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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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zu haben galt.
    Der nächste Morgen brachte weitere Schneeschauer. Katy prüfte immer wieder das Gewehr, die Schrotflinte und zwei Pistolen, die sie am Abend zuvor gesäubert und geladen hatte. Ellen saß schweigend am Feuer, stand gelegentlich auf, um aus dem Fenster zu schauen. Olivia wanderte unruhig hin und her. Gegen jede Vernunft hoffte sie, Candliss möge nicht auftauchen – und Krummer Stab habe die Lampe gesehen, die Katy am Abend zuvor in die hohe Fichte gehängt hatte, und käme rechtzeitig, um Gabriel zur Flucht zu verhelfen.
    Doch wer kam, war Candliss. Am grauen Spätnachmittag ritten vier Männer auf die Lichtung. Vorgewarnt von Ellen empfing Olivia die Männer mit der Schrotflinte. Katy stand hinter dem Fenster, ihre Büchse war auf das Quartett gerichtet.
    Der Reiter an der Spitze war hochgewachsen und hatte sandfarbenes Haar. Sein breites, sommersprossiges Gesicht mit dem großen Mund sah nicht aus wie das eines Bösewichts. Doch das seltsame Flackern in seinen Augen, die er über die Lichtung schweifen ließ, jagten ihr Kälteschauer über den Rücken. Schließlich heftete sich sein Blick auf Olivia und die Schrotflinte.
    Sein Finger tippte an die Hutkrempe. »Guten Tag. Sie sind Miß Olivia Baron, nehme ich an.«
    »Das bin ich.«
    »Keine Sorge. Wir tun Ihnen nichts.«
    In einem der Männer hinter Candliss erkannte sie den Kopfgeldjäger, der Gabriel schon einmal mitgenommen hatte. Grinsend lüftete er den Hut.
    »Mein Name ist Ace Candliss aus Virginia City. Wir suchen Will O’Connell – auch als Gabe Danaher bekannt.«
    »Wenn Sie aus Virginia City kommen, müßten Sie wissen, daß Mr. O’Connell dort im Gefängnis sitzt. Der Gentleman im schwarzen Hut war einer der Männer, die ihn dort hingebracht haben.«
    »Nun, Miß Baron, genau das ist das Problem. O’Connell ist aus dem Gefängnis ausgebrochen.«
    »Hier ist er nicht vorbeigekommen.«
    Candliss aufmerksame Blicke wanderten über die Hütte, die Schuppen, die Pferdekoppel. »Das kann ich kaum glauben.«
    »Was Sie glauben, interessiert mich nicht, Mr. Candliss. Er ist nicht hier.«
    »Ich würde eine Dame ungern als Lügnerin bezeichnen, aber ich denke, wir müssen uns selbst davon überzeugen.«
    »Schauen Sie ruhig überall nach.«
    Olivia betrat hinter den Männern die Hütte, wo Katy sie mit dem Gewehr im Anschlag empfing. Hunter kauerte leise knurrend in seiner Kiste.
    »Laß sie vorbei, Katy. Und halte Hunter fest.«
    Candliss musterte die Zwillinge in einer Art, die Olivia endgültig von seiner Bösartigkeit überzeugte. Auf dem Weg zur Leiter schob einer der Männer Ellen unsanft beiseite.
    »Geh mir aus dem Weg, Kleine.«
    Katy und Olivia hoben gleichzeitig die Waffen. »Ich habe nicht gesagt, daß Sie durch die Hütte stampfen können wie Sherman auf seinem Vormarsch durch Georgia. Wenn Sie sich nicht anständig benehmen, fliegen Sie raus!«
    Candliss grinste.
    »Benehmt euch, Jungs. Miß Baron ist offenbar eine empfindsame Dame, und wir wollen ihr keine Unannehmlichkeiten bereiten.«
    Sie durchsuchten die Hütte, den Außenabort, die Schuppen, den Stall und sogar den Hühnerstall.
    »Mr. Candliss«, meldete einer der Männer. »Im Stall steht ein Pferd, das aussieht wie das von O’Connell.«
    Candliss hob eine Augenbraue und blickte Olivia durchdringend an. Ihr Herz schlug wild – das verdammte Pferd hatten sie völlig vergessen! »Wenn Sie die braune Stute meinen, die gehört mir.«
    Candliss ließ einen nachdenklichen Blick auf ihr ruhen. »Sieht sie aus, als sei sie hart geritten worden?« fragte er den Mann.
    »Nein. Eigentlich nicht.«
    »Sind Sie sicher, daß es sein Pferd ist?«
    »Es ist eine braune Stute, etwa von der gleichen Größe. Aber sicher bin ich nicht.«
    »Sucht weiter.«
    Als Candliss und seine Männer den Stollen betraten, bemühte Olivia sich angestrengt, ein teilnahmsloses Gesicht zu machen. Den Mädchen gab sie einen verstohlenen Wink, in der Hütte zu bleiben, damit ihre ängstlichen Gesichter den Vater nicht verrieten. Dann betete sie.
    Der Suchtrupp kam staubig und mit leeren Händen zurück. Candliss trat zu Olivia, die in der Tür der Hütte stand. »Ich weiß, daß er hier ist.«
    »Ach, wirklich?« fragte Olivia gleichgültig.
    »Und das Pferd im Stall gehört ihm. Darauf wette ich. Er ist hier, wenn er nicht verblutet ist und Sie ihn schon verscharrt haben.«
    »Haben Sie etwa auf meinen Pa geschossen?« fragte Katy erschrocken und unschuldig.
    »Hierher kommt er nicht«, sagte Olivia

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