Die Melodie des Todes (German Edition)
Edvardsen keine brauch bare Personenbeschreibung liefern konnte, außer dass er einen Kapuzenmantel trug, dürfen wir eine Sache nicht vergessen: Die Person, nach der wir suchen, hat ein Erkennungssignal, wir können ihn über die Schusswunde identifizieren.«
»Denkst du an Høybråten?«, fragte Singsaker.
»Er sollte auf jeden Fall überprüft werden.«
»Wir wollten ihn im Laufe des Tages so oder so zum Verhör holen. Es wäre schon ein Fortschritt, wenn wir ihn als Täter aus schließen könnten«, sagte Brattberg.
»Noch eine Sache«, sagte Singsaker. »Wir müssen jetzt wohl mit noch mehr Presseaufmerksamkeit rechnen. Wie können wir Edvardsen und die Sache mit der Flinte aus der Sache raushalten?«
»Gar nicht«, sagte Brattberg. »Er hat auf einen Menschen geschossen. Trotzdem werden wir es vorläufig als Unfall bezeichnen. Ob wir es schaffen, ihn hinterher unbehelligt gehen zu lassen, wird sich zeigen. Wir sollten uns jetzt voll und ganz darauf konzentrieren, das Mädchen zu finden.«
Singsaker blieb vor seiner Wohnung in der Kirkegata stehen. Auf dem Weg ins Haus summte er die Melodie der Spieldose vor sich hin, ein echter Ohrwurm.
Felicia saß mit ihrem Laptop im Wohnzimmer am Schreibtisch. Er ging direkt in die Küche und nahm sich etwas zu essen aus dem Kühlschrank.
»Willst du auch was essen?«, rief er ins Wohnzimmer und summte weiter. Felicia kam zu ihm und blieb in der Tür stehen.
»Wo hast du diese Melodie her?«, fragte sie aufgeregt.
»Die hat mit unserem Fall zu tun«, erwiderte er. »Warum?«
»Die hat auch mit meinem Fall zu tun«, sagte sie und ging ins Wohnzimmer, um gleich darauf mit einem Ausdruck zurückzukommen. Es war das Bänkellied, das sie von ihrem Klienten geschickt bekommen hatte. Sie reichte es Singsaker.
»Guck dir mal die Noten an«, sagte sie.
»Felicia, hallo? Ich bin’s, du weißt doch, dass ich davon keine Ahnung habe«, sagte er, breitete die Arme aus und gab ihr das Blatt zurück.
»Ich kann auch nicht gut Noten lesen, aber Siri hat es mir vorgesungen. Hör mal«, sagte sie und summte die Melodie.
Es lief ihm kalt den Rücken runter.
»Das ist doch nicht zu fassen«, sagte er schockiert. »Das ist tat sächlich die gleiche Melodie.«
Sie nickte.
»Woher kennt dieses Monster die Melodie eines nahezu un bekannten Bänkellieds?«, fragte sie. »Noten, die nur in den Köpfen einer nordamerikanischen Familie und in einem Originaldruck existieren, der aus der Gunnerusbibliothek geklaut wurde? Und diese Melodie ist ihm so wichtig, dass er sogar Spieldosen umbaut, um sie damit zu spielen. Warum?«
»Tja, das würde ich auch gern wissen. Wie laufen eigentlich deine Nachforschungen?«
»Ich warte eigentlich darauf, dass Siri mehr über Jon Blund herausfindet«, sagte Felicia.
»Jon Blund, ja« dachte er laut. »Der Name darf Vlado Taneski oder der Nachrichtenredaktion von Adressavisen niemals zu Ohren kommen. Ich mag nicht mal im Traum daran denken, was die daraus für Schlagzeilen machen würden. Was hältst du davon, wenn wir rüber zu Siri fahren?«
»Gern, sie hat heute früh aber frei. Ich glaube, sie wollte nach Lade zum Training.«
Er machte sich ein Brot mit gekochtem Schinken, das er mitnahm.
»Komm«, sagte er und ging zur Tür. »Ich weiß, wo sie trainiert.«
Wieder meldete sich der beunruhigende Gedanke, der ihn weite Teile der Nacht wachgehalten hatten. Würde er Vater werden? Und wie sollte er Felicia das erklären? War er in seinem Alter noch bereit für eine so verantwortungsvolle Aufgabe?
»Mir kommt da eine Idee«, sagte Felicia im Auto auf dem Weg nach Lade.
Sie standen an der Ampel vor der Lademoen-Kirche, und Singsaker schluckte seinen letzten Bissen Brot runter, bevor er sie ansah.
»Was denn?«
»Ich hatte mit meinem Klienten bisher nur Mail-Kontakt.«
»Ja, und?«
»Er nutzt eine G-Mail-Adresse. Bis jetzt habe ich mir nichts dabei gedacht. Mir ist aber aufgefallen, dass sein Englisch eigent lich viel zu förmlich ist, ohne dass er dabei Fehler macht. Seine Formulierungen klingen teilweise sehr steif. Wie von einem Ausländer, der die Sprache gut beherrscht, aber nicht von jemandem, dessen Muttersprache das ist.«
Singsaker dachte nach, als er bei Grün Gas gab.
»Du meinst, dein Klient ist nicht unbedingt der, für den er sich ausgibt?«
»Der Zufall ist doch wohl ein bisschen groß, dass dieses Lied parallel in einem meiner Aufträge auftaucht und in deinem Fall eine so zentrale Rolle spielt?«
»Du hast recht«, sagte
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