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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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eine aus, sagte Mira.
    Ich soll in… eine Frau fahren? Arian fühlte sich sterbenselend.
    Es ist nicht so schlimm, wie im Körper eines Mannes zu stecken, bei dem es ständig an den unmöglichsten Stellen juckt und zwickt.
    Er hätte sich wahrscheinlich übergeben, wenn es ihm möglich gewesen wäre. Ich will nicht, Mira.
    Dann sterben wir beide!, schrie ihre Gedankenstimme zornig. Diese armen Geschöpfe haben keinen Geist mehr, den du ihnen stehlen könntest. Es sind leere Seelen. Ich überlasse dir jetzt für einen Moment Hooters Hülle, damit du dir einen Leib wählen kannst. Aber beeil dich! Mir schwinden die Kräfte und außerdem können die Irrenschließer jeden Augenblick zurückkehren. Sie zog sich zurück.
    Er vermochte sich kaum auf den Beinen zu halten, so geschwächt war inzwischen der Körper des Walisers. Benommen tappte er durch den Saal, von Erschöpfung und Selbstzweifeln gleichermaßen geplagt. Auch wenn diese Frauen geistig umnachtet waren, fand er es unrecht, ein Menschenleben auszulöschen, um das eigene zu retten. Insgeheim hoffte er auf ein Wunder, während er die Reihen mit den Betten abschritt.
    Auf den ersten Blick bot der Raum ein beinahe friedliches Bild. Einzelne Patientinnen sprachen zwar im Schlaf oder warfen sich hin und her, doch die meisten schlummerten tief und fest. Hier und da schnarchte jemand. Je besser sich Hooters Augen an die Dunkelheit gewöhnten, desto mehr beunruhigende Einzelheiten konnte Arian erkennen.
    Die Hälse einiger Frauen steckten in Eisenringen, die an einer hohen Stange am Kopfende der Schlafstatt angekettet waren. Zusätzlich wurden ihre Arme mit einem Brustgeschirr am Körper festgehalten. Andere Kranke hatte man lediglich mit Fußschellen ans Bett gefesselt. Bei manchen war nur die Bewegungsfreiheit der oberen Gliedmaßen eingeschränkt – sie trugen Gürtel, an denen sich Manschetten für die Handgelenke befanden.
    Sie wirken auf mich überhaupt nicht gefährlich, wunderte sich Arian.
    Man gibt ihnen Beruhigungsmittel, erklärte Mira. Sie dämmern den größten Teil des Tages nur vor sich hin. Wenn man sie schon nicht heilen kann, sagt Zed, will man sie auf diese Weise wenigstens ordentlich verwahren. Am besten, du suchst dir jemand ohne Fesseln aus. So eine dürfte dir die wenigsten Scherereien machen.
    Ich weiß nicht…
    Schluss jetzt mit den Bedenken, Arian! , fiel sie ihm barsch ins Wort. Uns läuft die Zeit davon. Triff endlich deine Wahl oder der Tod nimmt uns die Entscheidung ab.
    Er blieb vor einem Bett stehen, das unter einem der Fenster stand. Die Frau darin lag auf dem Rücken, die Beine übereinandergeschlagen, die Hände verschränkt hinter dem Kopf, den das lange, gelockte Haar wie ein Strahlenkranz umgab. Soweit er es erkennen konnte, war sie noch jung, vielleicht nicht einmal erwachsen. Sie trug eine hüftkurze, taillierte Jacke und einen knöchellangen Rock, hatte eine zierliche Gestalt und schlummerte so friedlich wie ein Neugeborenes. Irgendetwas an ihr berührte sein Herz. Es war ihm unmöglich, sich wieder von ihr loszureißen …
    Das ist der einzige Körper im Saal, den ich dir nicht zugestehen kann, sagte unvermittelt Miras Gedankenstimme .
    Soll das heißen…?
    Ja, das bin ich.
    Arian verschlug es die Sprache. Er hatte Mira als alten Mann, Englische Bulldogge und walisischen Riesen gesehen und nicht einen Gedanken daran verschwendet, wie sie tatsächlich aussehen mochte. Sie war wohl nicht ganz hässlich, soweit er dies im schwachen Laternenlicht beurteilen konnte.
    Woran denkst du gerade?, fragte sie.
    Ich… äh …
    »Hände hoch oder ich schieße«, rief plötzlich eine tiefe Stimme vom Korridor.
    Arian fuhr herum. Durch die offene Tür trat eine dunkle Gestalt. »Hammer?«
    »Damit hast du nicht gerechnet, was?«, antwortete Turtlenecks Leibwächter hämisch, während er zwischen den Betten hindurchlief. Sein lautes Organ hatte bereits die ersten Patientinnen aufgeweckt. In seiner ausgestreckten Rechten hielt er eine Pistole.
    Tu was! , meldete sich Miras Gedankenstimme.
    Und was bitteschön? Ich kann mich ja kaum noch aufrecht halten. Arian machte mit den Händen eine beschwichtigende Geste. »Steck das Ding weg, Kamerad, oder erkennst du mich nicht?«
    »O doch!«, grunzte Hammer. »Monster hat Slits Leiche gefunden. Danach ist er der Fährte des Mörders gefolgt, und nun rate mal, wo er uns hingeführt hat?« Der Gauner blieb nur etwa drei Schritte vor Arian stehen, die Vorderladerwaffe richtete er weiterhin auf dessen

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