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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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Es war schließlich nicht seine Schuld, dass er nicht mit höfischen Manieren aufgewachsen war … Oder dass er das Unglück gehabt hatte, in Liebe zu Koi zu entbrennen.
    »Vielleicht wird er ein Mann mit vornehmen Manieren sein«, meinte ich, und Koi schürzte ihre winzigen, roten Lippen.
    »Tamakatsura war schon immer Optimistin«, fügte Yugao mit einem winzigen Hauch Boshaftigkeit hinzu, »trotz der Tragödien ihres Lebens.«
    »Ich habe keine Tragödien erlebt«, erwiderte ich. »Ich betrauere den Tod meines Verlobten, kann aber nur dankbar dafür sein, dass er mir die Gelegenheit gab, meiner Prinzessin zu dienen.« Ich verbeugte mich leicht und sah Masahime lächeln. Teilweise war es Schmeichelei, und das wusste sie auch. Aber wir waren vor ihrer Verehelichung mit dem Prinzen viele Jahre Freundinnen gewesen, und ich war nicht traurig darüber, bei Hof mit ihr zusammen zu sein. Und offen gestanden, ich war keineswegs zu stolz für Schmeicheleien, wenn es sie nur zum Lächeln brachte, denn in letzter Zeit war sie unglücklich und betrübt gewesen. Die Geburt ihres ersten Kindes stand in Kürze bevor – ein Kind, das eines Tages vielleicht Kaiser sein würde –, und die Bürde, die auf ihr lastete, war groß.
    »Ich habe noch eine Geschichte von Tachibana no Kyojis Geist gehört.« Masahime warf Yugao einen scharfen Blick zu, aber die andere Dame fuhr fort: »Tamakatsura macht es doch nichts aus, oder?«
    »Nicht, was mich betrifft«, antwortete ich der Wahrheit gemäß, oder wenigstens beinahe. »Aber ich denke, es wäre nicht gut, solche Dinge so nahe an der Zeit unserer Herrin zu diskutieren. Ihr könnt es mir ja später erzählen, wenn Ihr das wünscht.« Und damit war das Thema abgeschlossen, wenigstens für den Augenblick, und mir blieb eine weitere Geschichte über den Geist meines Verlobten, der durch die Palastgärten wanderte, erspart.
    Das Ziel seiner Wiederkehr wurde nie ausgesprochen, aber ich wusste, dass manche Leute glaubten, dass sein Geist mich suchte. Einige waren der Ansicht, ich hätte mich nach seinem frühen Dahinscheiden vor Leid verzehren sollen. Selbst mein Vater schien dieser Ansicht zu sein … denn das hätte ihn zumindest der Sorge um den nachteiligen Einfluss enthoben, den solcher Klatsch auf unsere Familie und auf die Hoffnung, mich sicher verheiratet zu sehen, haben würde. Manchmal war mir genauso zumute gewesen. Ich hatte mich geschämt, als hätte ich die tödliche Krankheit verursacht, die Kyoji befallen hatte. Und doppelte Scham erfüllte mich wegen des Schmerzes, den sein Tod meinem Vater und unserem Haus zugefügt hatte.
    Aber ich hatte Kyoji nicht geliebt … und brachte es deshalb auch nicht fertig, für ihn dahinzusiechen, ganz gleich, wie sehr ich mich auch bemühte.
    »Weil wir gerade von Straßenräubern sprechen«, meinte Yugao, und einen Augenblick lang versuchten wir, uns alle daran zu erinnern, weshalb wir das getan hatten, »ich hörte von einer der Damen, der Mutter der neuen Ise-Priesterin, dass letzte Woche in ihrem Palast eingebrochen worden ist.«
    »Waren es Banditen oder Mönche?«, fragte Koi, denn Yugaos Bruder war ein Mönch, der auf dem Hiei-Berg lebte. Yugao stellte stets in Abrede, dass er an den Überfällen teilnehmen würde, welche die bewaffneten Brüder manchmal auf die Stadt verübten … aber unter den Mönchen gab es so manchen Sohn eines Adeligen.
    »Räuber«, erwiderte Yugao mit fester Stimme, ohne diesmal auf Kois Köder anzuspringen.
    »Ist jemand verletzt worden?«, fragte Masahime.
    »Nur ein oder zwei Dienstboten, glaube ich. Die Räuber haben eines der Lagerhäuser in Brand gesteckt, aber das Feuer konnte rechtzeitig gelöscht werden. Die Familie blieb unversehrt, aber sie haben drei Truhen mit Seide und viele Säcke Reis verloren.«
    »Der Minister des Heeres hat versprochen, diesen Überfällen ein Ende zu bereiten. Ich hörte neulich, wie er das dem Kaiser bei einer Audienz geschworen hat«, sagte die Prinzessin, wie um uns zu beruhigen. Der Minister des Heeres verspricht die ganze Zeit, dem ein Ende zu bereiten, dachte ich im Stillen. Ob er sein Versprechen je erfüllen würde, war eine ganze andere Sache.
    »Solange das nur nicht bedeutet, dass wir bei Hofe noch mehr Barbaren wie Yugiri bekommen«, sagte Koi verächtlich. »Generäle gehören nicht an den Hof, wo sie nicht wissen, wie sie sich benehmen sollen. Sie gehören nach draußen … um Generalsarbeit zu tun … oder was auch immer sie sonst tun.«
    »Genug mit diesen

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