Die Nacht Hat Viele Augen -1-
fest davon überzeugt, dass du den Ball von nun an flach halten würdest, oder?«, erkundigte sich Victor. »Seine Organisation hat auch so schon genug Imageprobleme. Zu erfahren, dass sein missratener Sohn in den grausigen Mord an einem berühmten Topmodel verwickelt ist, würde ihn sicherlich aufregen. Stell dir das Medienspektakel vor.«
Novak schwieg einen Moment. »Wie viel willst du für die Bänder?«
»Sei nicht so banal, Kurt. Es geht nicht um Geld. Die Bänder sind nicht zu verkaufen. Sie werden in meiner privaten Sammlung bleiben. Für immer.«
In der aufgeladenen Stille, die folgte, spürte er etwas, das ihn wie eine Droge durchflutete. Das triumphierende Gefühl, ein Manöver in einem Machtspiel richtig ausgeführt zu haben. Es gab keine Videobänder, noch hatte es jemals welche gegeben. Er hatte nur Informationen, die er aus einem seiner Träume hatte, vorsichtig formulieren müssen. Chronologie fiel oft farbigem Symbolismus zum Opfer. Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, diese Variable auszugleichen.
»Was willst du, Victor?« Novak hatte sich wieder unter Kontrolle, seine Stimme klang neutral, als würde er sich erkundigen, welchen Brandy Victor bevorzuge.
»Ich möchte in deinen Geschäftskreisen wieder einen besonderen Platz einnehmen, Kurt. Ich bitte lediglich darum, dass du meine Ausgaben übernimmst – wenn du die Pistole haben möchtest natürlich. Fünf Millionen wären ausreichend. Und natürlich bleibt die Sache unter uns.«
»Du bist ja noch verrückter als ich.« In Novaks Ton schwang widerwillige Bewunderung mit. »Ich werde ein Treffen zwischen dir und meinem Vertreter vorbereiten.«
»Ich habe mich in große Schwierigkeiten gestürzt, um dieses Stück für dich zu besorgen, Kurt«, erwiderte Victor sanft. »Ich möchte mich mit dir persönlich treffen.«
Auf diese Weise würde er in den ausgesuchten Kreis jener Leute aufgenommen werden, die Novaks neues Gesicht kannten. Der nächste Schritt in diesem Spiel. Er wartete atemlos.
»Willst du das wirklich, Victor?«, erkundigte sich Novak gedehnt. »Du weißt, was vor zehn Monaten geschehen ist, hat mich ein Vermögen gekostet. Ich musste mich aus der Gesellschaft zurückziehen, um mein Gesicht wiederherstellen zu lassen. Ich habe kein Interesse daran, mit Leuten Geschäfte zu machen, die derart schlechte Sicherheitssysteme haben. Wenn das noch mal in ähnlicher Weise schiefgeht wie letztes Mal, werde ich dich vernichten.«
»Verstanden«, murmelte Victor und lächelte hinauf zum Mond. Seine gute Laune war vollständig wiederhergestellt. Nichts kam einer Todesdrohung von einem verwirrten Größenwahnsinnigen gleich, um nagende Langeweile zu vertreiben.
»Was ich dich übrigens noch fragen wollte. Dieses entzückende Wesen, das in deinem Haus an der Templeton Street wohnt … ich bewundere sie. Sie passt gar nicht in dein normales Beuteschema.«
Ein unangenehmes Gefühl durchrieselte Victor. »Was ist mit ihr?«, fragte er leichthin.
»Du bist nicht der Einzige, der sich um die Geschäfte seiner Freunde kümmert. Ich sehe mir gerade Fotografien an. Sie hat diese leuchtende, unverdorbene Ausstrahlung. Exquisit, aber wenn ich du wäre, würde ich ihr etwas mehr Geld für Kleidung zugestehen.«
»Sie ist dreiunddreißig, Kurt«, erklärte Victor und machte Raine fünf Jahre älter. »Du magst die Mädchen doch lieber, wenn sie noch nach Teenager duften.«
»Dreiunddreißig, hm? Seltsam. Sie sieht zehn Jahre jünger aus.«
»Dreiunddreißig«, beharrte Victor.
»Sie fickt hinter deinem Rücken einen anderen Mann, weißt du«, stellte Kurt genussvoll fest.
»Tatsächlich?«
»Gerade erst in dieser Nacht, mein Freund. Vor weniger als einer Stunde. Sie sieht aus wie ein Engel, aber sie ist genauso eine dreckige kleine Schlampe wie alle anderen. Auf dem Rücksitz eines Sportwagens gleich unten auf der Straße. Der muskulöse junge Typ hat sie ganz schön hart rangenommen, berichten meine Quellen. Und sie hat ihre Anerkennung sehr lautstark geäußert. Vergiss das nicht, wenn du sie das nächste Mal besuchst. Vielleicht braucht sie sich dann ihre Befriedigung nicht mehr woanders zu suchen.«
»Wie nett von dir, mich darüber zu informieren.«
Novak konnte seine Bestürzung mit Sicherheit riechen, so durchtrieben wie er war. Von allen möglichen Szenarios hatte er dieses nicht vorausgesehen: dass Novak sich für seine Nichte interessieren würde. Es war absolut unerwünscht.
»Wenn du natürlich möchtest, dass sie ihren Irrtum
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