Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
neue Gerät ganz sicher nicht. Es würde sich keinen Zentimeter von dort wegbewegen, wo es jetzt stand. Flache Bretter ragten in die Mitte der Scheune hinein, über und über bedeckt von elektronischen Bauteilen. Das Transferfeld sollte sich unter diesen Auslegern bilden. John erwartete – hoffte, betete? -, dass das Gerät ein kugelförmiges Wirkungsfeld mit einem Radius von etwa zwei Metern generieren würde. Aber genauso wahrscheinlich war, dass es einfach explodierte. Sein Physikergewissen mahnte ihn eindringlich, kein Experiment mit so vielen Unbekannten zu wagen. Es gab viel zu viele Variablen, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte. Aber woher sollte er die Zeit selbst für einen einzigen Test nehmen?
»Also überspringen wir die Testphase und gehen ohne Rücksicht auf Verluste zur Produktion über«, murmelte John in die Stille der Scheune. Seine eigene Stimme war ihm fremd. Wann hatte er zum letzten Mal mit jemandem gesprochen? Wie lange war er eigentlich schon auf den Beinen?
Er spürte die gleiche übermenschliche Anspannung wie damals, als er versucht hatte, sein einarmiges Ich zu töten. Wieder breitete sich ein flaues Gefühl in seinem Magen aus, wieder stiegen ihm die Säfte hoch. Visgrath und sein Gefolge waren keine Menschen! Eigentlich wusste John, dass das Schwachsinn war, aber in diesem Moment konnte er sie nur als Monster, als Killer sehen. Sie hatten seine Freunde entführt. Sie verdienten den Tod. Sie mussten bestraft werden!
John putschte sich hoch, genau wie bei seiner Konfrontation mit Ted Carson vor so langer Zeit.
All diese Gedanken musste er jetzt beiseiteschieben. Es war Zeit zu handeln.
Er warf die Maschine an. Sofort brannte ein Dutzend Widerstände durch.
John ersetzte sie und forschte nach der Ursache: ein loser Draht, der ihm aus Versehen vom Ende eines Kondensators gerutscht sein musste.
Der zweite Versuch. John warf die Maschine an – und ein leises Brummen erfüllte den Raum. Mit zitternden Händen stellte er die Eigenmatrix auf Universum 7649 ein, ein Universum zurück.
Die Lichter gingen kurz aus und wieder an.
Würde der Strom reichen?
Egal. John zog eine alte Schubkarre mit abgebrochenem Griff in die Mitte des Transferfelds, zuckte mit den Schultern und aktivierte den Transport.
Mit einem leisen Ploppen verschwand die Schubkarre. An ihrer Stelle erschien eine Halbkugel aus Erde, die wie ein Modell der Südhalbkugel eines Planeten wirkte. Für eine Viertelsekunde hing sie in der Luft, ehe sie vor Johns Augen zu Boden rieselte.
»Es hat funktioniert! Es hat funktioniert! Haha!«, schrie John und sprang auf und ab. Er wusste, dass er wie ein verrückter Wissenschaftler aussehen musste, aber das war ihm egal. Dann war er eben einer.
Als er wieder zu Atem gekommen war, trat er ins Freie und ließ den Blick über die Umgebung der Scheune schweifen. Selbst im schwachen Morgenlicht war deutlich zu erkennen, wo das Land abgeflacht und gerodet worden war. Anscheinend hatte Mr. Walder richtiggehend in den Hügel hineingraben müssen, um einen ebenen Grund für die Scheune zu schaffen. In dem Universum, in dem die Schubkarre
gelandet war, gab es keine Scheune. Dort gab es nur eine Wiese, und mitten in dieser Wiese befand sich jetzt ein Loch mit einem Durchmesser von einem Meter zwanzig, mit einer alten, kaputten Schubkarre darin.
John grinste, ging wieder hinein und schaufelte die Erde aus der Transferzone hinaus – Erde aus einem anderen Universum.
Danach ging er sein Reisegepäck durch, das aus den eingerollten Plänen für das Gerät, dem Gold und dem Rucksack bestand.
Das spastische Zittern seiner Hände ließ ihn innehalten. Seit Tagen hatte er nicht richtig geschlafen. Das Leben seiner Freunde hing allein von ihm ab. Und eben hatte er einen völlig wahnsinnigen transdimensionalen Apparat zusammengeschraubt, und das im Delirium. Für wen hielt er sich eigentlich? Glaubte er wirklich, alles im Alleingang schaffen zu können? Nein, das würde nie und nimmer klappen. Er brauchte Hilfe. Vielleicht die Hilfe von Grace und Henry aus einem anderen Universum? Nein, die würden ihn nicht einmal kennen. Wie sollte John sie von seiner Mission überzeugen? Ja, wie sollte überhaupt irgendjemand seine Notlage verstehen?
Ihm fiel nur eine einzige Person ein.
John stellte das neue Gerät auf Universum 7533 ein, auf sein Heimatuniversum.
Wenn ihn einer verstehen konnte, dann der, der ihm das alles eingebrockt hatte.
»Auf geht’s … ins Nirgendwo.« Er fuhr die
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