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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Sie heute sprechen, Germaine.«
    »Was Neues?« fragte sie hastig.
    »Ja, einiges. Und ganz Interessantes. Wann haben Sie Zeit?«
    »Immer. Wann Sie wollen.«
    »Gut«, sagte ich, »wie wär’s heute nachmittag um drei Uhr in Fontainebleau?«
    »In Fontainebleau?«
    »Ja. Hier ist es mir zu unsicher. — Fahren Sie um zwei Uhr mit einem Taxi zum Boulevard Diderot. Von dort geht ein direkter Omnibus. Aber passen Sie auf, ob man Sie verfolgt! — Wir treffen uns in der >Goldenen Krone<, gleich am Bahnhof in Fontainebleau. Einverstanden?«
    »Einverstanden!« sagte sie.
    »Auf Wiedersehen, Germaine!«
    »Auf Wiedersehen, Monsieur Bouchard!«
    Das war schlimm! Sie hatte meinen vollen Namen genannt! Wenn ihre Leitung überwacht wurde, brauchten die Greifer nur nach Fontainebleau zu kommen, um mich zu kassieren. Oder ob sie es absichtlich getan hatte?
    Ich ging zum Telegrammschalter.
    »Treffpunkt geändert gleiche Zeit Melun stop Gasthaus Anker.«
    Ich gab es als dringendes Eiltelegramm auf. Es war für die Polizei nicht ganz so einfach, an ein Telegramm zu kommen; aber sicher war ich auch in Melun nicht. Was blieb mir anderes übrig? Es würde immer das gleiche sein, und ich mußte Germaine sprechen.
    Als das erledigt war, fuhr ich mit einem Taxi zum Boulevard Diderot. Ich fühlte mich heute sicherer als gestern. Ich hatte nun wenigstens die Papiere in Sicherheit und konnte, falls man mich wirklich schnappen sollte, zumindest meine Unschuld im ersten Fall nachweisen. Natürlich wäre auch dann noch meine Lage verteufelt ernst, wenn nicht aussichtslos gewesen, denn jeder Richter hätte gesagt: »Alles schön und gut; aber gerade deshalb wolltest du dich rächen.« Was ich ja auch tatsächlich getan hätte.
    Ich mußte fünf Minuten auf den Omnibus warten. Als er endlich kam, war er ziemlich besetzt. Um halb eins kam ich in Fontainebleau an.
    Ich aß in der >Goldenen Krone< zu Mittag und erkundigte mich, wo Carrel Patisse wohnte, dann machte ich mich auf den Weg. Er war Streckenarbeiter bei der Bahn und wohnte etwas außerhalb des Ortes in Richtung Avon.
    Ich fand eine primitive Hütte mit einem kleinen Garten, in dem einige Obstbäume standen. Zwei Ziegen lagen im Schatten. Als ich das Gartentor öffnete, kam ein kleiner, schwarzer Hund aus dem Haus geschossen und kläffte mich wütend an.
    Ich war furchtbar neugierig, ob er mich gleich erkennen würde, blieb draußen und rief einige Male: »Hallo!«
    Nach einer Weile kam eine Frau und fragte, zu wem ich wolle.
    »Zu Monsieur Patisse«, sagte ich.
    »Der schläft«, bemerkte sie und musterte mich von oben bis unten. »Soll ich ihn wecken?«
    »Ja bitte, ich muß ihn unbedingt sprechen.«
    Ich folgte ihr bis vors Haus.
    »Warten Sie hier!« sagte sie und deutete auf die wacklige Bank. Ich setzte mich und zündete mir eine Zigarette an. Ich war elend aufgeregt, und meine Hände zitterten.
    Es dauerte ziemlich lange, dann kam ein Mann aus dem Haus. Ich hätte ihn niemals wiedererkannt, wenn ich ihm irgendwo begegnet wäre; aber jetzt, wo ich darauf vorbereitet war, erinnerte ich mich an ihn. Natürlich waren auch an ihm die neun Jahre nicht spurlos vorübergegangen.
    »Guten Tag, Monsieur!« sagte er. »Sie wollen mich sprechen?«
    Er roch furchtbar nach Alkohol.
    »Ja«, sagte ich, »ich möchte Sie sprechen.«
    Ich blickte mich um und sah an dem Fenster hinter mir einen Vorhang, der sich bewegte.
    »Aber nicht hier«, sagte ich und stand auf, »diese Sache geht nur uns beide etwas an.«
    Er machte eine Handbewegung und ging in den Garten. Ich folgte ihm und sagte unvermittelt:
    »Alexandre Bouchard ist tot.«
    »Hä?« machte er und fuhr herum.
    »Alexandre Bouchard ist tot«, wiederholte ich.
    Sein Gesicht drückte deutliche Überraschung aus; er starrte mich an, und sein Mund bewegte sich kauend.
    »Alexandre Bouchard?« murmelte er. »Ich weiß im Augenblick nicht-«
    »Sie wissen ganz genau, Patisse, wer das ist.«
    Er tat, als ob es ihm soeben einfiele.
    »Ach ja — jetzt weiß ich, von wem Sie sprechen. So, Alexandre Bouchard! Richtig, ja — er hat die Jagd drüben am >Rocher de Milly<.« Er fuhr sich mit der Hand über die zerfurchte Stirn. »Ja, die Jagd hat er. Ich war früher ab und zu als Treiber drüben. — So — was sagten Sie? Er ist tot?«
    »Ja, plötzlich gestorben.«
    »Hm — hm — «, machte er, »sowas! Das tut mir aber sehr leid.«
    »Das kann ich mir denken, Patisse. Es war ein einträgliches Geschäft, nicht wahr?«
    »Was?« Er schaute mich

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