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Die Mumie

Die Mumie

Titel: Die Mumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ab, legte sich die Robe um, nachdem er ein Stück abgeschnitten hatte, das er sich um den Kopf band.
    Jetzt sah er, abgesehen von den blauen Augen, wie ein Araber aus. Aber er wußte, wo er eine dunkle Sonnenbrille bekommen konnte. Auf dem Basar hatte er welche gesehen.
    Und der befand sich auf dem Rückweg zum Museum. Er setzte sich im Laufschritt m Bewegung.

    Henry war fast krepiert, nachdem er aus dem Shepheard Hotel zurückgekehrt war. Irgendwie hatte die kurze Unterhaltung mit Elliott eine seltsame Wirkung gehabt, sie hatte ihn aller Kräfte beraubt.
    Er versuchte sich einzureden, daß er Elliott Savarell verabscheute und sich auf dem Weg nach Amerika befand, wo er Elliott und seinesgleichen nie wiedersehen würde.
    Doch die Begegnung verfolgte ihn. Jedes Mal, wenn er auch nur ein wenig nüchtern wurde, sah er Elliott wieder vor sich, der ihn mit Verachtung ansah. Und er hörte den kalten Haß in Elliotts Stimme.
    Elliott hatte Nerven, sich derart gegen ihn zu stellen. Vor Jahren, nach einer kurzen und dummen Affäre, hätte Henry die Möglichkeit gehabt, Elliott zu vernichten, und er hatte es nur aus dem Grund nicht getan, weil es grausam gewesen wäre.
    Er hatte stets angenommen, Elliott wäre ihm dankbar dafür. Er hatte Elliotts Geduld und Höflichkeit als Ausdruck dieser Dankbarkeit gesehen. Elliott war im Lauf der Jahre stets höflich und zuvorkommend zu ihm gewesen.
    Nicht jedoch gestern. Und das Gräßliche war, daß der Haß, den Elliott gezeigt hatte, nur die Kehrseite des Hasses war, den Henry selbst für alle anderen empfand. Das hatte Henry die Laune vergällt und ihn verbittert.
    Und es hatte ihm Angst gemacht.

    Ich muß weg von ihnen, von allen, sagte er sich. Sie kritisieren mich nur und verkennen mich, und dabei sind sie selbst keinen Pfifferling wert.
    Wenn sie Kairo verlassen hatten, würde er aufhören zu trinken, ins Shepheard zurückkehren und ein paar Tage friedlich schlafen. Dann würde er sich mit seinem Vater einigen und mit dem beachtlichen kleinen Vermögen, das er gespart hatte, nach Amerika aufbrechen.
    Im Augenblick jedoch hatte er noch nicht die Absicht, sein Leben zu ändern. Heute fand kein Kartenspiel statt. Er würde es locker angehen und einfach den Scotch genießen. Er würde lediglich in seinem Rattansessel dösen und das Essen, das Malenka ihm zubereitet hatte, zu sich nehmen, wo und wann es ihm beliebte.
    Malenka selbst wurde ein wenig zur Nervensäge. Sie hatte ihm gerade ein englisches Frühstück zubereitet und wollte, daß er zum Tisch kam. Er hatte sie mit dem Handrücken geschlagen und ihr befohlen, ihn in Ruhe zu lassen.
    Dennoch fuhr sie mit ihren Vorbereitungen fort. Er konnte den Kessel pfeifen hören. Das Geschirr hatte sie auf den kleinen Rattantisch im Innenhof gestellt.
    Der Teufel sollte sie holen. Er hatte drei Flaschen Scotch, das genügte. Vielleicht würde er sie später aussperren, wenn sich die Gelegenheit bot. Die Vorstellung gefiel ihm, ganz allein hier zu sein. Trinken und Rauchen und träumen. Und vielleicht Musik hören. Sogar an den verdammten Papagei gewöhnte er sich langsam.
    Während er eindöste, kreischte und gluckste der Papagei in seinem Käfig. Er spazierte an der Decke entlang. Graue Afrikaner machten so etwas gern. Eigentlich fand er, daß das Ding wie ein riesiges Insekt aussah. Vielleicht sollte er den Vogel umbringen, wenn Malenka nicht da war.
    Er spürte, wie er entschwebte, eindöste, am Rand eines Traums trieb. Er trank noch einen Schluck des milden Scotchs und ließ den Kopf auf die Seite fallen. Julies Haus, die Bibliothek, das Ding an seiner Schulter, der Schrei, der sich aus tiefer Kehle entwand.
    »Herrgott!« Er schnellte aus dem Sessel hoch, das Glas fiel ihm aus der Hand. Wenn nur dieser Traum aufhören würde…

    Elliott mußte stehenbleiben und tief Luft holen. Die beiden her-vorstehenden Augen sahen ihn über den schwarzen Umhang an. Es schien, als wollten sie im Sonnenlicht blinzeln, aber die halb geschlossenen Lider schlossen sich nicht. Die Hand der Frau zog den Umhang näher an ihr Gesicht, als wollte sie sich vor seinem Blick verstecken.
    Er flüsterte leise auf lateinisch und bat um Geduld. Die Droschke konnte nicht ganz bis zum Haus fahren, zu dem sie wollten. Aber es waren nur noch ein paar Schritte.
    Er wischte sich mit dem Taschentuch die Stirn ab. Aber Moment mal. Die Hand. Die Hand, die den schwarzen Stoff über den Mund hielt. Er betrachtete sie von neuem. Die Sonne hatte sie verändert. Die Wunde am

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