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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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gleich nach ihm kommt in der Rangordnung, der Mordbube Baddo, einen Herzenswunsch hat? Und dass er damit dem heimlichen Herzenswunsch unseres Gastgebers, nämlich dich loszuwerden bis zur Ankunft der Braut, sehr entgegenkommt?«
    Die schöne Griechin hatte unwillig, aber doch aufmerksam zugehört. Im Stillen musste sie einräumen, dass der einstige römische Machthaber mit manchem, vielleicht mit allem recht hatte, was er zu ihrer Beziehung zu Alarich vorbrachte. Aber sie mochte es nicht wahrhaben. Noch war sie die Erste, und sie fühlte sich stark genug zu kämpfen. Doch die Zeit dazu war noch nicht gekommen. Jetzt wollte sie nichts davon hören. So war es eher ein Fehler, dass Syagrius sie immer wieder an ihre windige Stellung erinnerte.
    »Wenn du dich wenigstens verstellen könntest und deine läppischen Warnungen glaubhaft vorbringen«, sagte sie mit bemühtem Spott. »Du willst mich in dein leckgeschlagenes Boot ziehen, wo dir das Wasser bis zum Halse steht. Es tut mir leid, daraus wird nichts. Ich fühle mich sicher, wo ich bin. Der König liebt mich, und was auch geschieht – er wird zu mir halten. Aber darum geht es jetzt nicht, das lass nicht mehr deine Sorge sein. Du bestimmst jetzt nur über dein eigenes Schicksal, und für die Entscheidung hast du zwei Möglichkeiten. Entweder ergibst du dich denen, die dich besiegt haben, freiwillig, aufrecht und ehrenhaft – mit der Hoffnung, dein Leben zu retten, oder …«
    Sie zögerte weiterzusprechen.
    »Oder?«, schrie er.
    Sie schlug ihren Mantel zu und trat an den Ausgang des Zeltes, wo gerade wieder zwei blonde gotische Köpfe erschienen.
    »Der König wird morgen in aller Frühe zur Jagd aufbrechen«, sagte sie, indem sie sich noch einmal zu Syagrius umdrehte. »Ich werde in seinem Gefolge sein. Leo bleibt hier im Lager, und er wird alle Vollmacht haben, die Verhandlungen mit den Franken, die unbedingt nötig sind, in Gang zu bringen. Auch welche Mittel er dazu anwendet, wird in seinem Ermessen liegen.«
    »So bin ich verloren!«, stöhnte Syagrius.
    Scylla ging wortlos hinaus. Er machte ein paar schwankende Schritte, um ihr zu folgen. Aber das Unterfangen war aussichtslos. Wieder stand er vor gekreuzten Lanzen.
    »Hure!«, schrie er ihr nach. »Verräterin! Mörderin! Zur Hölle mit dir und deinem König! Ich werde seine Schande bekannt machen! Ich schreie sie über den Fluss, wenn man mich hinüberbringt! Die Welt soll wissen, dass der König der Goten feige und wortbrüchig ist! Die Franken sollen es wissen, es wird sie freuen! Dann werden sie nicht mehr zögern, dann kommen sie – und dann gnade euch Gott!«
    Er schrie und tobte noch eine Weile.
    Dann traten Wächter ein und fesselten ihn. Sie banden ihm mit einem einzigen langen, schmerzhaft in die Haut schneidenden Ledergurt Arme und Hände so fest an den Leib, dass seine Linke nun nicht mehr die Freiheit hatte zu zittern.
    Syagrius heulte und protestierte und wurde schließlich mit einem Knebel beruhigt. So warfen sie ihn auf das Bett.
    ***
    Im Morgengrauen kamen sie mit einem Eselskarren. Sie setzten ihn hinein und fuhren ihn hinunter zum Flussufer. Hier entfernten sie Fessel und Knebel und stießen ihn in ein kleines Boot, das seine Besitzer, zwei junge Fischer von der Insel, an das andere Ufer der Loire rudern mussten.
    Eine gotische Galeere folgte in kurzer Entfernung, kehrte aber schon auf der Flussmitte um, nachdem die Insassen sich überzeugt hatten, dass das Boot von den fränkischen Lagerwachen bemerkt worden war. Es sollte zumindest der Anschein gewahrt bleiben, dass dies keine Auslieferung war.
    Syagrius hatte keine Kraft mehr zu protestieren. Stumm und teilnahmslos ließ er alles mit sich geschehen.
    Die Sonne ging auf, es wurde ein strahlender Frühlingstag. Der einstige römische Statthalter befand sich kaum eine Stunde am Ufer. Chlodwig wusste von seiner Leidenschaft. Er lud ihn zu einem letzten Spiel ein und ließ ihn um seine Todesart würfeln.
    Es hätte schlimmer kommen können. Die Franken setzten ihn in ein anderes Boot und ruderten ihn eine halbe Meile flussabwärts. Hier banden sie ihm einen Stein um den Hals und stießen ihn ins Wasser.
    Im Morgenlicht konnten sie bis auf den Grund sehen. Baddo, mit der Hinrichtung beauftragt, stand am Heck des Bootes und beobachtete noch eine Weile den plumpen, leblosen Körper seines Feindes, der dort unten, sanft von der Strömung bewegt, an dem Stein hing.
    Dann ließ er sich ins Lager zurückrudern.

Kapitel 4
    Zwei Jahre später – es

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