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Die Masken von San Marco

Die Masken von San Marco

Titel: Die Masken von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Hinzufügen von Schwefel und Salpeter in eine gefährliche Bombe verwandeln. Eine beängstigende Vorstellung, fand Tron.
    Aber noch beängstigender war, dass jemand einen ganzen Sarg voller Schießpulver nach Venedig gebracht hatte. Er räusperte sich nervös. «Sind Sie sicher, Signor Pescemorte?»
    Einen Moment lang befürchtete Tron, dass Signor Pescemorte indigniert auf seine Frage reagieren würde, aber der farmacista schien eher erfreut zu sein. Er lächelte die Lithographie des Kaisers an. «Wenn Sie möchten», sagte er zu Franz Joseph, «kann ich es Ihnen demonstrieren.»
    Signor Pescemorte zog ein kleines Papiertütchen aus der Tasche seines Gehrocks und beugte sich über die Schreibtischplatte. Dann nahm er, ohne um Erlaubnis zu fragen, Trons Tasse von der Untertasse, schüttete ein wenig Schießpulver auf die Untertasse und zündete es an. Das Pulver verbrannte mit einer hellen Stichflamme. Hellgrauer, übelriechender Rauch kräuselte sich über der Untertasse.
    Signor Pescemorte lächelte stolz wie ein Zauberkünstler, der gerade einen Kartentrick vorgeführt hat. «Das Mischungsverhältnis wird je nach Verwendungszweck verändert», fuhr er fort. «Wir unterscheiden zwischen Jagdpulver, Militärpulver, Kanonenpulver und Sprengpulver. Hier handelt es sich um ein Pulver mit einem mittleren Salpeteranteil. Man bezeichnet es als Sprengpulver.»
    Tron fand, das Wort Sprengpulver hörte sich noch gefährlicher an als Schießpulver. Ein ganzer Sarg voller Sprengpulver! «Dieses Pulver – heißt es nur Sprengpulver, oder eignet es sich tatsächlich zum Sprengen?», fragte er.
    Signor Pescemorte verzog kurz das Gesicht. «Es eignet sich tatsächlich zum Sprengen, Commissario», sagte er.
    «Sind Schwefel und Salpeter in Venedig frei erhältlich?», schaltete Bossi sich ein.
    Signor Pescemorte schüttelte den Kopf. «Militärisch relevante Chemikalien können Sie in Venedig nicht kaufen.»
    «Und woher beziehen Sie Ihr Salpeter und Ihren Schwefel?», fragte Bossi weiter.
    «Salpeter führen wir nicht», erklärte Signor Pescemorte.
    «Schwefel beziehen wir in kleineren Mengen aus Padua, für Salben und für Medikamente gegen Bronchitis.»
    «Sie meinen, es wäre ein Problem, größere Mengen  Schwefel und Salpeter einzuführen?»
    Signor Pescemorte nickte. «Selbst für die paar Gramm Schwefel, die wir alle paar Monate erhalten, brauchen wir eine Genehmigung.»
    «Die wer erteilt?», erkundigte sich Tron.
    Auf Signor Pescemortes Gesicht erschien ein hauchdünnes Lächeln. «Das Büro des Stadtkommandanten.»

    «Also war es Sprengstoff», sagte Bossi ein paar Minuten später. Sie hatten Signor Pescemorte verabschiedet, und Bossi hatte sich auf dem Stuhl niedergelassen, auf dem vorher der farmacista gesessen hatte. «Das dürfte einiges erklären.»
    Tron runzelte die Stirn. «Und was?»
    «Den Mord.»
    «Das verstehe ich nicht, Bossi.»
    «Ich glaube, dass wir es hier mit der Hinrichtung eines Verräters zu tun haben», sagte Bossi langsam.
    «Sind wir uns darüber einig, dass der Sprengstoff im Zusammenhang mit dem Besuch des Kaisers steht?»
    Bossi nickte. «Es sieht jedenfalls ganz danach aus. Irgendjemand plant ein Attentat auf den Kaiser.»
    «Und wer hat jetzt wen verraten?»
    «Der Ermordete hatte offenbar nicht die Absicht, den Sarg auf die Toteninsel bringen zu lassen», sagte Bossi.
    «Vielleicht war er gegen das Attentat und wollte sich nach seiner Ankunft in Venedig an die Behörden wenden.»
    «Wovon die venezianische Gruppierung erfahren und  ihn deshalb getötet hat. Ist es das, was Sie andeuten wollen?»
    Bossi nickte. «Auf äußerst professionelle Art und Weise.
    Das ist es ja, was mich so irritiert, Commissario. Diese Leute sind gefährlich.»
    Tron schüttelte den Kopf. «Es gibt keine ernsthaften venezianischen Widerstandsgruppen. Höchstens ein paar harmlose Flugblattverteiler und Tricoloreschwenker. Aber keine professionellen Killer .»
    «Es sei denn, Turin steckt hinter diesen Leuten.»
    «Niemand in Turin kann ein Interesse daran haben, dass im Veneto das Chaos ausbricht», widersprach Tron. «Wenn die Piemontesen von einem Attentat auf den Kaiser erführen, würden sie uns einen Wink geben. Oder die Attentäter notfalls selbst aus dem Verkehr ziehen.»
    «Haben Sie denn eine bessere Erklärung?»
    «Nein», sagte Tron. «Aber die brauche ich auch nicht. Es reicht, dass der Sprengstoff nach Venedig gebracht worden ist, um ein Attentat auf den Kaiser zu begehen.»
    «Sie meinen, das

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