen auflösen.«
    Elisabeth Konradi wäre glücklich gewesen, wenn sie dies hätte glauben können. Und vielleicht hätte sie sich auch etwas beruhigt, wenn nicht gerade in diesem Augenblick Heinz Konradi die Straße herabgekommen wäre, langsam, bummelnd, gemächlich und – das war das Schlimmste – allein.
    Elisabeth Konradi schrie leise auf: »Heinz! Heinz, was ist? Hast du sie gefunden?«
    Konradi wirbelte auf dem Absatz herum und kam auf Elisabeth zugelaufen. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck der Angst, gemischt mit hilfloser Ungläubigkeit.
    »Wie? Ist denn Gitti nicht bei dir? Ich hatte vermutet, sie liegt längst im Bett.«
    »Du hast sie nicht gefunden?« antwortete Elisabeth entsetzt. Es war ihr, als müsse sie gleich die Besinnung verlieren und zu Boden sinken. Krampfhaft hielt sie sich an der Hauswand fest.
    Heinz Konradi trat rasch näher. Tiefe Sorge umwölkte seine Stirn. Er sah, daß aus der anfänglichen Komödie eine Tragödie geworden war.
    »Nein«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich habe alles abgesucht. Die Bänke auf dem Weg zur Brücke, die Straße; ich war an der Brücke selbst, jenseits der Brücke,

Weitere Kostenlose Bücher