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Die Nadel.

Titel: Die Nadel. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follettl
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weiß nicht«, antwortete Bloggs düster. »Wir wissen nicht,
     von welchem Teil des Landes aus er operiert, und wir haben nicht die geringste Ahnung, wie
     er aussieht. Er ist zu gerissen, um sich durch die Funkpeilung orten zu lassen, während er
     sendet – sonst hätten wir ihn schon vor langer Zeit geschnappt. Wir kennen nicht einmal
     seinen Codenamen. Womit sollen wir also anfangen?«
    »Mit unaufgeklärten
     Verbrechen«, sagte Godliman. »Einem Spion bleibt nichts anderes übrig, als das Gesetz zu
     brechen. Er fälscht Papiere, stiehlt Benzin und Munition, umgeht Kontrollpunkte, betritt
     Sperrgebiete, macht Photos, und wenn jemand ihm auf die Schliche kommt, bringt er ihn
     um. Die Polizei muß einfach von einigen dieser Verbrechen erfahren, wenn der Spion schon
     längere Zeit tätig ist. Wenn wir die Akten mit den seit Kriegsbeginn ungelösten
     Verbrechen durchgehen, werden wir Anhaltspunkte finden.«
    »Ist Ihnen nicht klar,
     daß die meisten Verbrechen nicht aufgeklärt werden?«, fragte Bloggs ungläubig. »Die
     Akten würden die Albert Hall füllen!«
    Godliman zuckte die Schultern. »Dann
     beschränken wir uns eben auf London und fangen mit den Morden an.«
    Sie fanden das, was sie suchten, schon am ersten Tag. Zufällig stieß
     Godliman darauf. Zuerst erkannte er die Bedeutung dessen, was er gefunden hatte, gar
     nicht.
    Es war die Akte über den Mord an einer Mrs. Una Garden in Highgate im Jahre
     1940. Jemand hatte ihr die Kehle durchgeschnitten, und sie war sexuell belästigt, wenn
     auch nicht vergewaltigt worden. Sie war mit einer erheblichen Alkoholmenge im Blut im
     Zimmer ihres Mieters gefunden worden. Die Sache war ziemlich eindeutig: Sie hatte ein
     Stelldichein mit dem Mieter gehabt,er hatte weiter gehen wollen, als
     ihr lieb war, sie hatten sich gestritten, er hatte sie umgebracht, und durch den Mord war
     sein Geschlechtstrieb befriedigt worden. Aber die Polizei hatte den Mieter nie
     gefunden.
    Godliman hatte die Akte übergehen wollen: Spione ließen sich nicht auf
     Sexualverbrechen ein. Aber was Akten betraf, war er ein gewissenhafter Mann, der jedes Wort
     las. Infolgedessen entdeckte er, daß die unglückliche Mrs. Garden neben der tödlichen
     Verletzung an der Kehle auch Stilettwunden im Rücken hatte.
    Godliman und Bloggs
     saßen sich an einem Holztisch im Archiv von Old Scotland Yard gegenüber. Godliman warf
     die Akte über den Tisch. »Ich glaube, das ist er.«
    Bloggs blätterte sie durch
     und sagte: »Der Stilettmörder.«
    Sie unterschrieben, um die Akte ausleihen zu
     können, und legten die kurze Entfernung zum Kriegsministerium zu Fuß zurück. Als sie
     Godlimans Zimmer betraten, lag ein dechiffrierter Funkspruch auf dem Schreibtisch. Er las
     ihn flüchtig durch und schlug dann mit der Faust auf den Tisch. »Er ist es!«
    Bloggs las: »Befehl empfangen. Grüße an Willi.«
    »Erinnern Sie sich an ihn?«
     fragte Godliman. »Die Nadel.«
    »Ja«, sagte Bloggs zögernd. »Aber hieraus läßt
     sich nicht viel entnehmen.«
    »Überlegen Sie! Ein Stilett ist wie eine Nadel. Es
     ist derselbe Mann: der Mord an Mrs. Garden, all die Funksprüche, die wir 1940 nicht
     einordnen konnten, das Treffen mit Blondie . . . «
    »Möglicherweise.« Bloggs sah
     nachdenklich drein.
    »Ich kann es beweisen«, sagte Godliman. »Entsinnen Sie sich
     an den Funkspruch über die Invasionstruppe für Finnland, den Sie mir zeigten, als ich am
     ersten Tag hierherkam? An den, der unterbrochen wurde?«
    »Ja.« Bloggs ging zur
     Kartei, um ihn herauszusuchen.
    »Wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, stimmen
     das Datum des Funkspruchs und des Mordes überein . . . und ich wette, daß der Mord
     zeitlich mit der Unterbrechung zusammenfällt.«
    Bloggs sah sich den Bericht in der Kartei an. »Stimmt beide Male.«
    »Na also!«
    »Er ist mindestens ein Jahr in London aktiv gewesen, und wir haben
     bis jetzt gebraucht, um ihm auf die Spur zu kommen«, sinnierte Bloggs. »Es wird bestimmt
     nicht leicht sein, ihn zu fassen.«
    Godliman wirkte plötzlich raubtierhaft. »Er
     mag gerissen sein, aber er ist nicht so gerissen wie ich«, sagte er mit verkniffenem
     Gesicht. »Ich werde ihn festnageln. Darauf kann der Scheißkerl sich verlassen.«
    Bloggs lachte laut. »Mein Gott, Sie haben sich verändert, Professor.«
    Godliman
     sagte: »Ist Ihnen klar, daß Sie zum erstenmal seit einem Jahr gelacht haben?«

ZWEITER TEIL – KAPITEL 9
    as Versorgungsboot fuhr um
     die Landspitze herum

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