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Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Die Nacht Hat Viele Augen -1-

Titel: Die Nacht Hat Viele Augen -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon Mckenna
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Er konnte ohne jeden Skrupel eine zitternde, weinende, halb nackte Frau barfuß über Steine und Geröll zerren. Dieses helle, strahlende Gefühl, das sich dank Raine in seinem Bewusstsein und in seiner Seele breitgemacht hatte, konnte er nun kühl und mit Abstand von allen Seiten betrachten – wie ein bizarres, gefährliches Phänomen.
    Eine halbe Stunde später, die sie schweigend verbrachten, hatten Raines Zähne aufgehört zu klappern. Er entschied, dass er lange genug gewartet hatte.
    »So sollte es wohl nicht laufen, was?«, erkundigte er sich.
    »Wie?« Ihre Stimme war sanft. Verwirrt. Ganz unschuldig.
    »Dass ich überlebe. Lästig ist das, nicht wahr? Wirft den ganzen Plan über den Haufen.«
    »Seth, wovon redest du?«
    Das musste er ihr lassen. Sie war überzeugend bis ins letzte Detail.
    »Komm schon, Raine. Du kannst doch nichts mehr dadurch erreichen, wenn du weiter lügst. Sag mir, wie dein Freund uns gefunden hat.«
    »Du glaubst doch wohl nicht, dass ich …« Sie hielt inne und schüttelte den Kopf. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie war wirklich eine gute Schauspielerin.
    »Ich bin sauber. Du bist sauber. Der Wagen ist sauber. Wir haben keine Kreditkarten benutzt. Wir sind mitten im Nirgendwo, haben mit einem falschen Ausweis eingecheckt. Sicher, irgendwann hätten sie uns gefunden, aber wieso ist ihnen das so schnell gelungen? Kannst du mir das erklären, Süße?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Tu das nicht, Seth.«
    »Geh doch duschen, Seth«, äffte er sie nach. »Das wird deinen Rücken entspannen. Ich bestelle uns etwas zu essen. Du brauchst dich um nichts zu kümmern.«
    »Ich habe nur Cheeseburger, Pommes frites und eine Cola bestellt«, flüsterte sie.
    Er ließ es sich durch den Kopf gehen. »Ich hätte das genauer durchdenken müssen«, sagte er. »Du bist Victors lange verloren geglaubter Liebling, richtig? Wie ich gehört habe, ist der Mann hundertfünfzig Millionen wert. Ich kann es fast verstehen, selbst wenn er deinen Daddy umgelegt hat. Aber lassen wir die Vergangenheit ruhen, ja? Was ist schon ein kleiner Mord? Das kommt in den besten Familien vor.«
    »Hör auf!«, protestierte sie. »Du hast doch gesehen, was in meinem Haus passiert ist! Das war äußerst real, Seth!«
    »Ja, das macht die Dinge etwas komplizierter«, gab er zu. »Aber eine Frau wie du hat vielleicht alle möglichen Feinde. Insbesondere dann, wenn du deine Liebhaber immer so behandelst, wie du mit mir umgesprungen bist.«
    Sie hatte ihre Tränen mittlerweile unter Kontrolle, wenn man davon ausging, dass sie überhaupt echt waren. »Ich habe dich nie angelogen, Seth«, sagte sie mit so viel Würde in der Stimme, wie sie aufbringen konnte. »Wohin fahren wir?«
    »Dahin, wo du keinen Schaden mehr anrichten kannst.«
    Sie zuckte zusammen. »Ich würde niemals irgendetwas tun, um dir zu schaden.«
    Er erlaubte sich kurz, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, dass sie die Wahrheit sagte. Doch er schreckte vor diesem Gedanken zurück.
    Zu gern wollte er, dass es die Wahrheit war. Aber das war sein Schwachpunkt, seine Achillesferse. Er musste es irgendwie ausgleichen, selbst wenn ihn das umbrachte.
    Der Plan, den er sich gerade zusammenreimte und nach dem Raine ihn verraten hatte und in den Tod schicken wollte, ergab absolut einen Sinn in der Welt, in der Jesse gefoltert und getötet worden war. Er passte perfekt in eine Welt, in der eine Mutter absichtlich so viele Tabletten nehmen konnte, dass sie am nächsten Morgen einfach nicht mehr aufwachte. Das war die reale Welt, wo die entsetzlichsten Dinge geschehen konnten. Es gab absolut keine Regeln. Dem Horror waren keine Grenzen gesetzt.
    Er presste eine Hand auf seine Seite, ihm war leicht schwindlig. Sein Pullover weichte langsam durch, und der Schnitt pochte und brannte.
    Raine sah das Blut an seiner Hand. »Du bist verletzt!«
    »Kein Problem, wir sind fast da.«
    »Warum hast du mir das nicht gesagt? Halt sofort an, damit ich …«
    »Noch ein Wort, und du kommst in den Kofferraum.«
    Mit brennenden Augen starrte sie auf die Windschutzscheibe, gegen die der Regen prasselte. Die Lüftung blies Hitze ins Wageninnere, die sie jedoch nicht erreichte. Sie fühlte sich, als hätte sie sich auf einem Gletscher verlaufen. Ihr würde niemals wieder warm werden. Sie wurde von unbekannten Auftragskillern verfolgt, und der Mann, den sie liebte, glaubte, dass sie ihn ausgeliefert hätte. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen.
    Nein, das stimmte nicht. Wenn es dem Mann im

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