Die Nacht Hat Viele Augen -1-
aufwendigen und beliebten Partys gekommen.
Vor einem Jahr hatten Novak und er ein unglaublich profitables Geschäft abgeschlossen, und in dem folgenden Rausch der Euphorie hatte Novak ihn überredet, ihm Belinda persönlich vorzustellen. So weit reichte seine Schuld. Das war die Gesamtsumme seiner Verantwortlichkeit.
Irgendwie war es Novak tatsächlich gelungen, das leichtlebige Mädchen zu erobern. Vielleicht war es das Geschenk gewesen, eine Kette aus schwarzen Südseeperlen, vielleicht aber auch Novaks gefährliche Ausstrahlung. Der Geschmack von Frauen war unvorhersehbar. Jedenfalls war sie seinen Charme irgendwann leid geworden, und La Corazon hatte geglaubt, sie könne den Burschen genauso einfach loswerden wie all die anderen. Doch diesen Irrtum hatte sie mit ihrem Leben bezahlt.
Victor nahm eine Zigarette aus seinem antiken silbernen Etui und hob sie mit einer gelangweilten Geste. Im gleichen Augenblick wurden die Türen hinter ihm geöffnet, und die Assistentin kam zu ihm geeilt. Mit einigen Schwierigkeiten wegen des heftigen Windes entzündete sie seine Zigarette und blieb dann schweigend stehen, um weitere Anweisungen entgegenzunehmen.
Seine erfahrenen Augen glitten über das Gesicht und den Körper der jungen Frau. Er tauschte sie oft aus, damit es nicht langweilig wurde. Und diese war ziemlich neu. Er musterte die festen, vollen Brüste des Mädchens, ihre schlanke, sportliche Figur. Sie war brünett mit langem glattem Haar und schrägen haselnussbraunen Augen. Verführerisch. Durch die Kälte hatten sich ihre Nippel aufgerichtet. Sie waren dunkel und fest, deutlich sichtbar unter ihrer eng anliegenden Bluse. Der Wind fuhr ihr ins Haar und peitschte es über ihr hübsches Gesicht. Er warf einen Blick auf ihre vollen roten Lippen und war versucht … Nein!
Nicht heute Abend. So selten konnte er das Gefühl genießen, wirklich am Leben teilzuhaben. Seit Peters Tod hatte er sich nicht mehr so lebendig gefühlt. Diesen Moment wollte er ganz für sich allein genießen.
Er lächelte die junge Frau freundlich an und brauchte einen Augenblick, um sich an ihren Namen zu erinnern. »Vielen Dank, Mara. Das wäre dann alles.«
Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und zog sich zurück. Sie war entzückend, wirklich. Morgen vielleicht würde er sie sich gönnen. Im Moment aber wollte er nur in seiner Euphorie schwelgen, über die neuen Figuren auf seinem Spielbrett nachsinnen und wie er sie am besten setzen konnte.
Das Spiel war komplex und dauerte lange. Er wusste so viele intime Details von Prominenten der Stadt und des Staates, von Geschäftsleuten und Politikern, dass er gegenüber dem Gesetz praktisch immun war. Und seine großzügigen finanziellen Zuwendungen, Geschenke, Stiftungen und Wahlkampfspenden erledigten den Rest. Victor Lazar, Pfeiler der Gesellschaft, augenzwinkernder Philanthrop und Veranstalter von legendären Partys. Und sein schillernder Ruf machte seine Einladungen nur noch interessanter. Die Menschen liebten es, etwas Unanständiges zu tun. Eine weitere angenehme Konstante des täglichen Lebens. Die Party, die am Samstagabend auf Stone Island stattfinden würde, konnte sich als unterhaltsamer erweisen als alles bisher Dagewesene, weil nun noch ein paar unberechenbare Figuren mitspielten.
Ja, er hatte dringend eine Herausforderung gebraucht, ebenso wie die liebliche, unerfahrene Raine. Sie war eine Unbekannte, sogar für sich selbst. Es war höchste Zeit, dass sie das ganze Ausmaß ihres neuen Aufgabenbereichs kennenlernte.
Seth Mackey. Das war also sein Name. Raine formte ihn zum hundertsten Mal mit den Lippen, während sie das Haus betrat. Das Büro war den ganzen Tag über eine brodelnde Gerüchteküche gewesen, und sie hatte alles aufgesaugt wie ein Schwamm. Jedes Mal, wenn Harriet ihnen den Rücken kehrte, hatten die Sekretärinnen sofort über Seth Mackey getuschelt – über sein Aussehen, seinen Stil, seine durchdringenden Augen. Offensichtlich war er ein erstklassiger Sicherheitsberater, der das Lagersystem mit modernster ID -Technologie revolutionieren würde. Sie war extra eine Stunde länger bei der Arbeit geblieben und hatte versucht herauszufinden, wie sie diese Information über das neue Sicherheitskonzept auf der erst vor Kurzem überarbeiteten Website unterbringen konnte.
Sie knöpfte ihren Mantel auf und entdeckte einen Umschlag im Briefschlitz der Tür. Er war von der Gerichtsmedizin in Severin Bay. Sofort schlug ihr das Herz bis zum Hals. Als sie in Seattle
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