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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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war Scharfschütze wider Willen während meines Militärdienstes. Sie haben mich mit allen möglichen Dingern schießen lassen.«
    »Seltsam«, meinte Veyrenc, als er sich umdrehte. »Er hat sie gewechselt.«
    Adamsberg wählte Émeris Nummer.
    »Was gewechselt?«, sagte er.
    »Seine Sachen. Mortembot hat sich umgezogen. Poloshirtund passende graue Sweathose. Wozu, wo er doch allein zu Hause eingeschlossen war?«
    »Um den Dreck von seinem Aufenthalt im Gefängnis loszuwerden, oder? Erscheint mir logisch. Habe ich dich geweckt, Émeri? Beeil dich, herzukommen. Mortembot ist tot.«
    »Hatte das nicht bis morgen Zeit?«, fragte Veyrenc.
    »Was?«
    »Das Umziehen.«
    »Verdammt, Louis, das kann uns doch egal sein. Er ist pissen gegangen, der Mörder hat auf diesen Moment gewartet. Mortembot zeigt sich ihm frontal, in vollem Licht und unbeweglich vor der Fensterluke. Geradezu perfekte Zielscheibe. Schweigend ist er zusammengebrochen, der Seigneur Hellequin hat ihn sich geholt, und dazu noch mit einer traditionellen Waffe.«
    »Traditionell, aber aufgerüstet auf eine Barnett Buck Commander, hast du gesagt.«
    »Für einen solchen Schuss kann ich mir nichts anderes vorstellen. Aber so ein Apparat wiegt immerhin seine drei Kilo und ist fast einen Meter lang. Selbst in klappbarer Form kannst du die nicht einfach unter die Jacke stecken. Der Kerl musste wissen, wo er sie hinterher lässt.«
    »Wer besitzt heute so ein Ding?«
    »Viele Jäger. Es ist die typische Waffe der Wilddiebe, die einiges riskieren, da sie ja nicht auffallen wollen. Und so was nennt sich auch noch ›Freizeitwaffe‹, Kategorie 6, freier Waffenbesitz, angesehen als Spiel oder Sport. Ein Spiel, dass ich nicht lache.«
    »Warum hast du nicht an so etwas gedacht?«
    Adamsberg betrachtete lange die Fensteröffnung, die zerbrochene Scheibe, die Eisenstange.
    »Ich habe vor allem gedacht, dass bei dem Hindernis der Glasscheibe jedwedes Geschoss zwangsläufig abgelenkt würde, egal ob Kugel oder Pfeil. Das Resultat wäre zu ungewiss,als dass ein Mörder es wagen würde, da hindurchzuschießen. Aber sieh dir diese Scheibe mal genau an, Louis. Das ist es, was wir nicht überprüft haben.«
    Émeri trat ins Haus, nur zwei Knöpfe seiner Uniformjacke waren geschlossen.
    »Tut mir leid, Émeri«, sagte Adamsberg. »Ein Armbrustpfeil durchs Toilettenfenster. Gerade als der Mann pinkeln war.«
    »Die Fensterluke? Aber die hat eine Stange in der Mitte!«
    »Das Geschoss ist durch, Émeri. Und direkt in seine Kehle hinein.«
    »Eine Armbrust? Aber damit kann man höchstens auf zehn Meter einen Hirsch verletzen.«
    »Nicht mit der hier, Émeri. Hast du Lisieux informiert?«
    »Sie sind unterwegs. Dafür übernimmst du die Verantwortung, Adamsberg. Du leitest die Ermittlung. Und deine Leute hatten Wachdienst.«
    »Aber auch meine Leute können nicht aus vierzig Metern Entfernung in einen Wald hineinsehen. Vielmehr hättest du den Zugang durch diese Luke voraussehen müssen. Du warst beauftragt, alle Risiken des Ortes genauestens einzuschätzen.«
    »Ich hätte also auch den Schuss einer Armbrust durch ein Mauseloch voraussehen müssen?«
    »Sagen wir, ein Rattenloch.«
    »Dieses Rattenloch hatte eine dicke Glasscheibe davor, die jedes x-beliebige Projektil abgelenkt hätte. Der Schütze konnte diesen Weg nicht wählen.«
    »Sieh dir die Scheibe an, Émeri. Nicht ein Glassplitter ist im Holz zurückgeblieben. Sie ist vorher sorgfältig herausgeschnitten worden, so dass ein leichter Stups mit dem Finger genügt hätte, sie herausfallen zu lassen.«
    »So dass sie das Geschoss nicht abgelenkt hat.«
    »Genau. Und wir haben die Kratzspur des Diamanten auf dem Rahmen nicht bemerkt.«
    »Das erklärt nicht, warum der Kerl sich für die Armbrust entschieden hat.«
    »Wegen der Lautlosigkeit. Der Schütze muss außerdem das Haus von Mortembots Mutter gekannt haben. Es liegt überall Teppichboden, selbst in der Toilette. Die Scheibe ist völlig geräuschlos zu Boden gefallen.«
    Émeri schlug den Kragen seiner Jacke hoch und knurrte verärgert.
    »Hier in der Gegend«, sagte er, »haben die Leute eher Gewehre. Wenn der Mörder keinen Alarm auslösen wollte, konnte er mit einem Schalldämpfer und einer Unterschallkugel schießen.«
    »Selbst das kracht noch. Ungefähr wie ein 22er Druckluftgewehr, also viel lauter als eine Armbrust.«
    »Trotzdem hört man auch da das Geräusch der Sehne.«
    »Aber das ist kein Ton, den man erwartet. Aus der Ferne kann man ihr Vibrieren für ein

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