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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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verstehen, hatte doch in zwei Jahren noch niemand den erwähnten Spross kräftiger werden sehen. Estalère folgte Adamsberg auf Schritt und Tritt, wie ein Reisender seinem Kompass, er entbehrte jedes kritischen Verstandes und vergötterte gleichzeitig den Lieutenant Retancourt. Der Antagonismus zwischen beider Wesensart stürzte ihn in große Ratlosigkeit, denn Adamsberg bewegte sich auf gewundenen Pfaden, während Retancourt geradlinig auf ihr Ziel zusteuerte, gemäß dem realistischen Spürsinn eines Büffels auf der Suche nach dem Wasserloch.So dass der junge Brigadier häufig an der Gabelung stehen blieb, unfähig, sich für einen der beiden Wege zu entscheiden. In solchen Augenblicken totaler Verwirrung ging er für die ganze Brigade Kaffee machen. Denn das konnte er perfekt, da er die Sonderwünsche jedes Einzelnen, so geringfügig sie sich von den anderen unterscheiden mochten, in seinem Gedächtnis gespeichert hatte.
    »Kommissar«, japste Estalère, »es hat eine Katastrophe im Labor gegeben.«
    Der junge Mann unterbrach sich, um auf seinen Notizzettel zu schauen.
    »Die Proben, die bei Momo entnommen wurden, sind unbrauchbar. Sie wurden am Ort der Lagerung durch Fremdeinwirkung verunreinigt.«
    »Mit anderen Worten«, schaltete Mercadet sich ein, im Augenblick hellwach, »einer der Techniker hat seine Kaffeetasse über die Pappen geschüttet.«
    »Seine Teetasse«, korrigierte Estalère. »Enzo Lalonde muss noch mal kommen, damit sie neue Analysen ansetzen können, aber die Ergebnisse werden wir nicht vor morgen haben.«
    »Ärgerlich«, murmelte Adamsberg.
    »Aber da die letzten Benzinspuren verlöschen können, hat der Präfekt angeordnet, Momo die Hände festzubinden, damit er keine Oberfläche mehr berührt.«
    »Was, der Präfekt ist über die Verunreinigung bereits informiert?«
    »Er ruft stündlich im Labor an«, sagte Mercadet. »Der Typ mit der Kaffeetasse hatte keinen guten Tag.«
    »Tee, der Typ mit der Teetasse.«
    »Es kommt aufs Gleiche raus, Estalère«, sagte Adamsberg. »Danglard, rufen Sie beim Präfekten an, und sagen Sie ihm, dass es sinnlos ist, sich an diesem Techniker zu rächen, wir werden Momos Geständnis noch vor heute Abend 22 Uhr haben.«
    Adamsberg betrat den Vernehmungsraum, mit den Fingerspitzen die Turnschuhe tragend, und bedeutete Noël durch ein Zeichen hinauszugehen. Über Momos Gesicht ging ein erleichtertes Lächeln, aber der Kommissar schüttelte den Kopf.
    »Nein, Mo. Dies ist das Ende deiner Heldentaten als Bandenchef. Weißt du, wen du diesmal angezündet hast? Weißt du, wer das ist?«
    »Sie haben’s mir gesagt. Der Typ, der Immobilien und Metalle herstellt. Clermont.«
    »Und der sie verkauft, Mo. In der ganzen Welt.«
    »Ja, der sie verkauft.«
    »Anders ausgedrückt, du hast eine der Säulen der nationalen Wirtschaft abgefackelt. Nicht weniger als das. Begreifst du?«
    »Ich war es nicht, Kommissar.«
    »Nicht das will ich von dir wissen. Ich frage dich, ob du begreifst?«
    »Ja.«
    »Was begreifst du?«
    »Dass er eine Säule der nationalen Wirtschaft ist«, sagte Momo mit einem Anflug von Schluchzen in der Stimme.
    »Mit anderen Worten, du hast Feuer im Land schlechthin gelegt. In diesem Augenblick, wo ich mit dir rede, ist man bei Clermont-Brasseur total verunsichert, und die europäischen Börsen beginnen unruhig zu werden. Ist dir das klar? Nein, erzähl mir nicht deine Geschichten von nebulösen Verabredungen im Park, von dir unbekannten Sportschuhen. Was ich wissen will, ist, ob du ihn zufällig getötet hast oder ob du es speziell auf Clermont-Brasseur abgesehen hattest. Fahrlässige oder vorsätzliche Tötung, das macht einen großen Unterschied.«
    »Bitte, Kommissar.«
    »Beweg deine Hände nicht. Hattest du es auf ihn abgesehen? Wolltest du mit deinem Namen in die Geschichte eingehen?Wenn ja, bist du erledigt. Streif diese Handschuhe über und zieh diese Schuhe an. Zieh einen davon an, das genügt mir.«
    »Sie gehören nicht mir.«
    »Zieh einen an«, sagte Adamsberg in etwas lauterem Ton.
    Noël, der, um zuzuhören, hinter der Scheibe stehen geblieben war, zuckte entrüstet die Schultern.
    »Er bringt den Kerl noch zum Heulen, so hart, wie er rangeht. Und dann heißt es immer, der Unmensch in der Brigade sei ich.«
    »Schon gut, Noël«, sagte Mercadet. »Wir haben Weisung. Momos Feuer hat sich bis zum Justizpalast ausgebreitet, es wird ein Geständnis verlangt.«
    »Und seit wann gehorcht der Kommissar so prompt solchen Weisungen?«
    »Seit er

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