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Die Mission des Wanderchirurgen

Die Mission des Wanderchirurgen

Titel: Die Mission des Wanderchirurgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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mitgeben«, verkündete er.
    Vitus wusste im ersten Moment nicht, was er sagen sollte, und auch der Magister machte ein fragendes Gesicht. Gaudeck schmunzelte, denn so oder so ähnlich hatte er sich die Reaktion vorgestellt. Er öffnete die Truhe und zog eine Vielzahl atlantener Blätter heraus – Seekarten, Landkarten und städtische Panoramaansichten. Schließlich war sie leer, und er sagte nicht ohne Stolz: »Es geht viel mehr hinein, als man denkt. Ich möchte sie dir mitgeben, denn sicher wirst du einiges zu transportieren haben.«
    Vitus schluckte. Das war ein seltsames Geschenk! Und selbstverständlich eines, das er schlecht ablehnen konnte.
    Gaudeck fuhr fort: »Ich gebe sie dir gern. Sie ist ein ganz besonderes Stück und hat eine bewegte Geschichte hinter sich gebracht, bevor sie mich auf meine regelmäßigen Reisen zu unserem Mutterkloster nach Cîteaux begleitete.«
    »Das ist ja interessant«, sagte Vitus, der noch nicht wusste, ob er sich freuen sollte.
    »Sieh nur, mein Sohn, diese Worte, die kunstvoll in den Boden geschnitzt wurden:«
     
    ISENHAGEN / MONASTERIUM / ANNO 1219
     
    Vitus entzifferte die Inschrift, konnte aber wenig damit anfangen.
    Der Abt half ihm. »Die Truhe wurde vor über dreihundertsechzig Jahren im Zisterzienserkloster Isenhagen von geschickten Händen gefertigt. Das Kloster liegt im Norden Deutschlands, genauer gesagt im Herzogtum Braunschweig-Lüneburg.«
    Der Magister fuhr mit der Hand über das dutzendfach gewachste Holz. »Eine schöne Arbeit.«
    »Es ist eine so genannte Stollentruhe, mein Sohn. Der Typus ist einzigartig, weil er nur aus Spunden und Zapfen zusammengefügt ist. Die Nonnen von Stand bewahrten seinerzeit in solchen Kisten ihre Aussteuer auf, jene Dinge also, die sie als Braut des Herrn in die Abgeschiedenheit der Abtei mitnahmen.«
    Vitus bestätigte, was der Magister bereits gesagt hatte: »Ein schönes Stück, Ehrwürdiger Vater, zweifellos. Ich danke Euch sehr dafür. Und wo Ihr schon das Wort ›Aussteuer‹ erwähnt habt, möchte ich Euch Folgendes eröffnen …«
    Doch er kam nicht mehr dazu, das auszusprechen, was er damit meinte, denn in diesem Augenblick stand wieder einmal Cullus in der Tür, atemlos vom schnellen Rennen: »Abt Gaudeck, Ehrwürdiger Vater! Ich habe einen Besucher bei mir, der sich nicht abweisen ließ. Er sagt, er sei in höchst wichtiger Mission unterwegs.«
    »Das bin ich in der Tat.« Ein schwarzhaariger Mann mit staubbedecktem Reitmantel erschien neben Cullus und deutete eine Verbeugung an. »Verzeiht die unziemliche Störung«, sagte er in holprigem Spanisch. »Seid Ihr der Abt dieses Klosters?«
    »Der bin ich.« In Gaudecks Stimme schwang leichte Verärgerung mit. »Und wer seid Ihr, dass Ihr den Frieden dieser Mauern stört und Euch über meine Anweisungen hinwegsetzt? Niemand dringt ohne Anmeldung zu mir vor.«
    Abermals senkte der Schwarzhaarige sein Haupt. »Dies ist ein besonderer Anlass, Herr Abt, ich bitte nochmals um Entschuldigung. Ich suche dringlich einen Arzt, der sich Vitus von Campodios nennt.«
    »Was? Mich? Warum?«
    »So seid Ihr der von mir Gesuchte?« Der Fremde verglich im Stillen die Beschreibung, die man ihm gegeben hatte, mit der blonden Erscheinung vor ihm. Alle Merkmale schienen übereinzustimmen.
    »Selbstverständlich. Ich bin Vitus von Campodios. Wenn Ihr nun die Güte haben wollt, Euch näher zu erklären?«
    »Gern, Sir. Mein Name ist Morton of Edgehill, ich bin Kurier und reise im Namen Ihrer Majestät Elisabeth I., der Jungfräulichen Königin von England. Ich habe Euch dieses Schreiben zu übergeben. Bitte lest es, und folgt mir auf dem Fuße.«
    Vitus nahm den in einem schweren Umschlag steckenden Brief entgegen. »Wer sagt mir, dass Ihr die Wahrheit sprecht?«
    »Wenn Ihr derjenige seid, für den Ihr Euch ausgebt, werdet Ihr das Wappen Eurer Königin kennen. Erbrecht das Siegel und lest.«
    Klopfenden Herzens tat Vitus, wie ihm geheißen. Was mochte die Königin von ihm wollen? Woher wusste sie überhaupt, dass er sich auf Campodios aufhielt? Seltsam, das Ganze! Rasch überflog er die wenigen Zeilen. Dann blickte er auf. Es war so, wie er vermutet hatte. Elisabeth I. wünschte ihn umgehend zu sehen, denn ein gewisser Advocatus Hornstaple habe Ansprüche auf das Schloss Greenvale Castle und sämtliche Ländereien erhoben. Er würde demnächst angehört werden. Wortlos reichte er den Brief an den Magister weiter.
    Der las ihn und spuckte sogleich Gift und Galle: »Bei allen zwölf

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