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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die dem Verlauf der alten Stadtmauer folgte. In den Schatten vor ihnen schlug ein Hund an.
    »Monster!«, hauchte Arian. In der Benommenheit nach dem letzten Körperwechsel hatte er nicht mehr an Slits Bulldog gedacht, der sicher nicht nur Hammer nach Moorfields geführt hatte. »Das ist eine Falle«, stieß er hervor.
    »Weg hier!«, zischte Zed.
    Sie machten auf dem Absatz kehrt und rannten in die entgegengesetzte Richtung. Das Straßenpflaster knallte unter ihren Sohlen. Arian lief vorneweg. Er entsann sich der Grünanlage hinter dem Bethlem Hospital. Der Garten glich ein bisschen den Pariser Tuilerien. Wenn sie es bis dorthin schafften …
    Als er um das Backsteingebäude herumlaufen wollte, sah er einen flackenden Lichtschimmer. Stolpernd brachte er seinen schweren Leib zum Stehen. Wegen der Dunkelheit bekam Mira davon nichts mit und stieß mit ihm zusammen. Er hörte ihr Keuchen und fürchtete schon, ein weiteres Mal mit ihr den Körper zu tauschen, doch sie berührte nur seine Kleider.
    Ein halbes Dutzend Männer sprangen hinter der Hausecke hervor. Drei von ihnen hielten Pistolen in den Händen, zwei hatten Fackeln, und einer besaß ein rubinrotes Glasauge.
    »Da bist du ja, Hammer! Warum die Eile?«, fragte Turtleneck scheinbar gut gelaunt. Er trug zu seinem scharlachroten Frock ein schneeweißes Halstuch sowie einen schwarzen Dreispitz. Der im Volksmund auch »Nebelspalter« genannte Hut hatte einen lederumfassten Rand. Die Rechte des Verbrecherkönigs lag auf dem silbernen Knauf eines Gehstocks.
    Arian brauchte einen Moment, bis ihm aufging, dass Turtleneck den Vorbesitzer seines Körpers meinte. Abermals überkam ihn Übelkeit, weil die Schuld ihm wie ein Amboss im Magen lag. In dieser kurzen Zeit rückte von der London Wall her Verstärkung an, allen voran Monster. Er zerrte an einer Leine, an deren anderem Ende Redhead hing. Im Nu waren Arian, Mira und Zed von mindestens einem Dutzend Ganoven umringt.
    »Warum antwortest du nicht?«, erkundigte sich der King.
    »Ich wollte sie euch nur in die Arme treiben.« Etwas Besseres fiel Arian auf die Schnelle nicht ein. Er spürte Mira im Rücken, als sie hinter seinem breiten Kreuz Deckung suchte.
    »Tatsächlich?« Turtleneck griff sich in die Augenhöhle und hielt unversehens den Feuerkristall in der Hand. Der rote Stein funkelte im Fackellicht. Während der Oberganove ihn mürrisch an seinem samtenen Frock polierte, musterte er Arian unverwandt aus einem braunen und einem leeren Auge. »Dieses verflixte Ding. Muss im Dampfbad kaputtgegangen sein. Ständig verschwimmt mir alles. Sind das da bei dir nun wirklich Hooter und eine hübsche Rothaarige, die zufällig genau wie das grünäugige Mädchen aussieht, dass Mortimer sucht? Oder seid ihr alle überkreuz? Bist du womöglich gar nicht mein eisenharter Hammer, sondern der Hexenmeister?«
    »Ich bin ich, Sir«, antwortete Arian vage, um nichts Falsches zu sagen.
    »Ach ja? Dann reckt mal schön die Arme in die Höhe, ihr alle drei. Ich kann es nämlich auf den Tod nicht ausstehen, wenn mich einer an der Nase herumführt.« Die raue Stimme des Kings bekam einen drohenden Unterton. »Mir ist die Überraschung nicht entgangen, die dir ins Gesicht geschrieben stand, als du mich eben erblicktest. Hammer wusste, was ihn hier draußen erwartet. Er selbst hat die Irrenschließer ins Reich der Träume geschickt.« Turtleneck deutete in die Schatten hinter dem Gebäude, wo zwei reglose Gestalten auf dem Boden lagen.
    »Sie haben recht«, gab sich Arian einsichtig und hob die Hände. »Ich wollte nur nicht vor den Männern mein Geheimnis lüften.«
    »Sie sind also der Hexenmeister?«
    »Sehen Sie ihn denn durch das Glasauge?«
    »Nein, verflucht und zugenäht! Als er es mir gab, da konnte ich einen Blick auf sein inneres Wesen erhaschen. Und es hat mir nicht gefallen, was ich da sah.« Turtleneck schob den Kristall wieder in die Augenhöhle und blinzelte. »Verdammt! Es ist immer noch verschwommen.«
    »Weil ich nicht derjenige bin, den Sie einen Hexenmeister nennen. Allerdings besitze auch ich … Kräfte. Deswegen trübt sich der Feuerkristall ein.«
    Der King trat einen Schritt näher. Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen. »Wer bist du?«
    Arian sah in das rote Kristallauge, als ließe es ihn kalt. »Ihnen allein würde ich mein Geheimnis verraten.«
    »Du meinst, ich soll meine Männer wegschicken?« Er lachte. »Das kannst du vergessen, Unbekannter. Ich mache dir einen Gegenvorschlag. Da du das Mädchen

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