Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
sans tache, Magny sans tache!› In dieser Nacht erlitt er einen Lähmungsanfall, von dem er sich nie mehr ganz erholte.
Bis dahin hatte man der Prinzessin die Nachricht von Maximes Tod irgendwie vorenthalten; man hatte sogar eine ‹Gazette› für sie drucken lassen, in der der Bericht über seinen Selbstmord fehlte; aber schließlich erfuhr sie auf einem mir unbekannten Weg davon. Ihre Damen sagten mir, als sie es hörte, habe sie aufgeschrien und sei wie vom Schlag getroffen umgefallen, habe sich dann aufgesetzt und getobt wie eine Verrückte; man trug sie zu ihrem Bett, wo ihr Arzt sich um sie kümmerte und wo sie mit einer Gehirnentzündung rang. In dieser Zeit schickte der Prinz immer wieder Boten, um sich nach ihr zu erkundigen, und da er Anweisungen erteilte, sein Schloss Schlangenfels vorzubereiten
und herzurichten, habe ich keine Zweifel daran, dass er sie dort festzusetzen gedachte, wie es mit der unglücklichen Schwester Seiner Britischen Majestät in Celle 277 geschah.
Mehrmals verlangte sie durch Boten ein Gespräch mit Seiner Hoheit, was dieser mit der Feststellung ablehnte, er werde sich mit Ihrer Hoheit ins Benehmen setzen, sobald ihre Gesundheit ausreichend wiederhergestellt sei. Auf einen ihrer leidenschaftlichen Briefe sandte er als Antwort ein Päckchen; als man es öffnete, fand man darin den Smaragd, um den sich diese ganze düstere Intrige gerankt hatte.
Zu dieser Zeit verfiel Ihre Hoheit in Raserei. In Anwesenheit all ihrer Hofdamen rief sie, eine Locke vom Haar ihres Lieblings Maxime wäre ihr kostbarer als alle Juwelen der Welt; sie klingelte nach ihrer Kutsche und sagte, sie wolle ausfahren und sein Grab küssen; sie verkündete des gemeuchelten Märtyrers Unschuld und beschwor die Strafe des Himmels und den Zorn ihrer Familie auf seinen Mörder herab. Als der Prinz von diesen Reden hörte (natürlich wurden sie ihm regelmäßig mitgeteilt), soll er eine seiner finstersten Mienen (an die ich mich noch gut erinnere) aufgesetzt und gesagt haben: ‹Das kann nicht mehr lang so weitergehen.›
Diesen ganzen Tag und den nächsten verbrachte Prinzessin Olivia, indem sie überaus leidenschaftliche Briefe an ihren fürstlichen Vater, an die Könige von Frankreich, Neapel und Spanien, ihre direkten Verwandten und alle abgelegeneren Zweige ihrer Familie diktierte und sie mit den wirrsten Formulierungen bat, sie vor dem Schlächter und Mörder, ihrem Gemahl, zu schützen; sie überschüttete ihn mit den wüstesten Vorwürfen und bekannte zugleich ihre Liebe zum ermordeten Magny. Vergebens wiesen die ihr noch treu verbliebenen Hofdamen sie auf die Sinnlosigkeit dieser Briefe und die gefährliche Torheit der darin geäußerten Bekenntnisse hin; sie beharrte auf ihrer Abfassung und gab sie gewöhnlich ihrer zweiten Kammerzofe, einer Französin (Ihre Hoheit zog Angehörige dieser Nation immer vor), die den Schlüssel zu ihrer Briefschatulle hatte und all diese Episteln sogleich zu Geldern brachte.
Abgesehen davon, dass keine öffentlichen Empfänge mehr stattfanden, lief im Hofstaat der Prinzessin alles ab wie zuvor. Ihre Damen durften ihr aufwarten und ihr die üblichen Dienste erweisen. Die einzigen Männer, die Zutritt erhielten, waren jedoch ihre Diener, ihr Arzt und ihr Kaplan; und als sie eines Tages den Garten
betreten wollte, erklärte ihr ein Heiduck, der die Tür bewachte, auf Befehl des Prinzen habe Ihre Hoheit sich auf ihre Gemächer zu beschränken.
Diese gehen, wie Sie sich erinnern werden, auf den Absatz der Marmortreppe von Schloss X. hinaus, und der Eingang zur Zimmerflucht von Prinz Viktor lag dem zu den Räumen der Prinzessin genau gegenüber. Der Absatz ist geräumig, steht voller Sofas und Bänke, und die dem Prinzen aufwartenden Kammerherren und Beamten nutzten diesen Treppenabsatz wie eine Art Vorzimmer und erwiesen hier Seiner Hoheit ihre Reverenz, wenn er um elf Uhr zur Parade ging. Zu diesem Zeitpunkt traten die Heiducken aus den Gemächern der Prinzessin dort an und präsentierten ihre Hellebarden vor Prinz Viktor – die gleiche Zeremonie fand auch auf seiner Seite statt, wenn Pagen herauskamen und ankündigten, dass Seine Hoheit sich nähere. Die Pagen traten heraus und sagten: ‹Der Prinz, ihr Herren!›, in der Halle wurden die Trommeln gerührt, und die Herren, die auf den Bänken an der Balustrade warteten, erhoben sich.
Eines Tages war die Prinzessin den ganzen Morgen über unruhig gewesen, hatte über die Hitze geklagt und darauf bestanden, alle Türen
ihrer
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