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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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Candliss ihn mal hat – auch das Gesetz.«
     
    Amy hielt das blaue Kleidchen hoch, das sie bestickte. Ihr Baby wird ein Junge – davon war sie überzeugt –, deshalb hatte sie blau für die Babyausstattung gewählt. Sie hatte auch schon eine lange Namensliste: George wie ihr Vater; Keaton wie Sylvesters Vater; Scott nach ihrem Großvater, Edward nach Sylvesters Großvater; und noch Joshua, weil ihr der Name gefiel. Sylvester wollte ihn natürlich gern Sylvester jr. nennen, doch Amy fand Sylvester jr. nicht geeignet für einen Jungen, der mit großer Wahrscheinlichkeit in Montana aufwachsen würde.
    Sie legte das Kleidchen auf ihren Bauch, der schon sehr rundlich war. Manchmal fiel es ihr schwer zu glauben, daß sie erst acht Monate schwanger war. Wenn das Baby noch einen weiteren Monat wuchs, würde sie aus allen Nähten platzen. Olivia würde über ihre Bemerkung lachen und sagen, daß Frauen so gebaut seien, um ihre Babies bis zum Schluß auszutragen.
    Olivia … Der Gedanke versetzte ihr einen Stich. Doch immer noch nährte sie ihre Hoffnung. Sie wollte glauben, daß sie irgendwo dort oben in den Bergen bei Gabriel Danaher war – wegen der Lawine festgehalten wurde, aber in Sicherheit war. Sie mußte es einfach glauben. Wie könnte sie sonst jeden Tag überstehen?
    Hufschläge und Pferdegewieher vor dem Haus, lenkte Amys Aufmerksamkeit von ihrer Handarbeit ab. Sie stand jedoch nicht auf, um nachzusehen, wer vorgeritten war. Sie war viel zu ungelenk, um bei jedem Geräusch aufzuspringen. Sie hoffte nur, daß Sylvester nicht wieder den Werksdirektor zum Abendessen mitbrachte. Der Mann war ungeschlacht und hatte keinerlei Umgangsformen. Er grunzte beim Essen wie ein Schwein, wieherte wie ein Esel über Sylvesters lahme Witze und hatte eine feuchte Aussprache.
    »Madam!« Die Haushälterin Meg Grisolm trippelte atemlos in den Salon. »Madam, Sie werden es nicht glauben! Miß Olivia ist wieder da, gesund und munter, und sie hat diesen irischen Halunken mitgebracht!«
    Amys Herz machte einen Riesensatz.
    »Mrs. Grisolm! Sie machen hoffentlich keine Scherze mit mir.«
    »Nein, Madam! Das würde ich nie wagen! Bleiben Sie bloß sitzen«, befahl sie, als Amy mühsam aufzustehen versuchte. »Miß Olivia wird gleich hereinkommen.« Sie hob streng eine Augenbraue. »Was soll ich denn mit dem Iren tun, Madam?«
    »Du lieber Himmel! Kann Olivia sich frei bewegen? Vielleicht hat er sie zurückgebracht, um Lösegeld zu verlangen!«
    »Zu dumm, daß ich daran nicht gedacht habe!«
    Amy hob den Kopf und sah Gabriel Danahers schlanke Gestalt an der Schwelle des Salons stehen. Olivia neben ihm.
    »Olivia!« Amy stand mühsam auf. Die beiden Gestalten verschwammen, weil ihr die Tränen in die Augen schossen. »Olivia. Olivia …!« Es mußte so viel gesagt werden, doch Amy konnte keinen klaren Gedanken fassen vor Freude, Olivia am Leben und bei guter Gesundheit zu sehen.
    »Amy! O Liebste, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!« Olivia eilte auf sie zu und ergriff Amys Hände. »Laß dich anschauen. Du siehst fabelhaft aus!«
    »Bin ich nicht rund wie ein Faß?« Sie stockte errötend, sie wurde sich bewußt, daß ein Mann im Raum war. Er lächelte sie an, und ihr Herz schlug schneller. Der Kerl war ein Schurke, aber er hatte Charme.
    Der Schurke warf Olivia einen Blick zu, den Amy nicht zu deuten wußte. »Ob Ihre Freundin Lösegeld für Sie bezahlt – weil Sie hier so dringend gebraucht werden?«
    Olivias Augen schossen Giftpfeile auf ihn ab.
    Er zuckte die Achseln und lächelte. »Es war Mrs. Talbots Idee.«
    »Achte nicht auf Gabriel, Amy. Ein bellender Hund beißt nicht.«
    Amy bemühte sich, Olivias Rat zu befolgen und den Mann nicht zu beachten. »Liebste, wo hast du nur gesteckt? Alle waren von deinem Tod überzeugt, und ich habe mir die schlimmsten Dinge ausgemalt! Ach Olivia, du kannst dir nicht vorstellen, welche Sorgen ich mir gemacht habe, und auch Sylvester.«
    »Setz dich Amy, und reg dich nicht auf. Es tut mir so leid, daß du dir Sorgen um mich gemacht hast, aber es gab keinen Ausweg. Eines nachts kam Mr. Danaher in meine Praxis und bat mich, seine Töchter zu behandeln, die sehr schwer an Diphterie erkrankt waren. Es war sehr spät, und ich nahm an, daß ich am nächsten Tag zurück sein würde, höchstens nach zwei Tagen – deshalb habe ich keine Nachricht hinterlassen. Dann gab es einen furchtbaren Schneesturm, und eine Lawine blockierte den Weg ins Tal. Sobald der Weg wieder passierbar war, brachte

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