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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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berechenbar. Ich denke, es wird Zeit, dass ich mich persönlich um ihn kümmere.«
    Die so leicht dahingesagte Bemerkung des Fürsten verursachte Arian eine Gänsehaut. Sein Rachen wurde trocken und kratzte. Beklommen nippte er an seinem Wein. »Ihr wollt mit ihm verschmelzen?«
    Morpheus nahm eine Erdbeere aus einer Goldschale, tauchte sie in Sahne und steckte sie sich in den Mund. Genüsslich kaute er darauf herum. »Mir war immer klar, dass ich ihn mir eines Tages einverleiben muss. Sein Ehrgeiz bringt ihn um. Sollte er mir wider Erwarten in deinem Körper entgegentreten, dann sei unbesorgt. Sobald ihr aus den deutschen Landen zurückkehrt, bekommst du ihn zurück. Kümmere du dich mit Mira um unsere gemeinsame Feindin Ikela.«
    »Ist Ikela in den Mord an meiner Mutter verwickelt?«
    »Sie hat den Anschlag auf Mortimers Betreiben hin geplant. Die Spione der beiden fanden heraus, wo sich deine Eltern versteckt hatten. Deine Großonkel haben den Rest erledigt. Danach verhalf Ikela ihnen zur Flucht.«
    Von seiner Großmutter hatte Arian eine andere Version der Geschichte gehört. Ihr zufolge habe Zoltán während eines Besuchs bei seiner Schwester Lorina in deren Haus herumgeschnüffelt und einen Brief von Tobes gefunden, in dem er sein Versteck preisgab. Offenbar weiß selbst der mächtige Metasomenfürst nicht über alles Bescheid, dachte Arian.
    »Was geht dir durch den Kopf?«, fragte Morpheus.
    »Äh … Was geschieht, falls Ikela mir glaubt?«
    »Nachdem sie mir Mortimer ans Messer geliefert hat, meinst du?« Der Fürst lächelte. »Ich werde mich mit ihr verschmelzen. Das hätte ich schon vor zweitausend Jahren tun sollen.«
    Arian schluckte. »Warum habt Ihr so lange gezögert?«
    »Weil Ikela mächtig und über alle Maßen durchtrieben ist. Ich habe sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Ab und zu treffen sich die ältesten und einflussreichsten Tauscher. Sie besteht bei diesen Sitzungen immer auf derselben Zahl von Leibwächtern, die auch mir zur Verfügung stehen.«
    »Mit anderen Worten, Ihr wollt sie überraschen.«
    Morpheus nickte. »Mit deiner und Miras Hilfe. Lockt sie aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Phobetor ist die am besten versteckte Festung der Welt. Ich habe nie erfahren, wo sie sich befindet. Und selbst wenn mir das gelänge, wäre Ikela dort für mich unerreichbar. Schlagt ihr vor, sich mit Mortimer zu treffen, in Paris. Das ist mein Revier, in dem nach meinen Regeln gejagt wird. Aus dieser Falle entkommt sie mir nicht.«
    »Da gibt es nur eine kleine Schwierigkeit, Hoheit«, wagte Mira anzumerken.
    »Und die wäre?«
    »Ohne Hilfe können Arian und ich Ikela nicht finden. Nur ihr Sohn kennt den Weg.«
    Arian sah Mira überrascht an. Warum setzte sie sich auf einmal für Tarin ein? Hatte sein glühender Appell an ihren Gerechtigkeitssinn doch etwas gefruchtet?
    »Zigor bleibt in meinem Kerker«, bestimmte Morpheus. »Er ist ein gefährlicher Assassine: Seine Mutter hat ihn auf mich angesetzt, um mich zu ermorden.«
    »Hat er das gesagt? Ist er gefoltert worden?«
    »Noch nicht. In Fragen meiner persönlichen Sicherheit verlasse ich mich voll und ganz auf das Gespür von Hauptmann Sumru.«
    »Der hat uns ebenfalls für Attentäter gehalten.«
    »Die Sache ist nicht verhandelbar, Kind. Nach meiner Kenntnis wolltest du Ikela auch ohne Zigors Hilfe finden.«
    »Wer behauptet das? Etwa Paul Piscatorius? Glaubt Ihr einem Verräter mehr als uns?«
    »Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig«, erwiderte Morpheus kühl.
    Mira schlug die Augen nieder. Ihre Brust hob und senkte sich vor Erregung. Es dauerte einen Moment, bis sie ruhiger geworden war und respektvoll erklärte: »Arian und ich haben uns auf eine lange Suche mit ungewissem Ausgang eingestellt, Hoheit. Ist das in Eurem Sinne? Verzeiht meine Kühnheit, ich bin nur ein Mädchen, aber ist es nicht so, dass die Revolution gerade auf Messers Schneide steht? Ich weiß nicht, welche Rolle Ihr darin spielt, Fürst. Mir scheint, ihr braucht jetzt mehr denn je einen freien Rücken. Solange Ikela und Mortimer jedoch miteinander gegen Euch paktieren, könnt Ihr Euch nicht sicher fühlen.«
    Morpheus starrte Mira mit versteinertem Gesicht an. Sein rotes Kristallauge glühte bedrohlich. Sie hielt seinem Blick stand. Unversehens entspannte sich die Miene des Palastherrn. Er wandte sich lächelnd Arian zu. »Es ist Jahrhunderte her, dass ich zum letzten Mal einer jungen Frau mit so einem messerscharfen Verstand begegnet bin. Sie hieß Jeanne d’Arc.

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