Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
Badezimmer ließ er Wasser einlaufen, während er sich rasierte, und legte sich dann in die Wanne, die viel zu kurz für seine langen Beine war, aber das Wasser war angenehm heiß. Wieder im Schlafzimmer, zog er sich an, verschönerte seine Uniform durch ein gestärktes Hemd und eine schwarze Seidenkrawatte von Gieves und schlüpfte in seine besten halbhohen Stiefel, nachdem er sie vorher rasch mit einem Taschentuch auf Hochglanz poliert hatte. Er bürstete sich das Haar, drehte den Kopf nach links und rechts, um sein Profil zu bewundern, nahm dann befriedigt das inzwischen leere Glas und ging wieder ins Souterrain hinunter.
    Penelope war verschwunden - vermutlich suchte sie in den Schränken ihrer Mutter etwas, das sie anziehen konnte. Er hoffte, sie würde ihn nicht blamieren. Im Schein der Flammen wirkte das Wohnzimmer ganz romantisch. Er schenkte sich noch einen Scotch ein und untersuchte die aufgestapelten Schallplatten. Es war meist klassische Musik, doch zwischen Beethoven und Mahler fand er eine Platte mit Liedern von Cole Porter. Er legte sie auf den Plattenteller und zog das uralte Grammophon auf.
    You’re the top,
    You’re the Coliseum,
    You’re the top,
    You’re the Louvre Museum.
    Mit halb geschlossenen Augen, ein imaginäres Mädchen in den Armen haltend, fing er an zu tanzen. Vielleicht könnten sie nach dem Theater und einem kleinen Essen in einem intimen Restaurant in einen Nachtclub gehen. Ins Embassy oder ins Bag of Nails. Wenn sein Geld ausginge, könnten sie mit einem Scheck bezahlen. Mit ein bißchen Glück würde er nicht platzen. »Ambrose.«
    Er hatte sie nicht gehört. Ein bißchen verlegen, bei seiner kleinen Pantomime ertappt worden zu sein, blieb er stehen und drehte sich um. Sie kam durch den langen Raum auf ihn zu und wartete ein wenig befangen auf eine anerkennende Bemerkung, aber dieses eine Mal war er um Worte verlegen, denn in dem warmen Licht der Lampe und der Flammen im Kamin sah sie wunderschön aus. Das Kleid, für das sie sich schließlich entschieden hatte, mochte vor fünf Jahren einmal modern gewesen sein. Es war aus cremefarbenem, mit karmesinroten und scharlachroten Blüten bedrucktem Chiffon, und der Rock fiel glatt über ihre schlanken Hüften und bildete dann fließende Falten. Das Mieder hatte winzige Knöpfe bis zu dem kleinen runden Ausschnitt, und darüber war ein capeartiges Oberteil aus mehreren Chiffonlagen, das all ihren Bewegungen folgte und sich bei den rascheren Schritten, die sie nun machte, wie Schmetterlingsflügel zu öffnen schien. Sie hatte das Haar hochgesteckt, so daß ihr langer Hals, ihre anmutige Nackenpartie und ein Paar Ohrringe mit silbergefaßten Korallen wunderbar zur Geltung kamen. Sie hatte sich die Lippen korallenrot geschminkt und roch betörend. Er sagte: »Du duftest wunderbar.«
    »Chanel Nummer fünf. Es war noch ein kleiner Rest in der Flasche. Ich fürchtete schon, der Geruch sei verflogen.«
    »Er ist nicht verflogen.«
    »Nein. Wie sehe ich aus? Wird es so gehen? Ich habe fünf oder sechs Kleider anprobiert, und dies schien mir am besten zu stehen. Es ist schrecklich alt und etwas zu kurz, weil ich größer bin als Sophie, aber.«
    Ambrose stellt sein Glas ab und streckte die Hand aus. »Komm her.«
    Sie tat es und legte ihre Hand in seine. Er zog sie an sich und küßte sie sehr zärtlich und behutsam, weil er nichts tun wollte, was ihre elegante Frisur oder ihr dezentes Make-up ruinieren könnte. Der Lippenstift schmeckte süß.
    Er trat einen Schritt zurück und lächelte in ihre leuchtenden dunklen Augen hinunter.
    »Ich wünschte fast, wir brauchten nicht auszugehen«, sagte er. »Wir werden ja zurückkommen«, erwiderte sie, und sein Herz begann vor Vorfreude schneller zu klopfen.
    The Dancing Years war eine sehr romantische Show, sentimental und ziemlich unglaubwürdig. Viele der Mädchen auf der Bühne trugen Dirndlkleider und viele Männer Lederhosen, es gab schmalzige Lieder, und die Darsteller verliebten sich ineinander, entsagten ihrer Liebe tapfer und sahen sich beim Abschied schmachtend in die Augen, und jede zweite Melodie war ein Walzer. Als es vorbei war, traten sie auf die stockdunkle Straße hinaus, fuhren den Piccadilly hoch und gingen bei Quaglino’s essen. Eine Band spielte, und auf der winzigen Tanzfläche drehten sich Paare, die Männer alle in Uniform und viele der Mädchen auch.
    Bumm.
    Warum macht mein Herz bumm Und immerfort Bumm-bumm.
    Zwischen den Gängen tanzten Ambrose und Penelope ebenfalls,

Weitere Kostenlose Bücher