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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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›uns‹?«
    »Na, dass wir zusammen sind. Hatte ich das gar nicht erwähnt?«
    »Ich hab dich diese Woche ja nicht mal erreicht.«
    »Also meine Kurse muss ich schon auch noch erledigen. Aber die Wochenenden gehören allein dir. Jedenfalls bis du es versemmelst.«
    »Was bestimmt nicht lange auf sich warten lassen wird.«
    Casey lächelte, und das Gespräch wandte sich anderen Themen zu. Als der Abend dem Ende zuging, fand sich John auf der schäbigen Couch in seinem Apartment wieder, Casey in den Armen, seine Lippen mit ihren verschmolzen.
     
    Das Labor war so groß wie ein Footballfeld – eine weitläufige Halle neben der Ingenieursschule mit einigen zusätzlichen, separaten Bereichen am Rand. Auf der zentralen Arbeitsfläche waren zahlreiche Projekte versammelt: der mit gelbem Band abgesperrte unterkritische Reaktor, ein Miniatur-Tokamak, ein kleiner Teilchenbeschleuniger, eine Kältekammer, ein Metallurgie-Labor und eine mechanische Werkstatt. Einer der abgetrennten Bereiche diente den Erstsemestern als Labor. Hier standen sechs kleinere Tische, die jeweils beschriftet und mit allem möglichen Kram übersät waren. Auf einem Schildchen war zu lesen: »Flipper«.

    »Du hast uns schon einen Arbeitsplatz reserviert?«, fragte John entgeistert.
    »Sonst hätte uns irgendwer den Platz weggeschnappt.« Grace verschränkte die Arme und setzte sich auf den Tisch. Bis auf ein paar leere Pappschachteln, die ein anderes Team darauf deponiert hatte, war er leer. »Ein paar Leute haben sich schon nach unserem Arbeitsplatz erkundigt. Hopp oder topp, verstehst du?«
    John schüttelte den Kopf. »Fallen euch denn keine anderen Projekte ein?«
    »Aber klar doch.« Grace grinste. »Tausende. Aber die sind alle scheiße. Also, gefällt’s dir?«
    Widerwillig ließ John den Blick durch das Labor schweifen. Auf einem Tisch entdeckte er einen Geigerzähler, weiter rechts, hinter gelbem Absperrband, ein Röntgengerät. Überall standen Lichtmikroskope herum, aber er hatte gehört, dass sich hier auch irgendwo ein Rasterelektronenmikroskop versteckte.
    Mit einem Schlag wurde John klar, dass es keinen Sinn hatte, weiter mit dem Juwelierwerkzeug an dem Gerät herumzukratzen. Hier waren die Werkzeuge, die er brauchte, um das Innere des Geräts zu erforschen, ohne es überhaupt öffnen zu müssen.
    Und wenn er gute Miene zum bösen Spiel machte, würden sie ihm alle zur Verfügung stehen.
    »Na gut«, sagte er. »Ziehen wir’s durch.«
     
    John saß an dem kleinen Tisch in seinem Apartment und starrte auf die leere Seite in dem Notizbuch. Vor ihm ruhte das Gerät, und es schien ihn zu verspotten, Zähne aus grünen LEDs zu blecken. Das Set mit dem Juwelierwerkzeug lag offen daneben, aber John hatte kein einziges der Instrumente in die Hand genommen. Er war gewohnt, jeden Abend so dazusitzen und über das Gerät nachzudenken,
über dessen genaue Funktionen und die Versuche, die er damit schon angestellt hatte. All sein Wissen hatte er in dem Notizbuch niedergelegt. Aber heute Abend war er mit den Gedanken woanders.
    Schließlich fing seine Hand an, eine lockere Skizze anzufertigen, allerdings keine Skizze des Geräts, sondern die eines Flipperautomaten. In seiner Schulzeit hatte er ständig Flipper gespielt, denn bei Lawson’s, wo er seine Comics kaufte, stand ein Automat. Sooft er konnte, war er in die Stadt geradelt und hatte sein spärliches Taschengeld für Heftchen und Flipperspiele ausgegeben. Jedes Mal hatte er versucht, mit einer einzigen Vierteldollarmünze so viele Extrabälle wie möglich zu ergattern. Er konnte nicht ermessen, wie viele Runden er insgesamt gespielt hatte, jedenfalls waren es sehr viele gewesen. Einmal war wegen eines Defekts am Gerät ein Mitarbeiter der Reparaturfirma vorbeigekommen und hatte die Vorderseite des Flippers wie eine Motorhaube aufgeklappt. Noch heute hatte John die unzähligen Lichter vor Augen, die im Inneren des Automaten geblinkt hatten, die endlosen Drähte und nicht zuletzt die Staubschicht, die über allem lag. Voller Faszination hatte er dieses Elektronikmeer betrachtet, allerdings hieß das nicht, dass er wirklich wusste, wie ein Flipperautomat funktionierte. Dabei reichte das Prinzip kaum über Physik für Erstsemester hinaus.
    Eine Kugel auf einer schiefen Ebene. Mit der Schwerkraft als Gegenspieler. Wenn man so darüber nachsann, wurde der Flipper zu einem Experiment in klassischer Physik. Deshalb hatte John in der Laborstunde ja an einen Flipperautomaten denken müssen: Die

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