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Die Mütter-Mafia

Titel: Die Mütter-Mafia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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hatte, weil sie dachte, ich hätte etwas verschluckt. Vor der Führerscheinprüfung hatte ich eine halbe Packung Baldrianpillen nehmen müssen. Völlig ohne Wirkung, außer dass ich davon Durchfall bekommen und mich mit dem rückwärts Einparken extrem hatte beeilen müssen.
    Was, wenn diese Mütter mich durchschauten und sofort erkannten, wie unfähig ich doch war? Ich war auf ihrer Homepage gewesen und hatte mich durch jede Menge Artikel gelesen, in denen es um das Bildungspotenzial Vierjähriger ging. Demnach hätte Julius nicht nur längst mit Englischunterricht anfangen müssen, wir hätten die Fremdsprache auch in unseren Alltag integrieren müssen. Hurry up, please, we are late, boy! Für die arme Nelly kam jede Hilfe zu spät, aber Julius konnte ich noch retten. Ich musste einfach Mitglied bei diesen Frauen werden.
    Vielleicht sollte ich ein paar Englischvokabeln lernen, falls die Mütter meine eigenen Fremdsprachenkenntnisse überprüfen würden. Relevante Vokabeln. Education is my hobby. And to knüpf a Schutzangel. We have a Klavier, but nobody can drauf spielen.
    Oh mein Gott, ich würde versagen!
    Das kleine asiatische Mädchen wurde wieder von seiner Großmutter abgeholt, der Frau mit den angetackerten Ohren, die mich beinahe mit ihrem Mercedes überfahren hatte. Obwohl ich sie böse von der Seite anfunkelte, beachtete sie mich nicht. Später erst begriff ich, dass sie mich schlicht nicht wiedererkannte ohne meinen orangeroten Maleroverall.
    »Trödel nicht so, Emily, du musst doch heute zum Violinenunterricht, und ich habe einen Termin bei der Maniküre«, sagte sie. »Und dann kaufen wir einen neuen Mantel für dich.«
    »Ich will aber Barbie spielen«, sagte das kleine Mädchen.
    »Morgen kannst du Barbie spielen«, sagte die Getackerte. »Morgen ist dein Spielnachmittag.«
    Ach du liebe Güte! Kein Wunder, dass der arme Jaguarmann ein bisschen pervers geworden war, bei der Mutter! Wahrscheinlich hatte sie ihn viel zu früh auf den Topf gesetzt. »Beeil dich ein bisschen, Jaguarjunge, ich habe einen Termin bei der Maniküre.« Vielleicht hatte es auch ein thailändisches Kindermädchen gegeben ...
    Aber was zerbrach ich mir darüber den Kopf? Ich hatte genugeigene Sorgen. Den ganzen Nachmittag zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich morgen bei Frauke punkten konnte.
    Als Anne abends kam, um Jasper bei uns abzuholen, hatte ich eine geniale Idee: Ich würde mir einfach Verstärkung mitbringen zu diesem Probenachmittag. Mit Anne an meiner Seite würde ich mich viel sicherer fühlen. Ich musste es nur geschickt anstellen, um sie davon zu überzeugen, mit mir dort hinzugehen.
    Die beiden Jungs saßen am Esstisch und malten. In all dem strahlenden Weiß und Himmelblau wirkte das Mahagoni des Tisches gar nicht mehr so hässlich, ja, in dieser Umgebung wirkte es sogar ziemlich edel. Deshalb hatten Mimi und ich beschlossen, die Essgruppe so zu lassen, wie sie war, und nur die hässlichen Stuhlpolster zu ersetzen. Um das Mahagoni konkurrenzlos im blau-weißen Raum wirken zu lassen, hatte ich den Weichholz-Küchenschrank, den ich Lorenz zur Hochzeit geschenkt hatte, weiß lasiert. So hatte er einen völlig neuen Charakter bekommen und erinnerte mich nicht mehr an Lorenz und unsere gemeinsame Zeit.
    »Scheiße, ich bin wieder spät dran«, sagte Anne. »Es wird heute auch nur Pizza geben und zum Nachtisch eine Vitamintablette. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine gesunde Mahlzeit zubereitet habe. Oh, Jasper, Süßer, das ist ja eine tolle Raupe.«
    »Das ist keine Raupe, das ist ein Bus«, schrie Jasper.
    »Die beiden sind im Augenblick busfixiert«, sagte ich.
    Anne seufzte. »Ich krieg wieder mal gar nichts mit. Ich Rabenmutter. Max ist sauer, weil ich nicht auf dem Elternabend war. Da ging's um pubertäre Probleme, und Max meinte, da könnte ich vielleicht lernen, wie ich mit seinen Macken umgehen sollte. Haha. Welche Macken denn? Ich habe ihm gesagt, dass meine eigene Pubertät noch gar nicht so lange zurückliegt, und dass ich - im Gegensatz zu ihm - meinen Eltern wirklich Probleme gemacht habe. Ehrlich gesagt war ich noch mit dreißig ziemlich pubertär. Max sagt, ich sei eine unsensible Mutter,wenn ich seine Probleme nicht mal erkennen würde. Nur weil er keine schlechten Noten hätte und keine Drogen nähme, solle ich mich nicht in Sicherheit wiegen. Was meint er wohl damit? Ob er demnächst eine Vierzehnjährige schwängert, um mir zu beweisen, wie schwierig er ist? Ich wäre ja zu diesem

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