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Die Mitternachtsrose

Die Mitternachtsrose

Titel: Die Mitternachtsrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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allein. Wieder zitterte ich, diesmal nicht nur wegen der Kälte, sondern auch ein wenig vor Angst. Als ich ein Taschentuch hervorholen wollte, spürte ich, wie sich braune Arme von hinten um meine Taille schlangen.
    » Was machst du denn ganz allein hier oben? Ich hab dich überall gesucht. « Indira drückte mich, und ihr warmer Atem schmolz das Eis, das sich in meinen Adern gebildet hatte.
    » Ich habe einen Blick auf England geworfen. «
    Sie drehte mich zu sich herum. » Du hast geweint, Anni. Warum? «
    » Ich weiß es nicht so genau « , antwortete ich ehrlich.
    Sie wischte mir eine Träne weg. » Wein nicht, Anni, und hab bitte keine Angst. Ich bin ja da. « Wieder schlang sie die Arme um mich und drückte mich an sich. » Und ich werde immer da sein. «

12
    Die folgenden zwei Wochen verbrachten wir alle in einem schönen viktorianischen Haus in der Pont Street in Knightsbridge. Dass es verglichen mit dem Palast nicht viel mehr als ein Kaninchenbau war, machte uns nichts aus, weil es draußen so viel zu sehen und zu tun gab. Obwohl Indira immer wieder klagte, wie sehr sie England hasse, sicherte sie sich sofort den Familienchauffeur, um mir London zu zeigen. Als Erstes fuhren wir die Pall Mall entlang zum Buckingham Palace und zur Wachablösung. Wir besuchten den Tower, wo Indira mir in allen schrecklichen Einzelheiten erzählte, wie Henry VIII . von England zwei seiner Ehefrauen ins Jenseits befördert hatte, um wieder heiraten zu können.
    » Wie albern, dass sie nur eine Frau haben dürfen und die umbringen müssen, wenn sie eine andere möchten! « Indira kicherte. » Pa könnte, wenn er wollte, bis zu acht Frauen haben. «
    Am Trafalgar Square fütterten wir die Tauben, die um die Nelsonsäule herumflatterten, bevor wir ein Themseschiff bestiegen. Doch Indiras Londoner Lieblingsort befand sich nur wenige Meter von unserem Haus in der Pont Street entfernt.
    Als sie mich hineinführte, teilte sie mir mit, dass wir gerade das berühmteste Geschäft der Welt betraten.
    » Ich liebe Harrods; hier kriegt man alles, von neuen Schlüsseln für ein kaputtes Schloss über Käse bis zu Kleidern– sogar indische Elefanten! Und außerdem… « , fügte sie im Lift hinzu, » …können wir alles auf Mas Rechnung setzen lassen. Also sag’s einfach, wenn du was möchtest. «
    Das Kaufhaus, wie sie es nannte, war in der Tat das reinste Paradies. Manchmal erlaubte Indira sich ein Spielchen mit einem der streng dreinblickenden Verkäufer, indem sie fragte, ob es hier auch Sittiche und Palisanderholzbäume gebe.
    » Die Sittiche finden Sie in der Haustierabteilung, Madam, und die Bäume in der für Gartenbedarf. Falls die von Ihnen gewünschten Dinge dort nicht vorrätig sein sollten, kann Harrods sie Ihnen sicher bestellen « , antwortete der Verkäufer dann.
    » Bitte, Indy, mach dich nicht über sie lustig! « , bat ich sie, vor Verlegenheit errötend, wenn sie sich kichernd entfernte.
    Sie führte mich hinauf in die riesige Spielwarenabteilung, wo die Verkäufer sie begrüßten wie eine alte Freundin.
    » Als kleines Kind bin ich oft aus dem Haus geschlichen, hab hier nach Herzenslust bestellt und einfach alles auf Mas Rechnung setzen lassen. Sie hat’s ewig nicht gemerkt « , erzählte Indira lachend, als sie mich über die sich bewegende Treppe, die sie Rolltreppe nannte, wieder nach unten leitete.
    » Willst du heute nichts kaufen? «
    » Nein, ich bin zu alt für Spielsachen, findest du nicht? Lass uns in die Damenabteilung gehen– ich hab noch nie ein Kleid von der Stange anprobiert. Das macht sicher Spaß! «
    Nachdem sie eine Schar Verkäuferinnen damit beschäftigt hatte, ihr eine Auswahl Kleider zu bringen, folgte ich Indira in den Umkleideraum. Nach zwei Stunden darin wurde ich allmählich ungeduldig.
    » Bist du sicher, dass deine Mutter nichts dagegen hat? « , fragte ich, als Indira sich in einem hübschen Kleid um die eigene Achse drehte und die Verkäuferin anwies, es auf den immer höher werdenden Stapel zu legen.
    » Erst wenn sie in ein paar Wochen die Kontoabrechnung bekommt « , antwortete sie grinsend.
    Auf dem Weg zum Haupteingang kamen wir an der Bücherabteilung vorbei, in der ich fasziniert den Blick schweifen ließ. Als Indira das sah, schlug sie, möglicherweise aus schlechtem Gewissen darüber, dass sie sich so viel Zeit beim Anprobieren der Kleider genommen hatte, vor zu bleiben.
    Und plötzlich wähnte ich mich im Schlaraffenland.
    Bei Harrods gab es endlose Reihen der Bücher, die ich

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