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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Tonband und ein Stück Straße, auf dem ein paar Beobachtungen gemacht wurden. Wir stellen eine Hypothese auf und versuchen sie zu beweisen. Mehr können wir nicht tun im Moment.»
    «Dann ist es also nur eine Hypothese, dass meine Tochter tot ist?» Er zuckte mit den Achseln und nickte. Und nicht einmal dabei bewegte sich ein Härchen. Zwei Stunden saß er bei mir. Draußen war es längst dunkel geworden, ehe das Telefon klingelte. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein. Es war Olgert. Klinkhammer stürzte in die Diele, kaum dass er die Stimme seines Kollegen erkannt hatte. Er riss den Hörer an sich und schaltete den Anrufbeantworter aus.
    Ich stand bei der Küchentür und versuchte, von seiner Miene abzulesen, was Olgert ihm mitteilte. Es aus Klinkhammers Antworten zu erkennen war unmöglich. Zweimal «ja», einmal «nein», einmal «in Ordnung». Dann legte er auf und wandte sich mir zu. Sie hatten nichts gefunden.
     
    Klinkhammer wollte wissen, ob ich alleine zurechtkäme. Ich nickte und brachte ihn zur Haustür. «Kennen Sie einen zuverlässigen Mann, den ich für fünftausend Mark engagieren könnte?»
    Er war ehrlich erstaunt. «Sie wollen einen Privatdetektiv einschalten?»
    «Kennen Sie einen?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Aber einen pensionierten Kollegen kennen Sie doch sicher.»
    «Frau Zardiss, was versprechen Sie sich davon?»
    «Nita», sagte ich. «Ich will Nita. Es sieht doch so aus, als könne nur sie Ihre Hypothese widerlegen.»
    Er schüttelte noch einmal den Kopf. «Sie werfen nur Ihr Geld zum Fenster raus.»
    «Es ist das Geld meines Vaters. Und es ist der Wunsch meines Vaters.»
    Er zuckte mit den Achseln und ging zu seinem Auto. Ich stand noch ein paar Minuten lang in der offenen Haustür und überlegte, ob ich mir ein Taxi rufen sollte für den Weg ins Dorf, um mein Auto zu holen, oder lieber zu Fuß gehen. Es war kalt, feucht und windig. Dann fiel mir ein, dass ich nicht unbedingt mein Auto brauchte. Vaters Mercedes stand in der Scheune, und in Vaters Nachttisch lag der Ersatzschlüssel. Die Wagenpapiere befanden sich in seiner Brieftasche, und die hatte er bei sich im Krankenhaus. Aber der Kfz-Schein interessierte mich nicht.
    Aus dem Telefonbuch suchte ich mir die Adresse von Uwe Lengries. So viel hatte ich begriffen: Die Auskünfte über Nitas Wut und Nitas Absichten waren von Lengries gekommen. Ein Uwe war nicht verzeichnet, nur ein Peter. Der Vater vermutlich.
    Es war ein paar Minuten nach neun, als ich Vaters Wagen aus der Scheune lenkte. Ich kam an der Praxis vorbei. Jürgens BMW stand auf dem Parkplatz, hinter zwei Fenstern brannte Licht. Für einen Moment hatte ich das Bedürfnis, anzuhalten und hinaufzugehen. Es ging rasch vorbei.
    Vier Minuten später hielt ich am Straßenrand vor der Cityreinigung. Sie lag im Erdgeschoss des Gebäudes. Darüber gab es drei Stockwerke mit Wohnungen. Aus der Anordnung der Klingeln neben dem Privateingang schloss ich, dass Uwe Lengries und seine Eltern in der zweiten Etage lebten. Es musste jemand daheim sein, sämtliche Straßenfenster im zweiten Stock waren erleuchtet. Doch auf mein wiederholtes Klingeln geschah nichts.
    Ich dachte daran, auf mehrere andere Klingelknöpfe zu drücken, um wenigstens ins Haus zu gelangen. Aber plötzlich hatte ich keine Lust mehr, mit Uwe Lengries zu reden. Ich stand auf der Straße neben Vaters Wagen und war allein. Mir graute davor heimzufahren. Es war kein Haus, in dem ein Mensch allein sein konnte, nicht mit solchen Bildern im Kopf. Ein Stück Straße, ein grauer Kleinbus, ein Mädchen im Regen neben der Beifahrertür. Und aus dem Bus stieß eine Hand mit einem Messer   …
    Noch einmal spielte ich mit dem Gedanken an Jürgen. Aber um mit einem Menschen zu reden, musste ich nur ein Stück die Straße hinunterfahren und einmal links abbiegen. Da lag das Krankenhaus. Also stieg ich ein und fuhr und bog ab.
    Auf dem großen Besucherparkplatz standen nur noch wenige Fahrzeuge. Es war fast zehn, nicht mehr die passende Zeit für einen Besuch am Krankenbett. Der Haupteingang war längst verschlossen. Und der Nachtpförtner dachte nicht daran, seine Glaskabine zu verlassen und sich zu erkundigen, was ich so spät noch wünschte. Er machte nur eine bezeichnende Geste auf seinen linken Unterarm.
    Von Jürgen wusste ich, dass die Notaufnahme auch nachts geöffnet war. Nur glaubte ich nicht, dass man mich dort so einfach durchließe. Ich hatte Glück. In dem kleinen Vorraum, der tagsüber als Wartezimmer für die

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