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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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stimmte, wäre er gestern und heute wieder am
     Treffpunkt erschienen.« Godliman legte auf seinem Schreibtisch Streichhölzer zu Figuren
     zusammen – eine Denkhilfe, die ihm zur Gewohnheit geworden war. »Rührt sich im Haus
     immer noch nichts?«
    »Nein. Er ist seit 48 Stunden dort geblieben.«
    Bloggs
     wiederholte: »Es ist meine Schuld.«
    »Hören Sie bloß auf, alter Junge«, sagte
     Godliman. »Ich traf die Entscheidung, ihn nicht festzunehmen, damit er uns auf die Spur
     eines anderen Agenten führt. Ich glaube immer noch, daß es richtig war.«
    Bloggs
     saß bewegungslos da, die Hände in den Taschen seines Regenmantels vergraben. Seine Miene
     war ausdruckslos. »Falls ein Kontakt zustande gekommen ist, sollten wir Blondie sofort
     schnappen und herausfinden, welchen Auftrag er hatte.«
    »Dadurch verlieren wir jede
     Möglichkeit, Blondie zu jemandem zu folgen, der wirklich gefährlich ist.«
    »Die Entscheidung liegt bei Ihnen.«
    Godliman hatte seine
     Streichhölzer so hingelegt, daß sie eine Kirche bildeten. Er starrte sie einen Augenblick
     lang an, nahm dann einen Halfpenny aus der Tasche und warf ihn hoch. »Zahl«, sagte
     er. »Geben Sie ihm noch 24 Stunden.«
    Der Hauswirt war ein irischer Republikaner mittleren Alters aus Lisdoonvarna im County Clare, der insgeheim hoffte, daß die Deutschen den Krieg gewinnen und die Grüne Insel für immer von der englischen Unterdrückung befreien würden. Er humpelte arthritisch durch das alte Haus, sammelte seine wöchentliche Miete ein und stellte sich vor, wieviel Geld er hätte, wenn es diese Mietpreisbindung nicht gäbe. Ein reicher Mann war er nicht – er besaß nur zwei Häuser, dieses und das kleinere, in dem er wohnte. Er war ständig schlecht gelaunt.
    In der ersten Etage klopfte er an die Tür eines alten Mannes. Dieser Mieter freute sich immer, ihn zu sehen. Wahrscheinlich freute er sich über jeden Besuch. Er sagte: »Hallo, Mr. Riley, möchten Sie eine Tasse Tee?«
    »Heute keine Zeit.«
    »Schade.« Der alte Mann übergab ihm das Geld. »Ich nehme an, daß Sie das Küchenfenster schon gesehen haben?«
    »Nein, ich war noch nicht dort.«
    »Oh! Eine Glasscheibe fehlt. Ich habe einen Verdunklungsvorhang drübergehängt, aber natürlich zieht es.«
    »Wer hat sie eingeschlagen?« fragte der Hauswirt.
    »Komisch, sie ist nicht zerbrochen. Liegt einfach so auf dem Gras. Vielleicht ist ja der alte Kitt einfach abgefallen«, sinnierte der Alte. »Ich setze sie wieder ein, wenn Sie ein bißchen Kitt besorgen können.«
    Du alter Narr, dachte der Hauswirt. Laut sagte er: »Ist Ihnen nicht der Gedanke gekommen, daß jemand eingebrochen haben könnte?«
    Der alte Mann schien erstaunt. »Nein.«
    »Vermißt jemand Wertgegenstände?«
    »Davon hat mir keiner was gesagt.« Der Hauswirt ging zur Tür. »In
     Ordnung, ich seh’s mir an, wenn ich unten bin.«
    Der alte Mann folgte ihm in den
     Hausflur. »Ich glaube nicht, daß der Neue oben ist«, meinte er. »Seit zwei Tagen habe
     ich keinen Laut gehört.«
    Der Hauswirt schnupperte. »Hat er in seinem Zimmer
     gekocht?«
    »Keine Ahnung, Mr. Riley.«
    Die beiden stiegen die Treppe
     hinauf. Der alte Mann sagte: »Er ist sehr ruhig, wenn er jetzt da ist.«
    »Er muß
     mit dem Kochen aufhören. Es riecht widerlich.« Der Hauswirt klopfte an die Tür. Niemand
     antwortete. Er öffnete und trat ein. Der alte Mann folgte ihm.
    »So, so, so«, sagte der alte Sergeant jovial. »Ich glaube, wir
     haben’s mit ’nem Toten zu tun.«
    Er stand an der Tür und schaute ins
     Zimmer. »Irgendwas angefaßt, Paddy?«
    »Nein«, erwiderte der Hauswirt. »Und mein
     Name ist Riley. Mister Riley.«
    Der Polizist achtete nicht darauf. »Aber
     noch nicht lange tot. Ich hab’ schon Schlimmeres gerochen.« Sein prüfender Blick glitt
     über die alte Kommode, den Koffer auf dem niedrigen Tisch, den verblichenen Teppich, die
     schmutzigen Vorhänge an dem Dachfenster und das zerwühlte Bett in der Ecke. Es gab keine
     Zeichen eines Kampfes.
    Er ging hinüber zum Bett. Das Gesicht des jungen Mannes war
     friedlich, seine Hände waren an die Brust gepreßt. »Ich würde sagen Herzanfall, wenn er
     nicht so jung wäre.« Es gab kein leeres Schlaftablettenröhrchen, das auf einen
     Selbstmord hindeutete. Er nahm die lederne Brieftasche von der Kommode und sah sich ihren
     Inhalt an: eine Kennkarte, ein Lebensmittelmarkenheft und ein ziemlich dickes Bündel
     Banknoten. »Die Papiere sind in Ordnung, und ausgeraubt hat

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