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Die Mission

Die Mission

Titel: Die Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Rees
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»Verdammt dünn«, sagte er, »fast schon hager.«
    »Nicht hager, Kamerad Hexenjäger, gesund und schlank«, entgegnete die Wärterin. »Wir haben sie streng nach den Prinzipien der Leben&Mehr-Diät Seiner Heiligkeit Kamerad Crowley ernährt. Seit sie in Wewelsburg ist, hat sie nur Obst und gefiltertes Wasser bekommen. Jetzt ist sie von allen schädlichen Körperflüssigkeiten und Giften entschlackt. Sie ist genauso geläutert wie die andere in ExterSteine auch.«
    Die andere? ExterSteine?
    »Sehr gut«, erklärte der Hexenjäger. »Dann schafft sie in den Dampfwagen.«
    Irgendwie fand Norma die Kraft zu protestieren. »Moment mal, Kumpel, ich gehe nirgendwohin …«
    Ein harter Schlag ins Gesicht brachte sie zum Schweigen. »Halt den Mund, dich hat niemand gefragt. Noch ein Wort und ich lass dich knebeln. Mittlerweile kenne ich deine miesen Tricks. Und jeder hier ist vorgewarnt, sich nicht von deinen hinterhältigen Tricks und süßen Worten einwickeln zu lassen.«
    Norma wäre fast in Tränen ausgebrochen. Sie war so müde, so niedergeschlagen und hilflos, dass sie kurz vor dem Zusammenbruch stand. Die Schmerzen, die Kälte und die Erniedrigung waren nicht mehr zu ertragen. Sie wollte nur noch eins, aus der Demi-Monde raus und zurück nach Hause.
    Zumindest erlaubten sie ihr, den Anstand zu wahren, und gaben ihr einen knöchellangen Umhang aus rauer weißer Baumwolle, den sie sich dankbar umwarf. Anschließend fesselten sie ihr die Hände im Rücken und führten sie zu einem Dampfwagen, der schnaufend im Hof von Wewelsburg stand. Nun ja, es war nicht nur ein Wagen, sondern ein ganzer Konvoi. Offensichtlich wollte Crowley auf Nummer sicher gehen. Niemand würde Norma erneut befreien.
    Der Hexenjäger rief dem Kommandanten des Konvois zu: »Haben Sie die Befehle verstanden, Kamerad Sturmbannführer? Ihre Leute werden die Dämonin bis zum Hub eskortieren und dann um ExterSteine einen cordon sanitaire von einer Meile errichten. Unter keinen Umständen dürfen Sie oder einer Ihrer Männer sich ExterSteine nähern, sonst könnten die Vibrationen Ihrer unreinen Gedanken das Ritual stören, das Seine Heiligkeit Kamerad Crowley dort abhält. Ist das klar?«
    Der Sturmbannführer schlug die Hacken zusammen und salutierte.
    Sie würde also das Vergnügen haben, Crowley wiederzusehen, vermutlich, damit er seinen Übertragungsritus durchziehen konnte. Wahrscheinlich wäre sie in ein paar Stunden tot. Plötzlich wurde sie von einer seltsamen Gelassenheit ergriffen und beschloss, sich geistig auf ihr bevorstehendes Schicksal vorzubereiten.
    Seit sie vor einer Ewigkeit in die Kanalisation hinabgestiegen war, sah sie nun zum ersten Mal wieder Tageslicht. Das herrliche Gefühl der Sonne auf ihrem Gesicht überraschte sie. Als sie das letzte Mal draußen gewesen war, hatte der Winter die Demi-Monde noch fest im Griff gehabt, jetzt lag ein Hauch von Frühling in der Luft. Leider konnte sie sich nicht lange daran freuen. Der Hexenjäger stieß sie unsanft auf den Rücksitz des Wagens und verband ihr die Augen.
    Sie fuhren etwa zwanzig Minuten lang. Nachdem sie über einen ungepflasterten Weg gerumpelt waren, blieb der Wagen plötzlich stehen. Norma musste aussteigen. An dem Geruch ihrer Umgebung erkannte sie, dass sie nicht mehr in der Stadt waren. Die Luft roch fast frisch, keine Spur des fauligen Gestanks nach Überbevölkerung wie in den Straßen der Rookeries. Sie befand sich auf dem Land, und das bedeutete, im Hub. Als Norma Vögel zwitschern hörte, sah sie sich in ihrem Verdacht bestätigt. In den Rookeries sangen die Vögel nicht, sondern husteten.
    Man stieß sie unsanft vorwärts. Norma spürte den kalten Schnee unter ihren nackten Füßen, doch nach etwa zehn Minuten wurde er von harten Steinen abgelöst.
    »Da rauf«, fauchte der Hexenjäger ihr ins Ohr. Norma stolperte eine steile Steintreppe hinauf. Sie war so lang, dass ihr verletztes Knie höllisch weh tat und sie völlig außer Atem war, als sie endlich oben ankam. Der eisige Wind blies durch ihren dünnen Baumwollumhang, als man sie über etwas führte, was sich anfühlte wie eine schmale Holzbrücke.
    Schließlich hielt der Hexenjäger sie an einem vor Kälte zitternden Arm fest und nahm ihr die Fesseln ab. »Willkommen in ExterSteine, Dämonin«, dröhnte eine vertraute Stimme.
    Es war der Vorabend des Frühlings. Freyas Nacht.
    Die Nacht, in der Crowley seinen magischen Übertragungsritus abhalten würde. Und aus dem, was Ella von Trotzki und aus dem IM -Manual

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