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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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behandeln.«
    Die Zwillinge wirkten ausgesprochen erleichtert.
    »Ich bin schon fast gesund«, verkündete Katy. Sie warf die Decken von sich. »Ich stehe auf und füttere die Maultiere. Die Sonne geht gleich unter.«
    Olivia zwang sie, sich wieder hinzulegen und zog ihr die Decke bis zum Kinn. Noch konnte sie sich gegen die Kleine durchsetzen, doch wenn Katy wieder ganz auf dem Damm war, hatte Olivia wohl kaum eine Chance gegen sie.
    »Du bleibst noch ein paar Tage im Bett. Und jetzt trinkst du eine Schale Hühnerbrühe.«
    Katy starrte sie feindselig an. »Wir brauchen keine Frau nich hier oben, die uns herumkommandiert.«
    Ellen verzog das Gesicht, als sie die Brühe schlürfte. »Kochen können Sie aber nicht. Ich könnte Ihnen zeigen, wie man eine bessere Brühe macht. Mich wundert nur, daß Sie das Huhn gerupft haben, bevor sie es ins kalte Wasser geworfen haben.«
    Die Zwillinge hatten sich von todkranken kleinen Engeln in störrische, unfolgsame Gören verwandelt. Sie waren wirklich auf dem Wege der Besserung, und für Olivia wurde es Zeit, nach Elkhorn zurückzukehren.
     
    Bei Einbruch der Dämmerung kehrte Gabe von der Jagd zurück. Er zügelte Longshot unter den Bäumen und beobachtete die Lichtung und die Hütte – eine Gewohnheit, die er sich in den zwei Jahren seiner Flucht vor dem Sheriff zugelegt hatte. Er hatte die Mädchen nur ungern in Olivias Obhut zurückgelassen, doch sie brauchten Fleisch, und seit ein paar Tagen lag Schneegeruch in der Luft. Bald würden sie eingeschneit sein.
    Gabe betrachtete die Szene, die sich ihm bot. Olivia lehnte an den geschälten weißen Espenstämmen der Koppel und beobachtete die Maultiere, die ihrem Blick gleichmütig begegneten. Den Zwillingen ging es anscheinend gut, sonst wäre die Ärztin nicht im Freien. Es lauerte auch keine Gefahr von Eindringlingen oder wilden Tieren, denn sonst wären die Maultiere unruhig.
    Seltsamerweise stieg aus dem Kamin kein Rauch auf. Das dumme Ding hatte wohl das Feuer ausgehen lassen. Merkwürdig, wie ungeschickt sich manche Menschen in den einfachsten Dingen des Lebens anstellten. Nur gut, daß die Frau als Ärztin nicht auch so dämlich war. Vermutlich war sie ihr Leben lang bedient worden.
    Gabe rührte sich immer noch nicht vom Fleck. Er sah Olivia gern zu. In seiner Nähe war sie stets distanziert, und mehr als einmal hatte er sich gefragt, was sie hinter der Maske ihrer Hochnäsigkeit verbarg. Was war das für eine Frau, die ihr Leben damit verbringen wollte, fremde Menschen zusammenzuflicken, statt eine eigene Familie zu versorgen? Was war das für eine Frau, die freiwillig einen Beruf ausübte, über den andere die Nase rümpften und sich das Maul zerrissen? So häßlich war sie nicht, daß sie sich nicht einen Mann hätte angeln können. Wenn sie ihr Haar offen trug und lächelte, war sie sogar recht attraktiv. Der weiche Schwung ihrer Lippen konnte durchaus anziehend auf einen Mann wirken. Ihr scharfer Verstand und ihr Eigensinn mochten einem Mann gleichermaßen gefallen, es sei denn, er zog es vor, ihr den Hals umzudrehen.
    Olivia fuhr erschrocken herum, als Gabe auf die Lichtung ritt. »Heute abend gibt’s Rehbraten«, verkündete er.
    »Ach, Sie sind’s.«
    »Haben Sie jemand anders erwartet?«
    »Katy erzählte Geschichten über einen besonders übellaunigen Bär, der sich in der Gegend herumtreibt. Er soll sich auch schon an die Maultiere herangemacht haben, sagt sie. Ich nehme zwar an, sie will mir nur einen Schrecken einjagen, weil ich ihr schon wieder Hühnersuppe vorgesetzt habe, obwohl sie lieber einen Streifen von dem harten Trockenfleisch essen würde, der im Keller hängt.«
    Gabe schwang sich aus dem Sattel und nahm einen Rehbock vom Rücken des lammfrommen Packesels. Er befestigte ein Seil um die Hinterläufe des Bocks, warf das andere Ende über einen starken Ast, zog das Tier hoch und knotete das Seil an einen zweiten Ast. Das Muli führte er in den Stall. Der Bock baumelte vom Ast, Blut tropfte auf die Erde. »Die Geschichte mit dem Bär stimmt. Wir nennen ihn Bruno, und er ist ein übler Bursche. Jeder, der sich hier in den Bergen herumtreibt, ist ein übler Bursche, ob Tier oder Mensch. Sie sollten sich nicht ohne Flinte allein vor die Hütte wagen.«
    Olivia blickte Gabe stirnrunzelnd an.
    »Sie sind verletzt.«
    »Was?«
    »Sie bluten.« Sie hob seine Arme seitlich hoch, um ihm das Blut auf seinem Hemd zu zeigen. »O Gott!«
    »Das ist Blut vom Rehbock, Doc, nicht von mir. Ich habe ihn

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